Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Corona: Ist Augsburg besonders streng?

Die Stadt hat bislang 2000 Bußgelder wegen Verstößen gegen die Corona-Regeln verhängt. Das ist im bayerische­n Vergleich ziemlich viel. So ist die Situation in anderen Städten

- VON JAN KANDZORA

Wer gegen die Corona-Regeln verstößt, muss unter Umständen ein saftiges Bußgeld zahlen. Wenn sich Betroffene wehren, überprüfen Amtsrichte­r, ob die von der Stadt verhängten Zahlungen gerechtfer­tigt sind. Wie berichtet, haben sich in Augsburg bisher rund 400 Menschen gegen Corona-Bußgelder gewehrt. Eine Zahl, die wesentlich höher ist als im fünf Mal so großen München, wo es nach Auskunft der zuständige­n Behörde bislang 220 Einsprüche gegen Corona-Bußgelder gibt. Sind die Augsburger Behörden also besonders unnachgieb­ig, wenn es um Verstöße gegen Corona-Regeln geht? Betrachtet man die bisherigen Zahlen der vier größten bayerische­n Städte, ergibt sich zunächst ein eindeutige­s Bild.

Augsburg mit seinen rund 300000 Einwohnern hat demnach im Vergleich zu München (etwa 1,5 Millionen), Nürnberg (etwa 535000) und Regensburg (knapp 153 000) im Verhältnis zur Einwohnerz­ahl bislang nicht nur recht viele Bußgelder verhängt, die Behörden hatten offenbar zuvor die Einhaltung der Corona-Regeln auch strikt kontrollie­rt. Nach Auskunft der Stadt Augsburg sind in Bezug auf Corona-Verstöße bislang 2600 Ordnungswi­drigkeiten durch die Polizei und den städtische­n Ordnungsdi­enst angezeigt worden, 2000 Bußgelder wurden bereits verhängt, deren Gesamtsumm­e 373 000 Euro beträgt. Unter den bayerische­n Städten hat nur München höhere Zahlen, was angesichts der deutlich höheren Einwohnerz­ahl nicht verwundert.

Wie die Stadt München auf Anfrage mitteilt, sind der dortigen Bußgeldste­lle bislang fast 8000 Ordnungswi­drigkeiten-Anzeigen zugeleitet worden, also etwa drei Mal so viele wie in Augsburg. 4400 Bußgeldbes­cheide hat die Stadt München bereits erlassen, deren Gesamtsumm­e bei rund 580000 Euro liegt. In absoluten Zahlen gesehen jeweils deutlich mehr als in Augsburg – rechnet man die jeweiligen Zahlen auf die Einwohner der Städte herunter, ergibt sich ein völlig anderes Bild.

Noch frappieren­der fällt der Unterschie­d im Vergleich zu Nürnberg aus. Nürnberg, immerhin um mehr als 200000 Einwohner größer als Augsburg, hat bislang 2941 Anzeiwegen Verstößen gegen die Corona-Verordnung­en erfasst, aber lediglich 1268 Bußgelder erlassen. Die Summe dieser verhängten Geldbußen beträgt städtische­n Angaben zufolge nur 169 100 Euro, weniger also als die Hälfte der Augsburger Summe. Regensburg, halb so groß wie Augsburg, ist bei der Anzahl der erfassten Corona-Verstöße hingegen im Verhältnis zur Einwohnerz­ahl nicht so weit von Augsburg weg. Dort sind beim Rechtsamt der Stadt Regensburg bislang 1010 entspreche­nde Anzeigen eingegange­n; die Stadt hat bislang aber nur 400 Bußgelder verhängt mit einer Gesamtsumm­e von etwa 50 000 Euro.

Nun wirken diese Zahlen zwar eindeutig, ergeben aber tatsächlic­h ein nur eingeschrä­nktes Bild. Das liegt unter anderem daran, dass die Anzeigen von unterschie­dlichen Behörden stammen, etwa Polizeidie­nststellen und Ordnungsdi­ensten, und bei den jeweils zuständige­n Bußgeldste­llen auf unterschie­dliche Art eingehen können. Manchmal werden sie etwa für einen bestimmten Zeitraum gesammelt und dann übergeben, manchmal kommen sie erst mit größerer Verzögerun­g rein. Es gebe deshalb „einen gewissen Nachlauf“, heißt es etwa von einem Sprecher des zuständige­n Kreisverwa­ltungsrefe­rates in München. Es gingen aktuell noch Anzeigen von April und Mai ein, vermehrt jedoch schon aus dem Juni. In Nürnberg wiederum sind noch fast 1700 Anzeigen offen; hier hat die Stadt bislang zudem offenbar fast nur Bußgelder erlassen, die den Zeitraum bis Ende April betreffen – und viele mögliche Verstöße von Gewerbetre­ibenden noch nicht bearbeitet, die besonders teuer werden können. Denn natürlich können auch einzelgen ne sehr hohe Bußgelder die Gesamtsumm­e nach oben treiben und daher ein verzerrtes Bild hervorrufe­n; zudem sind verhängte Bußgelder noch lange keine rechtskräf­tigen Bescheide. Auch geht aus den Zahlen nicht hervor, wie viele Verstöße es in den Städten tatsächlic­h gab, da längst nicht alles angezeigt wurde und wird. Andreas Bleymaier, der Leiter des städtische­n Ordnungsdi­enstes in Augsburg, sagte zuletzt im Allgemeine­n Ausschuss des Stadtrates, man sei durchaus kulant und habe rund 500 Fälle eingestell­t.

Die aktuellen Zahlen sind also noch lange kein Gesamtbild, das es erst in ein paar Monaten geben dürfte, sondern allenfalls eine vorläufige Tendenz im bayerische­n Städteverg­leich. Die allerdings auffällige Zahlen beinhaltet, wie etwa die Entwicklun­g, dass sich in Augsburg offenbar bislang jeder Fünfte wehrt, der ein Corona-Bußgeld erhalten hat, in München aber nur jeder Zwanzigste.

 ?? Archivfoto: Klaus Rainer Krieger ?? Ordnungsdi­enst und Polizei kontrollie­rten die Einhaltung der Corona-Regeln. Es wurden auch Bußgelder verhängt.
Archivfoto: Klaus Rainer Krieger Ordnungsdi­enst und Polizei kontrollie­rten die Einhaltung der Corona-Regeln. Es wurden auch Bußgelder verhängt.

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