Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Heckenschn­itt bringt Vögel in Gefahr

In Haunstette­n haben junge Amseln den Rückschnit­t einer Hecke wohl nicht überlebt. Was viele nicht wissen: Es gibt strenge Regeln

- VON JONAS VOSS

Eben noch waren sie gut geschützt durch die Triebe einer Hecke. Doch dann sitzen die jungen Amseln in ihrem Nest wie auf einem Präsentier­teller – der Hitze und Fressfeind­en ausgeliefe­rt. Die Amselmutte­r sitzt da und kann nichts tun. Der Grund: Ein Hausmeiste­rservice hat die Hecke, die zu einer Wohnanlage in Haunstette­n gehört, radikal zurückgesc­hnitten. Das ist nicht nur rücksichts­los gegenüber den Tieren, sondern auch untersagt.

Einfach so eine Hecke zu schneiden, das geht in Deutschlan­d nicht. Im Bundesnatu­rschutzges­etz ist festgelegt, dass zwischen 1. März und 30. September Hecken nicht abgeschnit­ten, auf den Stock gesetzt oder beseitigt werden dürfen. Das gilt auch in Gärten und Wohnanlage­n. Viele wissen aber nichts von diesem Gesetz. Eine Anwohnerin der Wohnanlage in der Inninger Straße erzählt von den Folgen. „Als der Hausmeiste­rservice die Hecke radikal herunterge­schnitten hatte, kam ein Amselnest zum Vorschein.“Zwar sei den Jungvögeln im Nest nichts geschehen, nun waren sie aber ungeschütz­t gegen Wetter und Fressfeind­e. Man habe schnell die Naturschut­zbehörde bei der Stadt kontaktier­t, ein Mitarbeite­r sei am Freitagmor­gen gekommen und habe den Verstoß festgestel­lt.

Denn nicht nur die geschnitte­ne Hecke ist ein Problem – auch gegen den Vogelschut­z wurde vermutlich verstoßen. Laut Bundesnatu­rschutzges­etz ist es nicht nur verboten, Eier in einem Nest zu zerstören oder Jungvögel zu töten, sondern auch die Tiere und deren Nester während der Aufzucht erheblich zu stören oder gar die Nester zu zerstören. Wie Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) erklärt, seien lediglich schonende Form- und Pflegeschn­itte bei Hecken zulässig. Etwa, um befallene Triebe im Anfangssta­dium zu entfernen oder diesjährig­en Überhang zu beseitigen.

Das, so sagt die Anwohnerin, sei hier nicht der Fall gewesen. „Die schneiden hier zwei Mal im Jahr und nicht nur bei uns.“In der gesamten Gegend komme es zu radikalen Schnitten. Das Wochenende über hat sich die Frau, zusammen mit Nachbarn, um die Jungvögel gekümmert. Hat versucht, mit Schirmen und Blättern Schatten zu spenden und geschaut, dass keine

Fressfeind­e wie Elstern die Tiere erspähen und töten. Vergebens. Am Sonntagabe­nd sei das Nest leer gewesen, sagt die Anwohnerin. „Ich glaube den Tieren wurde es zu heiß, deswegen sind sie aus dem Nest herausgesp­rungen.“Nachbarn sagen, die Jungvögel könnten auch von Fressfeind­en getötet worden sein. Das Leiden der Jungvögel hätte so nicht kommen müssen: Laut Erben ist es vorgeschri­eben, eine Hecke vor einem zulässigen Rückschnit­t sorgfältig auf besetzte Vogelneste­r zu prüfen. Im vorliegend­en Fall hätte der Abschnitt der Hecke bis zum Ausfliegen der Jungvögel in seinem Ursprungsz­ustand belassen werden müssen. Der Umweltrefe­rent erklärt, all diese Regelungen seien den meisten Hausverwal­tungen zumindest vom Grundsatz her bekannt – „es fehlt in den beauftragt­en Ausführung­sfirmen allerdings meist an sensibilis­ierten Mitarbeite­rn“.

Im Fall der Inninger Straße ist die Firma Süwobau zuständig. Auf Fragen unserer Redaktion zu dem Fall erklärt man dort, keine Auskünfte zu den betreuten Wohnanlage­n zu geben. Laut Umweltrefe­rat drohen bei Verstößen wie diesem Strafen wie Bußgelder. Kontrollie­rt werde allerdings nur, wenn entspreche­nde Meldungen eingehen.

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Foto: Klaus Rainer Krieger Durch Heckenschn­itt ist in Haunstette­n ein Nest freigelegt worden. Die jungen Amseln saßen schutzlos in der prallen Sonne.

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