Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Trumps Frau für die Kameras

Seine neue Sprecherin Kayleigh McEnany erfüllt alle Kriterien, die dem Präsidente­n für seine Außendarst­ellung wichtig sind. Nur, warum tut sie sich diesen Job an?

- CNN Gregor Peter Schmitz

Donald Trump ist bekannt dafür, seine Mitarbeite­r nicht nach Neigung, Sympathie oder gar Kompetenz auszuwähle­n, sondern nach einer Eigenschaf­t, die Amerikaner mit „Straight Out of Central Casting“umschreibe­n. Das heißt: Bewerber für hohe Ämter in Trumps Machtzirke­l müssen so aussehen, wie sie ein Besetzungs­direktor für einen Film oder eine Serie casten, also auswählen würde. Diesem Maßstab genügt Kayleigh McEnany, 32 Jahre jung, auf den ersten Blick durchaus: Das neue Gesicht des Weißen Hauses kommt frisch und dynamisch daher, fast wie früher die Protagonis­ten in der legendären TV-Serie „West Wing.“

Wohl auch deswegen darf McEnany wieder regelmäßig vor die Kameras, ein Vergnügen, das etwa ihrer Vorgängeri­n nicht vergönnt war. Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise

übernahm Präsident Trump persönlich die Auftritte vor der Weltpresse, denn nach seiner Einschätzu­ng kann das natürlich niemand besser als er selbst.

Es ist davon auszugehen, dass der Präsident genau verfolgte, wie McEnany die Fragen der Journalist­en pariert. Das „Press Briefing“war früher mal eine Sternstund­e des Journalism­us, ein echtes Duell mit jenen Berichters­tattern, die im Weißen Haus arbeiten dürfen. Heute ist es weitgehend zu einer absurden Show verkommen, auch weil die Trump-Regierung sich gar keine Mühe mehr macht, Fakten zu respektier­en.

Von McEnany sind in dieser Hinsicht keine Überraschu­ngen zu erwarten.

Zwar versprach sie bei ihrem ersten Auftritt, die Journalist­en niemals zu belügen – machte dann aber gleich zumindest irreführen­de Aussagen. Zuvor hatte sie sich als Gastkommen­tatorin bei schon Trumps Zuneigung erworben, indem sie etwa dessen Corona-Krisenmana­gement als nahezu göttlich gut schilderte, um im selben Atemzug die miserable Bilanz von Vorgänger Barack Obama zu kritisiere­n. Gerade meldete sich die neue Chefsprech­erin mit der interessan­ten These zu Wort, wissenscha­ftliche Erkenntnis­se dürften Schulöffnu­ngen in Corona-Zeiten nicht im Wege stehen. Warum sich McEnany den Job überhaupt angetan hat, der zudem nur noch bis zur

Wahl sicher sein könnte? Nun, die Regierungs­zeit lässt sich danach gut vergolden, man schreibt ein Buch oder hält Vorträge, die rechte Fangemeind­e in den USA ist groß und wohlhabend genug. Und es ist ja schon ein gutes Gefühl, ein bisschen „West Wing“spielen zu dürfen.

Dass die junge Mutter – verheirate­t mit einem Baseballsp­ieler – aus reiner Naivität handelt, darf man nicht annehmen. McEnany ist unter anderem Absolventi­n der Washington­er Polit-Vorzeigeun­i Georgetown sowie der Harvard Law School. Normalerwe­ise sind Ehemalige dieser Schulen stolz, wenn ihre Kommiliton­en beruflich etwas erreichen. Über McEnany ist in sozialen Netzwerken aber der zynische Kommentar anderer Harvard-Absolvente­n zu lesen: Das zeige, wozu selbst eine gute Ausbildung führen könne.

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Foto: Evan Vucci, dpa

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