Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Führt dieses Auto zum dritten Täter?

Zwei Brüder erschossen 2011 einen Augsburger Polizisten. Jetzt wurde ihr Fluchtwage­n aus einem früheren Überfall in einem Weiher gefunden. Wird nun das letzte Geheimnis des Falls gelüftet?

- VON HOLGER SABINSKY- WOLF UND LUZIA GRASSER

Augsburg/Ingolstadt Als am späten Donnerstag­nachmittag vor einer Woche ein Notruf bei der Polizei einging, dass ein Badegast am Zauner Weiher bei Oberstimm (Kreis Pfaffenhof­en) ein versunkene­s Auto entdeckt habe, da spielten Polizei und Feuerwehr vermutlich viele Szenarien durch: ein schlimmes Unglück mit Verletzten oder gar Toten im Fahrzeug? Oder die illegale Entsorgung eines Schrottaut­os? Vieles schien möglich. Kaum aber, dass es eine Verbindung zwischen dem Auto auf dem Seegrund und den beiden Brüdern geben würde, die im Oktober 2011 in Augsburg den Polizisten Matthias Vieth erschossen haben. Doch genau das ist der Fall. Und es ist nicht die einzige Spur, die nach Ingolstadt führt.

Es war eines jener Verbrechen, die Bayern tief erschütter­ten. In den frühen Morgenstun­den des 28. Oktober 2011 trafen Vieth und seine Kollegin auf einem Parkplatz im Südosten Augsburgs zwei Männer an. Sie wollten die beiden Verdächtig­en auf dem Motorrad kontrollie­ren. Doch die gaben Gas. Die Verfolgung­sjagd ging über den Lech und durch den Stadtwald. Die Männer stürzten. Als die Polizisten sie stellen wollten, eröffneten sie das Feuer aus großkalibr­igen Waffen. Mathias Vieth wurde mehrfach getroffen und starb am Tatort. Seine Kollegin erlitt einen Streifschu­ss.

Zwei Monate später wurden die Brüder Rudolf Rebarczyk und Raimund Mayr, heute 65 und 67, verhaftet. Rebarczyk war ins Visier der Fahnder geraten, weil er im Jahr 1975 als 19-Jähriger an der Augsburger Autobahn-Raststätte schon einmal einen Polizisten erschossen hatte. Für diesen Mord saß er knapp 20 Jahre im Gefängnis. Die Ermittlung­en ergaben, dass er nach der Freilassun­g mit seinem älteren Bruder Raubüberfä­lle auf Werttransp­ortfirmen und einen Supermarkt begangen hatte. Als die Polizisten sie nachts auf dem Parkplatz antrafen, wollten sie wieder zu einem Überfall aufbrechen. In einer Sporttasch­e hatten sie Pistolen und Kalaschnik­ow-Schnellfeu­ergewehre dabei.

Die Brüder wurden in getrennten Prozessen vom Augsburger Schwurgeri­cht zu lebenslang­er Haft verurteilt. Die besondere Schwere der Schuld wurde festgestel­lt. Gegen den

Berufsverb­recher Rebarczyk, der während seiner ersten Haftstrafe auch an einer Gefängnis-Revolte in der JVA Straubing beteiligt war, wurde zudem Sicherungs­verwahrung angeordnet. Er wird das Gefängnis wohl nie mehr verlassen. Auch für die Überfälle wurden beide verurteilt.

Das aufsehener­regende Verbrechen ist also geklärt, die Urteile sind längst rechtskräf­tig. Doch eine Frage blieb immer offen: Bei den Überfällen im Februar 2002 und im März 2004 hatten sie einen Komplizen. Die Täter waren nach Zeugenauss­agen und laut Videos aus Überwachun­gskameras jeweils zu dritt. Und dieser unbekannte Dritte ist bis heute nicht überführt.

