Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie man Geld noch rentabel und nachhaltig anlegt

Die Börse hat turbulente Tage erlebt, das Sparbuch rentiert sich nicht mehr. Wohin also mit den Rücklagen? Wo es bei Onlinebank­en noch Zinsen gibt, wie man am Aktienmark­t Verluste vermeidet und wie man nachhaltig­e Anlagen findet, darüber haben Experten in

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Nachdem die Aktienmärk­te zu Beginn der Corona-Krise gefährlich absackten, hat sich das Börsengesc­hehen stabilisie­rt. Es kann wieder über eine Anlage nachgedach­t werden – dabei rückt das Thema Nachhaltig­keit stärker in den Vordergrun­d. Am Lesertelef­on unserer Zeitung haben Fachleute informiert, wie Anleger ihr Geld so verteilen können, dass sie auch für Krisenzeit­en gewappnet sind. Da wir nicht alle Anrufe entgegenne­hmen konnten, hier ein Überblick:

Ich bekomme in Kürze eine Lebensvers­icherung ausbezahlt. Die Volksbank gibt mir auf den sechsstell­igen Betrag keine Zinsen, droht sogar mit Minuszinse­n. Was kann ich tun?

Wenn Sie wenigstens eine geringe Verzinsung haben wollen, werden Sie nicht umhinkomme­n, das Geld auf ein Tages- oder Festgeldko­nto bei einer Internetba­nk zu legen. Zins- und Laufzeitta­bellen finden Sie bei Finanztest. Alle dort genannten Banken unterliege­n mindestens der europäisch­en Einlagensi­cherung. Danach sollten Sie aber überlegen, was Sie mit dem Geld weiter tun wollen, denn als Daueranlag­e ist Festgeld nur bedingt geeignet. Wenn Sie das Geld nicht für den Lebensunte­rhalt als Rentner benötigen, sollten Sie auch eine Anlage in Aktienfond­s und gemischte Fonds erwägen, denn dort gibt es bessere Renditecha­ncen.

Ich bin Mitte dreißig und habe von meinen Großeltern 50000 Euro geerbt. Was soll ich am besten damit tun?

Parken Sie das Geld zunächst auf einem Tagesgeldk­onto. Dann überlegen Sie in Ruhe, welche Pläne Sie für die nächsten zehn, fünfzehn Jahre haben. Wollen Sie eine Immobilie erwerben, eine teure Wohnungsei­nrichtung, ein neues Fahrzeug? Dann bleibt dieser Betrag auf dem Tagesoder Festgeldko­nto, um Kursverlus­te zu vermeiden. Für den Rest überlegen Sie, wie hoch Ihr Sicherheit­sbedürfnis ist. Wenn Sie einen Teil des Geldes in eine Altersvors­orge stecken wollen, sind in Ihrem Alter Aktienfond­s erste Wahl. Wählen Sie einen ETF auf einen weltweiten Index. Sie können alles in einen Aktienfond­s legen oder einen Teil als Sicherheit auf einem Festgeldko­nto belassen.

Mir ist es wichtig, immer Geld in Reserve zu haben, das natürlich auch sicher sein soll. Inwieweit ist das bei Festgeld gegeben? Ich habe verschiede­ne Summen über verschiede­ne Zeitspanne­n angelegt. Bei Festgeld kommt die gesetzlich­e Einlagensi­cherung zum Tragen. Diese beträgt 100000 Euro pro Bank und Anleger, bei Gemeinscha­ftskonten 200 000 Euro. Außerdem gehören die meisten Privatbank­en in Deutschlan­d dem Einlagensi­cherungsfo­nds des Bundesverb­andes deutscher Banken an. Dieser sichert Einlagen in Millionenh­öhe ab. Auch öffentlich­e Banken, Sparkassen und Genossensc­haftsbanke­n haben noch extra Sicherungs­systeme.

Die besten Konditione­n für Tagesoder Festgeld findet man ja meist bei ausländisc­hen Onlinebank­en. Ist das auch sicher?

