Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Generalüberholung für die Kapelle
St. Nikolaus von Tolentino im Neusässer Ortsteil Schlipsheim wird saniert. Die Bayerische Landesstiftung unterstützt das Vorhaben mit 68 000 Euro
Neusäß Jahrhundertelang stand die katholische Kapelle St. Nikolaus von Tolentino Gläubigen offen. Doch jetzt ist sie so instabil, dass der Dachstuhl nur über das angrenzende Feuerwehrgebäude betreten werden kann. Der Dachstuhl ist zur Stabilisierung an Dachbalken aufgehängt, die Bauarbeiter balancieren über Bretter. Der Boden trägt nicht mehr.
Das gesamte Gebäude bekommt eine Generalsanierung. Der Architekt der Stadt Neusäß und Betreuer der Sanierungsarbeiten auf Bauherrenseite, Julian Varga, erläutert: „Nichts bleibt unangetastet, vom ersten bis zum letzten Stein.“Die Kapelle leide überall unter Mängeln. Die Mauern seien nicht nur feucht und versalzen, über die Jahre hinweg habe es auch mehrmals reingeregnet. Die kunstvoll bemalte Gipsdecke – die auch der Boden des Dachstuhls ist – hängt 15 Zentimeter durch. Der Dachstuhl selbst habe schon seit Längerem Probleme mit der Statik, das Dach solle neu gedeckt werden. Vier neue Dachgauben sollen die Beleuchtung verbessern. Als bereits erfahrener Architekt für Sanierungen von Denkmälern überwacht Egon Kunz die Arbeiten. 1793 wurde die Kapelle erstmals fertiggestellt. Damals sei die Aufteilung noch anders gewesen, Fenster und Türen seien mit der Zeit versetzt worden. Die Lücken der ehemaligen Zugänge seien aber nicht ordentlich zugemauert worden, weshalb jetzt Risse in der Außenmauer entstünden. „An manchen Stellen kann ich meinen Zollstock bis zum äußeren Putz durch die Wand stecken“, sagt Varga kopfschüttelnd.
Die ehemalige Aufteilung der Fenster und Türen ist auf einem der Gemälde im Inneren der Kapelle zu sehen. Erst bei den 2013 begonnenen Voruntersuchungen zur Sanierung sei bekannt geworden, dass die Kunstwerke der Kapelle durchaus Wert hätten. „Die Gemälde mussten vollständig aufgetragen sein, bevor die oberste Putzschicht trocken war“, erklärt Kunz. Während der Sanierung seien Figuren und Kunstwerke zwar verräumt worden, dennoch gebe es inzwischen auch eine verbesserte Alarmanlage. Nach den Voruntersuchungen beliefen sich 2018 die Schätzungen für die Kosten der Sanierung auf etwa 825000 Euro. Dann seien Sponsoren angefragt worden. Bei vielen ziehe sich die Entscheidung. Die Bayerische Landesstiftung unterstützt das Projekt bereits mit 68000 Euro, hat
Landtagsabgeordneter Harald Güller mitgeteilt. „Gerade in Corona-Zeiten, in denen die Kommunen große finanzielle Probleme haben, sind solche Zuschüsse äußerst wichtig, damit Baudenkmale erhalten werden können“, betont der Politiker. Die Kosten, die nicht von Sponsoren übernommen werden, werde voraussichtlich die Stadt Neusäß übernehmen.
Nach Abschluss der Voruntersuchungen wurde 2019 mit den Sanierungsarbeiten begonnen. Bisher könne die Kostenschätzung aufgehen, obwohl es bereits Änderungen gegeben habe. Außerdem würden die Kosten oft über die Jahre stei
„Wir können alles erst nach und nach aufmachen, und es kann immer passieren, dass wir weitere Mängel finden“, sagt Kunz. Es sei ein gewaltiger Unterschied, ein Problem zunächst zu finden, dann aber auch dessen Ursprung begründen zu können. „Wir wissen es erst, wenn wir fertig sind“, sagt Varga, auch zum geplanten Ende der Arbeiten Ostern 2021. Zunächst steht erst mal eine Entfeuchtung der Wände an. Die Pfarrgemeinde muss so lange ausharren. Für gewöhnlich wird die Kapelle nämlich kirchlich aktiv genutzt. Pfarrer Karl Freihalter predigt hier bereits seit über 35 Jahren. Anfangs verlegte er die Gottesjetzt dienste in den Schulungsraum der Feuerwehr, doch für Corona-Zeiten ist der Raum zu klein. Zwar gebe es Überlegungen, Gottesdienste in Hainhofen oder im Freien abzuhalten, aber bisher muss die Gemeinde abwarten. Ostern und Pfingsten seien dieses Jahr bereits ausgefallen – zumindest der zugehörige Gottesdienst in Schlipsheim. „Natürlich ist es eine massive Einschränkung, aber es ist auch sinnvoll, gut und notwendig“, sagt Pfarrer Freihalter. Die Gemeinde freue sich bereits auf die sanierte Kapelle.
Nach der Erbauung des Gebäudes 1793 gehörte es zunächst der katholischen Kirche. Während der Säkugen. larisierung gab es mehrere Privatbesitzer, bis das Eigentum an die Stadt Neusäß fiel. Dort sei das Bewusstsein über den Wert des Denkmals immer da gewesen. „Die Stadt Neusäß hat nicht viele solcher wirklich alten Gebäude. Deswegen ist die Instandhaltung dieses Baudenkmals ganz besonders wichtig“, meint Varga. „Mit dem hier betriebenen Aufwand könnte man bestimmt ein 40 Meter langes neues Gebäude hinstellen“, lautet Kunz’ Einschätzung. Denkmalschutz sei immer etwas ganz Besonderes. In diesem Fall sei die Kapelle auch der Pfarrgemeinde und den Schlipsheimern sehr wichtig.