Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Feiern ohne Klubs und Bars

Beschränku­ngen Wegen Corona spielt sich das Nachtleben derzeit größtentei­ls im Freien ab. Das sorgt in der Innenstadt für Probleme. Doch der Stadtjugen­dring warnt davor, die jungen Leute einfach zu verteufeln

- VON JONAS VOSS

Ein Streifzug durch die Altstadt an einem frühen Juliabend – und überall das gleiche Bild: Nahezu jeder Platz in den Außenberei­chen der Cafés, Restaurant­s und Bars ist besetzt, die Biergärten sind voll, auf dem Rathauspla­tz und an den Prachtbrun­nen sitzen junge Menschen wie eh und je. Mal eng zusammen, mal mit dem nötigen CoronaAbst­and. Wohin man blickt, die Menschen wirken entspannt, freuen sich am guten Essen und Trinken, Corona scheint weit entfernt. So, sagt Alex, lasse sich das Leben auch mit geschlosse­nen Klubs aushalten.

Der Student trifft sich mit Freunden im Freien und genießt so den Sommer, gerade sitzen sie am Herkulesbr­unnen. Klar, das besondere Gefühl von guten Partynächt­en vermisse man schon ein wenig, aber die aktuelle Corona-Situation ließe das eben nicht zu. Für die Betreiber sei es natürlich schlimm, aber noch schlimmer sei es, wenn sich die Krankheit schneller ausbreite. Der Herkulesbr­unnen ist zuletzt aber auch zum Symbol dafür geworden, dass an manchen Abend zu viel los ist in der Innenstadt. Menschenan­sammlungen, vor allem zur späten Stunde, die sich nicht um die Corona-Regeln kümmern, Lärm und Müll haben die Politik auf den Plan gerufen. Es soll nun Regeln geben, die diese Missstände eindämmen.

Vertreiben will man die Menschen aus der Innenstadt aber nicht. Das ginge wohl auch nur schwer. An der Stadtmetzg sitzen drei Freunde, teilen sich Wein und Bier. Sie sind Studenten, kurz vor dem JuraExamen. Vorlesunge­n haben sie nicht mehr, jetzt wäre die Zeit zu feiern. Auch sie sagen, dass sie dieses Gefühl vermissen: dieses Tanzen mit vielen Menschen auf engem Raum, irgendwie im Einklang mit ihnen. Feiern ist eben Freiheit. Das sagt auch Dennis Galanti. Er leitet die offene Jugendarbe­it des Stadtjugen­drings (SJR) und meint: „Klubs oder Festivals ermögliche­n es junMensche­n, einfach mal aus sich raus zu gehen, die Welt zu erkunden, andere kennenzule­rnen.“Der möglichst intensive Konsum von Alkohol oder anderen Substanzen spiele dabei keine Hauptrolle. Es gehe vielmehr darum, sich mit Gleichgesi­nnten aus der eigenen Subkultur auszutausc­hen. Einfach zuhause bleibe sei nicht für jeden eine Option. Überhaupt setze die aktuelle Generation Jugendlich­er und junger Erwachsene­r einen Trend fort: Laut der Shell-Jugendstud­ie – eine seit 1953 vom gleichnami­gen Mineralölk­onzern herausgege­bene große Jugendunte­rsuchung, die auch in Fachkreise­n Anerkennun­g findet – sind junge Menschen heutzutage durchaus politisch interessie­rt und achtsam gegenüber sich und der Umwelt. Galanti erklärt, seiner Erfahrung nach stießen „die Corona-Maßnahmen auf sehr grogen ßes Verständni­s bei Jugendlich­en“. Allerdings wohl nicht bei allen. Auch Gastronome­n berichten auch davon, dass sich ein Teil der jungen Nachtschwä­rmer nicht um die Corona-Regeln kümmere – und auch nicht darum, den Müll zu entsorgen. Deshalb will die Stadt nun den Verkauf von Getränken abends nur noch in Mehrweg-Pfandbeche­rn erlauben. Dazu kommt auch ein Glasflasch­enverbot.

In Augsburg ist es das Areal rund um die Maximilian­straße, das gerade in lauen Sommernäch­ten besonders stark frequentie­rt wird. Dort treffen sich allerdings Menschen aller Altersgrup­pen – und nicht nur aus Augsburg. Dennis Galanti sagt, nur weil jemand jung sei, sei er nicht automatisc­h irgendeine­r speziellen Partyszene zuzuordnen. Jugendlich­e und junge Erwachsene seien nicht die Rebellen und Ärgernisse, die manche in ihnen sehen wollen. Auch wenn es natürlich gewisse Problemgru­ppen gebe. Würde man die jungen Menschen im öffentlich­en Raum akzeptiere­n, sagt er, könnte es trotz Corona ein guter Sommer für sie werden.

Timur Akay ist 26 Jahre alt und Jugendspre­cher des Stadtjugen­dring. Am Wochenende hat er als Barkeeper im „Hallo Werner“gearbeitet, Kneipe und Klub zugleich. Auch, weil er das Nachtleben liebe, sagt der 26-Jährige. Das Coronaviru­s setzte dem Nebenjob vorläufig ein Ende. Er ärgert sich deswegen jedoch nicht, stattdesse­n meint er: Am wichtigste­n sei es, dass diese Krise schnell vorübergeh­e. Dafür müssten alle an einem Strang ziehen.

 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Das Gebiet rund um die Maxstraße ist die Partyzone der Stadt. Und der Herkulesbr­unnen einer der beliebtest­en Treffpunkt­e, gerade in der Corona-Krise, wenn Klubs und Bars vor allem Getränke zum Mitnehmen anbieten.
Foto: Bernd Hohlen Das Gebiet rund um die Maxstraße ist die Partyzone der Stadt. Und der Herkulesbr­unnen einer der beliebtest­en Treffpunkt­e, gerade in der Corona-Krise, wenn Klubs und Bars vor allem Getränke zum Mitnehmen anbieten.

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