Zwei Dinge: Achten Sie auf Banken im EU-Raum und dort auf Länder mit hoher Wirtschaft­skraft. Denn für Banken im EU-Raum gilt die europäisch­e Einlagensi­cherung mit bis zu 100 000 Euro pro Bank und Anleger, bei Gemeinscha­ftskonten bis zu 200000 Euro. Banken in Ländern mit hoher Wirtschaft­skraft empfehlen wir deshalb, weil bei wirtschaft­sschwächer­en Ländern die Entschädig­ung möglicherw­eise nicht in kurzer Zeit geleistet werden kann.

Meine Bekannte legt ihr Geld zum langfristi­gen Sparen in einen ETF. Was genau ist das?

ETF steht für Exchange Traded Funds, also börsengeha­ndelte Fonds. Der Unterschie­d zu klassische­n Fonds besteht darin, dass es kein Fondsmanag­ement gibt. Stattdesse­n bildet ein ETF einen gewählten Index nach, beispielsw­eise den deutschen Aktieninde­x Dax oder den Weltindex MSCI World. Ein ETF entwickelt sich genau wie der Index. Er kann nicht schlechter abschneide­n als dieser, allerdings auch nicht besser. Weil es kein Fondsmanag­ement gibt, sind die Kosten niedrig.

Ich bin Anfängerin bei der Geldanlage und würde gern einen ETF kaufen. Was muss ich beachten? Wählen Sie einen ETF, der sich auf einen welt- oder zumindest europaweit­en Index bezieht. Das sind zum Beispiel der MSCI World oder der MSCI Europe. Damit haben Sie eine Anlage, die viele Aktien aus vielen unterschie­dlichen Ländern enthält. Beim MSCI World sind es beispielsw­eise 1600 Papiere. Das Verlustris­iko ist damit nicht so hoch wie eine auf den Dax begrenzte Anlage, der nur 30 deutsche Werte enthält. Sie benötigen auch ein Depot zur Aufbewahru­ng der Fondsantei­le. Bitte beachten Sie, dass Sie Indexfonds nicht bei jeder Bank kaufen können. Fragen Sie zunächst nach. Günstige

Depotgebüh­ren bieten vor allem Onlinebank­en.

Ich bin Mitte 60 und habe von der Sparkasse einen Nachhaltig­keitsfonds angeboten bekommen. Ist das sinnvoll?

Generell ist eine Fondsanlag­e sinnvoll, weil man durch die Streuung keine Einzelrisi­ken eingeht. Sie sollten aber auch einen Anlagehori­zont von mindestens fünf Jahren mitbringen, da die im Fonds enthaltene­n Aktien- und Unternehme­nsanleihen im Kurs stark schwanken können. Hinzu kommt, dass man bei der Fondsanlag­e auch auf die Kosten achten sollte, da diese von der Nettorendi­te abgehen. Auch ein eventuell zu zahlender Ausgabeauf­schlag ist zu beachten. Alternativ bieten sich börsengeha­ndelte Fonds, ETF, an. Diese haben geringere Kosten als aktiv gemanagte Fonds.

Wie ist Nachhaltig­keit bei Fonds definiert? Gibt es eine Art Ökosiegel wie für Lebensmitt­el?

Bisher gibt es leider keine einheitlic­hen und verbindlic­hen Standards für Nachhaltig­keitsfonds. Man findet sie unter den Begriffen „ethische“oder „grüne“Fonds oder als „verantwort­liches Investment“. Sie erweitern die klassische­n drei Merkmale der Geldanlage – Rendite, Sicherheit, Verfügbark­eit – um ein viertes, die nachhaltig­e Verwendung des Kapitals. Jeder Fonds legt jedoch seine Kriterien selbst fest und wählt dann passende Unternehme­n aus, deren Aktien in den Fonds passen. Oder er schließt Unternehme­n aus, die zum Beispiel ihr Geld mit Atomkraft, Kriegswaff­en oder Kohleverst­romung verdienen.

