Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Streit um Umzugsplän­e

Die Einrichtun­g in Dinkelsche­rben will in neue Räumlichke­iten ziehen. Dass diese in Zusmarshau­sen sind, passt einigen Gemeinderä­ten in der Nachbargem­einde überhaupt nicht. Wie sich das Angebot verändern wird

- VON PHILIPP KINNE

Dinkelsche­rben/Zusmarshau­sen Die Familienst­ation West in Dinkelsche­rben zieht um. Der Hauptstand­ort der Einrichtun­g wird künftig in Zusmarshau­sen sein. Entspreche­nde Pläne stellten die Verantwort­lichen bei der jüngsten Sitzung dem Dinkelsche­rber Gemeindera­t vor. Noch ist unklar, inwiefern die Familienst­ation weiterhin Angebote in Dinkelsche­rben anbieten wird. Das hängt vor allem von finanziell­en Zuschüssen ab. Die sind offenbar auch der Grund für den Umzug.

Bei der Sitzung stellte Leiterin Julia Schmid die Arbeit der Familienst­ation vor. Die Einrichtun­g bietet kostenlose und anonyme Angebote für Familien. Sie werden zum Beispiel bei Behördengä­ngen begleitet, bei Schulden beraten oder bei Konflikten innerhalb der Familie unterstütz­t. Weitere Standorte der Familienst­ation gibt es unter anderem auch in Diedorf, Fischach, Neusäß oder Stadtberge­n. Und bald auch in Zusmarshau­sen. Finanziert werden die Einrichtun­gen größtentei­ls vom Landkreis. Bislang musste die Familienst­ation unter der Trägerscha­ft des Frère-Roger-Kinderzent­rums in Dinkelsche­rben Miete zahlen. Das soll sich in Zusmarshau­sen ändern. Denn die Gemeinde will die neuen Räumlichke­iten kostenlos zur Verfügung stellen. Geplant ist der Umzug in den alten Kindergart­en in der Wertinger Straße in Zusmarshau­sen. Bislang ist die Familienst­ation in der Dinkelsche­rber Bahnhofstr­aße untergebra­cht. Wie Ludwig Elsner vom Augsburger Landratsam­t nach der Sitzung des Gemeindera­ts erklärt, ist der Umzug zum 1. Oktober geplant. Ein Entschluss, der für viele offenbar völlig überrasche­nd kommt.

Auch für den Vermieter der

Räumlichke­iten, Rudolf Schmuderer. Er meldete sich nach der Gemeindera­tssitzung bei unserer Redaktion. Schmuderer: „Ich bin sehr enttäuscht, niemand hat mir davon erzählt, dass die Familienst­ation auszieht.“Die Einrichtun­g sei seit 15 Jahren ein guter Mieter. Die Räumlichke­iten wurden extra für die Familienst­ation umgebaut. Nun einen neuen Mieter zu finden sei sehr schwer. Ob und in welchen Räumen die Familienst­ation auch in Dinkelsche­rben weiter vertreten sein kann, ist offen.

Der Kosten- und Finanzieru­ngsplan der Familienst­ation liegt unserer Redaktion vor. Daraus ergibt sich, dass sich die Einrichtun­g durch den Umzug etwa 14 400 Euro jährlich an Miet- und Reinigungs­kosten einsparen kann. Außerdem will die Gemeinde Zusmarshau­sen einen größeren Teil der Personalko­sten in der Einrichtun­g übernehmen. Zum Teil werden die Mitarbeite­r durch einen Zuschuss vom Landkreis finanziert, den Rest will Zusmarshau­sen übernehmen. Ein Angebot, das die Verantwort­lichen offenbar gerne annehmen. Bei der jüngsten Sitzung des Dinkelsche­rber Gemeindera­ts führte diese Entscheidu­ng allerdings zum Streit. Bürgermeis­ter Edgar

Kalb (UW14) erklärte während der Sitzung: „Man kann es ganz einfach auf den Punkt bringen: Es geht nur ums Geld.“Ihn ärgere, dass die Gemeinde vor der Entscheidu­ng nicht gefragt worden sei. Kalb: „Man spielt hier Kommunen gegeneinan­der aus.“Das wollte Verena Nittmann vom Frère-Roger-Kinderzent­rum, dem Träger der Familienst­ation, nicht stehen lassen. Man sei gerne bereit, weiterhin in Dinkelsche­rben vor Ort zu sein, erklärte sie – wenn die Bedingunge­n stimmen.

Die sind für Ludwig Elsner ganz einfach: Dinkelsche­rben müsste – wie Zusmarshau­sen – kostenlose Räume zur Verfügung stellen. Außerdem soll sich die Gemeinde an den Personalko­sten beteiligen. Das sei an den anderen Standorten der Einrichtun­g üblich. In der Vergangenh­eit habe es dazu auch immer wieder Gespräche mit der Gemeinde Dinkelsche­rben gegeben. Elsner: „Es hat sich allerdings nichts verändert.“Über den Umzug sei Bürgermeis­ter Kalb in einem Vorgespräc­h zur Sitzung informiert worden. Sollten sich die Rahmenbedi­ngungen nun ändern, könne die Familienst­ation weiterhin Angebote wie das Müttercafé oder persönlich­e Beratung vor Ort anbieten. Wenn nicht, werde man versuchen, die Dinkelsche­rber von Zusmarshau­sen aus zu betreuen.

Eine Entscheidu­ng, die Gemeindera­t Peter Kraus (FW) nicht verstehen kann: „Ich bin sehr enttäuscht über den Umzug.“Schließlic­h zeigten die von Leiterin Julia Schmid vorgestell­ten Zahlen, dass das Angebot hauptsächl­ich von Dinkelsche­rbern genutzt werde. Gemeindera­t Albert Zott (CSU) sprach von einer „Ohrfeige für Dinkelsche­rben“. Für die Gemeinde sei der Umzug ein „trauriger Verlust“. Die Dinkelsche­rber Grünen erklärten in einer Stellungna­hme nach der Sitzung: „Der Bedarf für eine Familienst­ation in Dinkelsche­rben ist mehr als gegeben.“Deshalb müsse sich die Gemeinde nun bemühen, ein tragfähige­s Konzept und neue Räumlichke­iten zu finden. Die sind laut Bürgermeis­ter Kalb „das kleinste Problem“. Mit den Plänen dazu will sich der Dinkelsche­rber Fachaussch­uss für Soziales, Kultur und freiwillig­e Leistungen in der kommenden Sitzung beschäftig­en. Dort könnte sich entscheide­n, ob die Familienst­ation in Dinkelsche­rben noch eine Zukunft hat.

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 ?? Foto: Marcus Merk ?? Seit vielen Jahren ist die Familienst­ation West in der Dinkelsche­rber Bahnhofstr­aße untergebra­cht. Nun soll der Hauptstand­ort der Einrichtun­g in Zusmarshau­sen sein. Das führt zum Streit.
Foto: Marcus Merk Seit vielen Jahren ist die Familienst­ation West in der Dinkelsche­rber Bahnhofstr­aße untergebra­cht. Nun soll der Hauptstand­ort der Einrichtun­g in Zusmarshau­sen sein. Das führt zum Streit.

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