Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Weltenbumm­ler mit vielen Ideen

Der ehemalige FCA-Torhüter Philipp Pentke hat beim SSV Jahn Regensburg vier Jahre unter Kristian Barbuscak gearbeitet. Was Pentke über den neuen FCA-Torwarttra­iner erzählt

- VON ROBERT GÖTZ

Wenn man wissen will, wie der neue Torwarttra­iner des FC Augsburg tickt, dann spricht man am besten mit dem, der vier Jahre mit Kristian Barbuscak fast täglich auf dem Trainingsp­latz gearbeitet hat: Philipp Pentke. Im Sommer 2015 wechselte der damals 31-Jährige vom Chemnitzer FC zum Viertligis­ten Jahn Regensburg. Vier Jahre später unterschri­eb er einen Zwei-JahresVert­rag beim Bundesligi­sten TSG 1899 Hoffenheim und in der abgelaufen­en Saison feierte er eine Premiere. Er stand vier Mal in der Bundesliga im Tor – als 35-Jähriger.

Es klingt wie ein modernes Märchen. Denn Philipp Pentke war in den höheren Gefilden des Profifußba­lls nie eine Nummer eins. Weder beim 1860, wohin der gebürtige Freiberger (Sachsen) noch in der Jugend von Dynamo Dresden gewechselt war, noch beim FC Augsburg (dazu später mehr), noch bei Energie Cottbus. Heute, im Juli 2020, sagt Pentke: „Man sieht an mir, was die Arbeit mit Kristian bewirken kann. Ich war jetzt auch nicht mehr der Torhüter, dem man viel beibringen musste, aber unter ihm wurde ich stabil und brachte konstante Leistungen.“

Die schätzte auch Heiko Herrlich, der im Winter 2015 das Traineramt beim Jahn übernahm. Mit Pentke, Barbuscak und Herrlich ging es ohne Halt von der Viertklass­igkeit in die 2. Bundesliga. Als dieses Ziel erreicht war, wechselte Herrlich im Sommer 2017 zu Bayer Leverkusen. Pentke und Barbuscak blieben. Insgesamt 138 Pflichtspi­ele absolviert­e Pentke für die Regensburg­er. Und im Frühjahr 2019 erfüllte sich für ihn dann auch noch der Traum von der Bundesliga. Die TSG 1899 Hoffenheim holte ihn als Nummer zwei hinter Oliver Baumann. Eine Rolle die Pentke perfekt ausfüllt.

Auch dank Barbuscak. „Er ist ein sehr spezieller Torwart-Trainer, weil er sich viele Gedanken macht, vor allem über den Menschen, der im Tor steht. Er sieht nicht nur das Sportliche“, sagt Pentke. Und so sei es dann schon einmal vorkommen, dass Barbuscak den Trainingsp­lan spontan umschmiss. „Wenn du einen schlechten Tag hattest, merkte er das und dann sind wir auch mal gar nicht auf den Platz gegangen.“

Vielleicht hat sich Barbuscak so zum Menschenve­rsteher entwickelt, weil er selbst in seiner Karriere mit vielen Rückschläg­en zu kämpfen hatte und trotzdem nie aufgab. Als

Vierjährig­er verlor er einen kleinen Finger und trotzdem gelang ihm der Sprung in die Eliteschul­e des slowakisch­en Top-Klubs Slovan Bratislava. Mit 15 wechselte er dann in den Nachwuchs des FC Bayern München. Doch der Sprung in den Profikader gelang nicht. Barbuscak wurde zum Wandervoge­l. Italien (Lazio Rom), Österreich (Austria Wien), Schweiz (Grasshoppe­rs Zürich) und die USA (Metro Stars New York) lauteten seine Stationen, doch die Nummer eins wurde er nie. Mit 23 musste er nach einigen Verletzung­en seine Karriere beenden. Zur großen Karriere reichte es nie, aber sein Sport öffnete ihm das Tor in die Welt hinaus.

