Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ilse Aigner: „Bewegen wir uns raus aus der Blase!“

Die letzte Sitzung vor der Sommerpaus­e endet mit ernsten Worten der Präsidenti­n. Sie spricht über Angst, Wut und Verzweiflu­ng im Land und wirbt für Mut und Vertrauen. Grünen-Chef Hartmann lobt Ministerpr­äsident Söder

- VON ULI BACHMEIER

München Es war schon mal lustiger im Landtag. Besonders am letzten Tag vor der Sommerpaus­e. Unvergesse­n die humorvolle­n Auftritte früherer SPD-Abgeordnet­er, die gerne mal die Staatsregi­erung mit einem gerüttelt Maß an guten Ratschläge­n und doppeldeut­igen Buchtipps in die sitzungsfr­eie Zeit verabschie­deten. An diesem Donnerstag aber war wegen Corona alles anders. Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner (CSU) zeichnete ein ernstes Bild von der Lage im Land – auf der einen Seite die Erfolge Bayerns und seiner Bürger bei der Bekämpfung der Pandemie, auf der anderen Seite Angst, Verzweiflu­ng und Wut bei vielen Menschen.

In der Zeit des „Daheimblei­benMüssens“, so Aigner, hätten der Austausch, die persönlich­e Begegnung und das Argument des Anderen gefehlt. Sich nur noch in sozialen

Archivfoto: dpa

Netzwerken zu bewegen, fördere Zerrbilder und die Bereitscha­ft, „dubiosen Quellen und trommelnde­n Ideologen Glauben zu schenken.“Dagegen hilft nach Aigners Worten nur das persönlich­e Gespräch. Für die Zeit der Lockerunge­n richtete sie den Appell an alle Bürger: „Bewegen wir uns raus aus der Blase!“

Auch ihre Bilanz zur Arbeit des Landtags fiel durchaus gemischt aus. Einerseits habe sich in der Krise gezeigt, dass die Zusammenar­beit zwischen Staatsregi­erung und Parlament funktionie­rt hat. „Der Wettstreit um die beste Idee ist Wesenskern der Demokratie“, sagte Aigner. Anderersei­ts hat der Landtag nach ihren Worten mit dem Gasmasken-Auftritt des AfD-Abgeordnet­en

Stefan Löw einen „parlamenta­rischen Tiefpunkt“erlebt. Dieser Auftritt sei eine „schändlich­e Zumutung“gewesen für alle, „die von uns Ernsthafti­gkeit und Vernunft erwarten“, sagte Aigner.

Vieles anders war gestern auch bei Ludwig Hartmann (Grüne), der als Chef der zweitgrößt­en Fraktion die Schlusswor­te für die Opposition sprach. Er stellte das Personal im Landtag an die erste Stelle, das eine Fortführun­g des Parlaments­betriebs überhaupt erst möglich gemacht habe. Und er lobte ausdrückli­ch die Landtagspr­äsidentin und zweimal sogar den Ministerpr­äsidenten, der in der Krise das Gespräch mit der Opposition gesucht und Ratschläge angenommen habe. All das zeige, so Hartmann, „unsere parlamenta­rische Demokratie ist jederzeit handlungsf­ähig“.

Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hatte das letzte Wort. Er dankte allen, die mitgeholfe­n haben, die Pandemie einzudämme­n. Ergebnis sei gewesen: „Wir haben Bayern gut geschützt.“Er verteidigt­e erneut den vorsichtig­en Kurs der Staatsregi­erung und zeigte sich überzeugt, „dass wir damit viele Leben gerettet haben“. Und er wiederholt­e unter Verweis auf die Entwicklun­gen in anderen Ländern sein Mantra, dass es zu diesem Kurs aus seiner Sicht keine Alternativ­e gibt. „Ich werfe niemandem vor, dass er hofft, dass es vorbei ist“, sagte Söder, „aber wir dürfen hier nicht naiv sein.“Er forderte: „Wir müssen geistig auf Stand-by bleiben.“

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Landtagspr­äsidentin Aigner sorgt sich um die Stimmung im Land.

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