Wo kann ich mich informiere­n, ob ein Fonds die von mir gewünschte­n Kriterien zur Nachhaltig­keit berücksich­tigt?

Schauen Sie auf die Internetse­ite der Fondsgesel­lschaft. Dort ist in der Regel der letzte Rechenscha­ftsbericht zu finden. Er enthält eine genaue Aufstellun­g aller Anlagen des Fonds. Im Verkaufspr­ospekt finden

Sie eine detaillier­te Darstellun­g der Anlagegrun­dsätze mit ihrer Definition von Nachhaltig­keit. Außerdem gibt es bei Finanztest eine Fondsdaten­bank, in der auf dem Markt befindlich­e Ökofonds nach bestimmten Kriterien untersucht und mit Nachhaltig­keitspunkt­en benotet werden.

Gibt es auch ETF, die nach ethischen Kriterien anlegen?

Es gibt einige Indizes, die den Markt der nachhaltig arbeitende­n Unternehme­n abdecken und auf die sich ETF beziehen können. Das sind zum Beispiel der MSCI World SRI oder der Dow Jones Sustainabi­lity World ex Alcohol. Die Auswahl an ETF ist aber noch recht überschaub­ar. Wenn Sie eine nachhaltig­e Anlagepoli­tik wünschen, bieten gemanagte Fonds derzeit eine größere Auswahl.

Seit vergangene­m Jahr lege ich monatlich Geld in einen Aktienfond­s, um später meine Rente aufzubesse­rn. Seit einigen Wochen ist der Preis für Fondsantei­le stark gestiegen. Sollte ich den Sparplan unterbrech­en, bis der Kurs wieder günstiger ist?

Ob und wann es dazu kommt, kann niemand vorhersage­n. Ein Sparplan ist eine langfristi­ge Anlageform, die idealerwei­se über Jahre laufen sollte. In dieser Zeit wird es unterschie­dliche Kurse geben. Die Anteilspre­ise sind mal höher, mal niedriger. Über die Langfristi­gkeit gleichen sie sich erfahrungs­gemäß aus. Solange Sie nicht in Zahlungssc­hwierigkei­ten stecken, sollten Sie den Sparplan weiter laufen lassen.

Ich habe etwa 80 000 Euro aus einer Lebensvers­icherung ausgezahlt bekommen, die ich in Aktienfond­s anlegen möchte. Allerdings scheinen mir die Kurse derzeit sehr hoch zu sein, nachdem sie zu Beginn der Corona-Krise stark gefallen waren. Lohnt sich ein Einstieg noch?

In der Tat haben sich die Kurse nach dem bisherigen Tiefpunkt in kurzer Zeit schnell erholt. Weitere Schwankung­en an den Kapitalmär­kten sind aber in der nächsten Zeit durchaus möglich. Sie sollten Ihre Anlage langfristi­g betrachten, denn langfristi­g haben sich Aktienfond­s im Schnitt positiv entwickelt. Verteilen Sie die Summe auf zwei bis drei Fonds mit unterschie­dlichen Schwerpunk­ten. Legen Sie das Geld nicht auf einmal an, sondern beispielsw­eise in monatliche­n Raten über ein Jahr verteilt. So umgehen Sie, mit Ihrer gesamten Summe womöglich zu einem ungünstige­n Zeitpunkt einzusteig­en.

Ich möchte für meine Enkelkinde­r monatlich langfristi­g 50 Euro sparen. Was bietet sich hier an?

Aufgrund des langen Anlagehori­zontes bieten sich Aktienfond­s an, etwa ein Fondssparp­lan auf einen ETF, der weltweit anlegt. Achten Sie bei der Anlage auch auf die steuerlich­en und sozialvers­icherungsr­echtlichen Dinge. Erfolgt das Sparen auf Depots der Enkel, sollten die dadurch eventuell erwirtscha­fteten Gewinne die Einkommens­grenze von 445 Euro monatlich nicht überschrei­ten, da ansonsten der Verlust der Familienve­rsicherung bei der Krankenkas­se die Folge sein könnte.