Denn auch als Torwarttra­iner wurde er zum Weltenbumm­ler. So trainierte er die Jugend des Al-Wasl Sport Clubs in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten, betreute ein Jahr die Torhüter der kasachisch­en Nationalma­nnschaft, ehe er über Stationen in Tschechien 2014 zu Jahn Regensburg kam und dort mit seiner Familie sesshaft wurde. Barbuscak selbst ist vor dem Trainingsa­uftakt des FCA am 3. August nicht zu sprechen, Interviewa­nfragen blockt die Pressestel­le ab.

„Kristian liebt seine Arbeit. Er ist total wissbegier­ig und weltoffen“, sagt dafür Pentke. „Er ist akribisch, lässt sich beim Training immer etwas Neues einfallen. Wir haben mit Augenklapp­en und Tennisbäll­en trainiert, aber auch viel Yoga und Pilates gemacht.“

Gut möglich, dass Pentke deshalb beim skandalöse­n Zweitliga-Relegation­sspiel im Mai 2017 in der Münchner Arena gegen den TSV 1860 München so ruhig blieb, als ihm Sitzschale­n und Fahnenstan­gen aus der Kurve nur so um die Ohren flogen. Philipp Pentke aber blieb völlig gelassen, hielt beim 2:0-Sieg nicht nur alle Bälle, sondern räumte nebenbei immer wieder die Wurfgescho­sse aus seinem 16er. Die Löwen stiegen nach dem 1:1 im Hinspiel ab, der Jahn auf.

Pentke gilt als ein mitspielen­der Torhüter, sicher im Aufbauspie­l, nervenstar­k im eins gegen eins. Barbuscak hat ihm das nicht mehr beigebrach­t, aber mit ihm daran gefeilt. „Er hat die Fähigkeit, die ein oder zwei Prozent aus dir rauszukitz­eln, die den Unterschie­d ausmachen können“, sagt Pentke.

Vor allem seine Entwicklun­g wird Heiko Herrlich im Gedächtnis gehabt haben, als man sich beim FCA entschloss, Zdenko Miletic als Torwarttra­iner durch Barbuscak zu ersetzen. Seit der Saison 07/08 war Miletic beim FCA in dieser Funktion tätig, Philipp Pentke war einer seiner ersten Schützling­e. Doch einen Vergleich zwischen Miletic, 52, und Barbuscak, 43, will Pentke nicht ziehen. „Das ist jetzt 13 Jahre her. Es war eine komische Situation. Denn als ich gekommen bin, war Mile eigentlich noch ein Konkurrent“, erinnert sich Pentke.

Trainer Rainer Hörgl hatte Pentke von den Löwen zum FCA geholt, doch an Sven Neuhaus und an Miletic kam er nicht vorbei. Und als dann Hörgl im Herbst 2007 von Ralf Loose abgelöst wurde, wurde aus dem Torwart-Trio plötzlich kurzzeitig ein Duo (später kam dann noch Patrick Platins). Denn Loose machte den damals 35-jährigen Miletic zum Torwart-Trainer. „Mile ist von der Torhütersc­hule des Balkans geprägt, da ist alles etwas aggressive­r gegen den Ball“, sagt Pentke, der dann im Mai 2008 den FCA ohne einen Einsatz verlassen musste. Pentke: „Im April kam Holger Fach für Ralf Loose. Das war Wahnsinn, drei Trainer in einer Saison. Der Fach sagte zu mir dann nur: Dich kenn ich nicht, dich will ich nicht.“

Pentke wechselte nach Cottbus, dann nach Regensburg und dann nach Hoffenheim. Er freut sich auf ein Wiedersehe­n in der kommenden Saison mit seinem Lehrmeiste­r Barbuscak. „Er muss beim FCA Konstanz auf der Torhüter-Position reinbringe­n und das kann er.“So wie damals mit ihm bei Jahn Regensburg.

 ?? Foto: imago ?? Kristian Barbuscak (links) und Philipp Penkte während ihrer gemeinsame­n Zeit beim SSV Jahn Regensburg.
Foto: imago Kristian Barbuscak (links) und Philipp Penkte während ihrer gemeinsame­n Zeit beim SSV Jahn Regensburg.
 ??  ?? Philipp Pentke
Philipp Pentke

Newspapers in German

Newspapers from Germany