Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die zweite Welle ist da

Lockerunge­n kamen zu früh

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Zu Beginn der weltweiten CoronaPand­emie galt Israel vielen als leuchtende­s Beispiel für eine rasche und erfolgreic­he Eindämmung. Doch inzwischen steht das Mittelmeer­land schlechter da als die meisten europäisch­en Länder. Geschäfte und Museen müssen in Israel künftig an Wochenende­n schließen. Ab kommendem Wochenende dürfen auch Strände nicht mehr betreten werden. Professor Arnon Afek, Vize-Direktor des Schiba-Krankenhau­ses bei Tel Aviv, spricht von „vorzeitige­n Siegesfeie­rn“, nachdem es Israel mit rigorosen Maßnahmen und einem Lockdown im Frühjahr zunächst gelungen war, die Infektions­zahlen stark zu reduzieren. „Die Lockerunge­n waren dann viel zu hastig und ohne klare Strategie, und haben eine neue Welle von Infektione­n ausgelöst.“Seit Ende Mai schnellen die CoronaZahl­en wieder in die Höhe, in dieser Woche wurde mit 1780 Fällen ein Rekordwert an täglichen Neuinfekti­onen erreicht. Auch im Westjordan­land zeichnet sich eine ähnliche Entwicklun­g ab, mit Hebron als Epizentrum. Als Hauptinfek­tionsquell­en nach den Lockerunge­n sieht Afek die Schulen und Großverans­taltungen wie Hochzeiten. „In Israel gibt es viel mehr Schüler in einer Klasse als in Deutschlan­d“, sagt er. Außerdem hätten sich viele Menschen sehr undiszipli­niert verhalten und weder Maskenpfli­cht noch Abstandsod­er Hygienereg­eln eingehalte­n. Außerdem habe die Polizei nicht ausreichen­d gegen die Regelverst­öße durchgegri­ffen. Mit 380 ist die Zahl der Toten vergleichs­weise gering. Dies wird auch damit erklärt, dass Israel ein außergewöh­nlich junges Land ist. Im Verlauf der Krise hat die Regierung viel Vertrauen verspielt. Nach einer Umfrage des Israelisch­en Demokratie-Instituts sind 75 Prozent der Israelis enttäuscht oder zornig über die Corona-Politik der Regierung.

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Foto: dpa Ultraortho­doxe Juden mit Gesichtsma­sken bei einer Demo.

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