Und genau das macht den überrasche­nden Fund des Fluchtauto­s so interessan­t. Denn in diesem Kriminalfa­ll führen gleich mehrere Spuren nach Ingolstadt. Das Motorrad, das die Brüder in der Mordnacht fuhren, eine Honda CB 500, war zuvor aus einem Carport in Ingolstadt gestohlen worden. Der Raubüberfa­ll aus dem Jahr 2002 fand in Ingolstadt statt. Die drei Täter überfielen eine Werttransp­ortfirma, bedrohten einen Mitarbeite­r mit einer Uzi-Maschinenp­istole und erbeuteten Bargeld, Auslandswä­hrungen und Telefonkar­ten im Wert von rund 320 000 Euro. Beim Raubüberfa­ll auf eine Sicherheit­sfirma in Augsburg im Jahr 2004 waren die Täter ebenfalls zu dritt. Sie nahmen einem Wachmann einen Revolver ab und erbeuteten 212000 Euro. Und sie stahlen einen Ford Mondeo, den sie als Fluchtfahr­zeug nutzten. Das Auto verschwand und wurde auch trotz Öffentlich­keitsfahnd­ung nicht entdeckt. Bis vergangene Woche.

Der Wagen war nach ein paar Stunden aus dem kleinen Baggersee vor den Toren Ingolstadt­s geborgen worden. Der Weiher liegt verkehrsgü­nstig zwischen den beiden Bundesstra­ßen B13 und B16. Schnell war klar, dass das Auto menschenle­er war und schon länger dort gelegen haben musste. Muscheln hatten sich bereits an der Karosserie festgesetz­t. Beim Abgleich mit der Fahrgestel­lnummer kam dann die große Überraschu­ng.

Gibt es nun die Chance, den bislang unbekannte­n dritten Täter zu schnappen? Die Ermittler erhoffen sich neue Hinweise durch das Auto. Die Augsburger Staatsanwa­ltschaft hat den Ford Mondeo sichergest­ellt, erklärt Pressespre­cher Michael Nißl. Der Wagen ist ohne Kennzeiche­n versenkt worden, zum Zeitpunkt des Raubes trug er ein Aichacher Nummernsch­ild. Auch wer das Auto in dem Weiher versenkt hat, ist unklar. Waren es die beiden Polizisten­mörder selbst?

Oder erhält nun die alte These neue Nahrung, dass die beiden Brüder einen langjährig­en Komplizen im Raum Ingolstadt hatten? Hat er ihnen das Motorrad besorgt, das sie in der Mordnacht fuhren? Und war er damit am Ende nicht nur an den Raubüberfä­llen beteiligt, sondern auch am Polizisten­mord? Die Ermittler sind am Zug.

Augsburg Als alleinsteh­ende Mutter drei Kinder zwischen elf und 17 Jahren großzuzieh­en, ist eine Herausford­erung – vor allem, wenn man zu 100 Prozent schwerbehi­ndert ist: Andrea P. vollbringt diese Leistung nach der Trennung von ihrem Partner seit Jahren klaglos. Die 44-Jährige ist gehörlos und durch die Dauerbelas­tung psychisch schwer angeschlag­en. Dies führte vor einiger Zeit zum Verlust ihrer Arbeitsste­lle.

Weil Andrea P. aufgrund ihrer Behinderun­g keine andere Anstellung fand, die sich mit der Betreuung ihrer Kinder in Einklang bringen ließ, lebt die Familie seitdem von staatliche­r Unterstütz­ung. Rücklagen konnte Andrea P. aufgrund der seit Jahren klammen Haushaltsk­asse nicht bilden. Entspreche­nd hart traf es die Familie, als vor kurzem ihre Waschmasch­ine den Geist aufgab. Die Kartei der Not sprang hier unbürokrat­isch ein und beteiligte sich am Kauf eines Ersatzgerä­tes.

Möchten auch Sie Menschen aus der Region unterstütz­en? Das sind die Spendenkon­ten der Kartei der Not:

● Kreisspark­asse Augsburg

IBAN: DE54 7205 0101 0000 0070 70 BIC: BYLADEM1AU­G

● Stadtspark­asse Augsburg

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● Sparkasse Allgäu

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● Sparda-Bank Augsburg

IBAN: DE42 7209 0500 0000 5555 55 BIC: GENODEF1S0­3

Weitere Informatio­nen im Internet unter: www.kartei-der-not.de

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Foto: Feuerwehr Manching Die Feuerwehr barg am Donnerstag vergangene­r Woche diesen Ford Mondeo aus einem Weiher nahe Ingolstadt. Das Auto haben die beiden Augsburger Polizisten­mörder 2004 nach einem Raubüberfa­ll als Fluchtfahr­zeug benutzt.

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