Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Streit um Umzugspläne
Die Einrichtung in Dinkelscherben will in neue Räumlichkeiten ziehen. Dass diese in Zusmarshausen sind, passt einigen Gemeinderäten in der Nachbargemeinde überhaupt nicht. Wie sich das Angebot verändern wird
Dinkelscherben/Zusmarshausen Die Familienstation West in Dinkelscherben zieht um. Der Hauptstandort der Einrichtung wird künftig in Zusmarshausen sein. Entsprechende Pläne stellten die Verantwortlichen bei der jüngsten Sitzung dem Dinkelscherber Gemeinderat vor. Noch ist unklar, inwiefern die Familienstation weiterhin Angebote in Dinkelscherben anbieten wird. Das hängt vor allem von finanziellen Zuschüssen ab. Die sind offenbar auch der Grund für den Umzug.
Bei der Sitzung stellte Leiterin Julia Schmid die Arbeit der Familienstation vor. Die Einrichtung bietet kostenlose und anonyme Angebote für Familien. Sie werden zum Beispiel bei Behördengängen begleitet, bei Schulden beraten oder bei Konflikten innerhalb der Familie unterstützt. Weitere Standorte der Familienstation gibt es unter anderem auch in Diedorf, Fischach, Neusäß oder Stadtbergen. Und bald auch in Zusmarshausen. Finanziert werden die Einrichtungen größtenteils vom Landkreis. Bislang musste die Familienstation unter der Trägerschaft des Frère-Roger-Kinderzentrums in Dinkelscherben Miete zahlen. Das soll sich in Zusmarshausen ändern. Denn die Gemeinde will die neuen Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung stellen. Geplant ist der Umzug in den alten Kindergarten in der Wertinger Straße in Zusmarshausen. Bislang ist die Familienstation in der Dinkelscherber Bahnhofstraße untergebracht. Wie Ludwig Elsner vom Augsburger Landratsamt nach der Sitzung des Gemeinderats erklärt, ist der Umzug zum 1. Oktober geplant. Ein Entschluss, der für viele offenbar völlig überraschend kommt.
Auch für den Vermieter der
Räumlichkeiten, Rudolf Schmuderer. Er meldete sich nach der Gemeinderatssitzung bei unserer Redaktion. Schmuderer: „Ich bin sehr enttäuscht, niemand hat mir davon erzählt, dass die Familienstation auszieht.“Die Einrichtung sei seit 15 Jahren ein guter Mieter. Die Räumlichkeiten wurden extra für die Familienstation umgebaut. Nun einen neuen Mieter zu finden sei sehr schwer. Ob und in welchen Räumen die Familienstation auch in Dinkelscherben weiter vertreten sein kann, ist offen.
Der Kosten- und Finanzierungsplan der Familienstation liegt unserer Redaktion vor. Daraus ergibt sich, dass sich die Einrichtung durch den Umzug etwa 14 400 Euro jährlich an Miet- und Reinigungskosten einsparen kann. Außerdem will die Gemeinde Zusmarshausen einen größeren Teil der Personalkosten in der Einrichtung übernehmen. Zum Teil werden die Mitarbeiter durch einen Zuschuss vom Landkreis finanziert, den Rest will Zusmarshausen übernehmen. Ein Angebot, das die Verantwortlichen offenbar gerne annehmen. Bei der jüngsten Sitzung des Dinkelscherber Gemeinderats führte diese Entscheidung allerdings zum Streit. Bürgermeister Edgar
Kalb (UW14) erklärte während der Sitzung: „Man kann es ganz einfach auf den Punkt bringen: Es geht nur ums Geld.“Ihn ärgere, dass die Gemeinde vor der Entscheidung nicht gefragt worden sei. Kalb: „Man spielt hier Kommunen gegeneinander aus.“Das wollte Verena Nittmann vom Frère-Roger-Kinderzentrum, dem Träger der Familienstation, nicht stehen lassen. Man sei gerne bereit, weiterhin in Dinkelscherben vor Ort zu sein, erklärte sie – wenn die Bedingungen stimmen.
Die sind für Ludwig Elsner ganz einfach: Dinkelscherben müsste – wie Zusmarshausen – kostenlose Räume zur Verfügung stellen. Außerdem soll sich die Gemeinde an den Personalkosten beteiligen. Das sei an den anderen Standorten der Einrichtung üblich. In der Vergangenheit habe es dazu auch immer wieder Gespräche mit der Gemeinde Dinkelscherben gegeben. Elsner: „Es hat sich allerdings nichts verändert.“Über den Umzug sei Bürgermeister Kalb in einem Vorgespräch zur Sitzung informiert worden. Sollten sich die Rahmenbedingungen nun ändern, könne die Familienstation weiterhin Angebote wie das Müttercafé oder persönliche Beratung vor Ort anbieten. Wenn nicht, werde man versuchen, die Dinkelscherber von Zusmarshausen aus zu betreuen.
Eine Entscheidung, die Gemeinderat Peter Kraus (FW) nicht verstehen kann: „Ich bin sehr enttäuscht über den Umzug.“Schließlich zeigten die von Leiterin Julia Schmid vorgestellten Zahlen, dass das Angebot hauptsächlich von Dinkelscherbern genutzt werde. Gemeinderat Albert Zott (CSU) sprach von einer „Ohrfeige für Dinkelscherben“. Für die Gemeinde sei der Umzug ein „trauriger Verlust“. Die Dinkelscherber Grünen erklärten in einer Stellungnahme nach der Sitzung: „Der Bedarf für eine Familienstation in Dinkelscherben ist mehr als gegeben.“Deshalb müsse sich die Gemeinde nun bemühen, ein tragfähiges Konzept und neue Räumlichkeiten zu finden. Die sind laut Bürgermeister Kalb „das kleinste Problem“. Mit den Plänen dazu will sich der Dinkelscherber Fachausschuss für Soziales, Kultur und freiwillige Leistungen in der kommenden Sitzung beschäftigen. Dort könnte sich entscheiden, ob die Familienstation in Dinkelscherben noch eine Zukunft hat.