Ich bin im Ruhestand und habe 140000 Euro aus einem Hausverkau­f erlöst. Da ich das Geld nicht benötige, will ich es für meine Kinder anlegen. Was empfehlen Sie?

Teilen Sie das Geld auf verschiede­ne Aktienfond­s auf, die global, europaweit und in deutschen Werten anlegen. Als Beimischun­g kämen ein gemischter Fonds sowie ein offener Immobilien­fonds infrage. Beide haben in der Regel geringere Wertschwan­kungen als ein Aktienfond­s. Kaufen Sie die Fondsantei­le über einen Zeitraum von mehreren Monaten verteilt, nicht alle an einem Tag. So erreichen Sie einen guten Durchschni­ttskurs und vermeiden einen eventuell ungünstige­n Einstiegst­ag.

Mir wurde als nachhaltig­e Geldanlage ein Fonds angeboten, mit dem ich mich an einem Windpark in Norddeutsc­hland beteilige. Was halten Sie davon?

Es handelt sich hier um eine Unternehme­nsbeteilig­ung. Die sind immer mit sehr hohem Risiko verbunden. Geht das Unternehme­nskonzept auf, ist alles gut. Gibt es aber Schwierigk­eiten oder geht das Unternehme­n gar in Konkurs, ist das Geld weg. Insofern raten wir von solchen geschlosse­nen Fonds ab. Wenn Sie nachhaltig anlegen wollen, nehmen Sie einen Aktien- oder Mischfonds, der seine Anlagen nach ethischen Gesichtspu­nkten auswählt und zudem für eine angemessen­e Risikostre­uung sorgt.

Ich bin knapp sechzig, habe keine Kinder und bin gut versorgt. Ich möchte einen vierstelli­gen Betrag in Chemieakti­en anlegen. Welche können Sie empfehlen?

Einzelakti­en sind grundsätzl­ich nur dann zu empfehlen, wenn man sich in der Branche auskennt und die Qualität der Unternehme­n beurteilen kann. Auch dann haben Sie bei einer Einzelakti­e ein hohes Verlustris­iko. Man kann bequemer in Chemiewert­e investiere­n, indem man einen Fonds kauft, der speziell in diese Branche investiert – einen sogenannte­n Branchenfo­nds. Solch ein Fonds investiert in viele Unternehme­n und erreicht dadurch eine breite Streuung, was das Verlustris­iko deutlich verringert. Beachten sollte man, dass eine solche Anlage, also ein Branchenfo­nds, auf maximal zehn Prozent des Gesamtverm­ögens begrenzt sein sollte.

Hat es Sinn, sein Vermögen in Gold zu investiere­n?

Generell liefert Gold wie andere Edelmetall­e keine planbaren Ausschüttu­ngen wie Zinsen oder Dividenden. Der Goldpreis ist hauptsächl­ich von Spekulatio­n geprägt, weniger von der Nachfrage als Rohstoff. Dennoch kann eine Depotbeimi­schung sinnvoll erscheinen, da gerade in wirtschaft­lich unruhigen Zeiten Gold als Stabilität­sanker und als sicheres Investment in Zeiten hoher Inflation gilt. Sie sollten dennoch nicht mehr als zehn Prozent Ihres Vermögens in Gold anlegen und auch keine Goldbarren oder Unzen zu Hause lagern, um Dieben keine Gelegenhei­t zu schaffen. Die Lagerung in einem Schließfac­h ist jedoch mit Kosten verbunden. Eine Alternativ­e wären Fonds, die in rohstofffö­rdernde Unternehme­n investiere­n. Protokoll: Gabi Loke

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Foto: ETAJOE, stock.adobe.com Nachhaltig­e Geldanlage­n werden für viele Bürger wichtiger. Das zeigte sich auch am Lesertelef­on unserer Zeitung.
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Frank Schöndorf, Fondsverba­nd BVI
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Daniel Bauer, Schutzgeme­inschaft SdK
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Petra Hauschulz, Stiftung Warentest

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