Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ist der Christkind­lesmarkt noch zu retten?

Wegen der Corona-Pandemie steht ein großes Fragezeich­en hinter der Veranstalt­ung. Die Stadt arbeitet an einem alternativ­en Konzept, wird aber nicht alleine entscheide­n können

- VON MICHAEL HÖRMANN

Der Christkind­lesmarkt gehört zu den beliebtest­en Veranstalt­ungen in Augsburg. Jedes Jahr kommen nach Schätzunge­n mehr als eine Million Menschen auf den Rathauspla­tz. 130 Händler sind bei der mehrwöchig­en Großverans­taltung dabei. Besucher aus Italien und der Schweiz gehören zu treuen Fans des weihnachtl­ichen Treibens in Augsburg. Menschen drängen sich in engen Gassen entlang der Stände. Über allem leuchtet der große Weihnachts­baum. In diesem Jahr steht hinter dem Markt ein großes Fragezeich­en. Die Corona-Pandemie, die in den zurücklieg­enden Monaten bereits sehr viele Veranstalt­ungen ausgebrems­t hat, nimmt Einfluss. Was passiert demnach mit dem Christkind­lesmarkt?

Planmäßig soll der Christkind­lesmarkt am 23. November starten. Wirtschaft­sreferent Wolfgang Hübschle sagt auf Anfrage gegenüber unserer Redaktion: „Wir können aus heutiger Sicht nicht seriös sagen, ob der Augsburger Christkind­lesmarkt 2020 stattfinde­n wird oder abgesagt werden muss.“

Hübschle bestätigt, dass man sich in der Stadtverwa­ltung gerade vor den Sommerferi­en intensiv mit dem Thema befasse, weil eine Großverans­taltung wie der Christkind­lesmarkt Planungssi­cherheit benötigt: „Derzeit entwickelt die Marktverwa­ltung verschiede­ne Szenarien, die alle darauf hinauslauf­en, dass die Stände auf möglichst viele Plätze in der Innenstadt verteilt werden.“

Besonders davon betroffen sei der Rathauspla­tz. Er ist der Ort, der stets am stärksten frequentie­rt werde. Mit dem höchsten Besucherau­fkommen ist nach allen Erfahrunge­n der Vorjahre an den Abenden zum Wochenende hin zu rechnen.

Auch wenn es derzeit kein Beteiligte­r offen ausspricht, gilt es als nahezu ausgeschlo­ssen, dass der

Christkind­lesmarkt in seiner bekannten Form stattfinde­n kann. Auf die Frage, ob es einen „Christkind­lesmarkt light“, also in abgespeckt­er Form, geben könnte, antwortet Hübschle: „Es ist eine Entzerrung und Aufteilung – wie auch immer – denkbar. Falls der Markt überhaupt stattfinde­n darf.“

Die Stadt hat hier keine alleinige Entscheidu­ngsbefugni­s. Übergeordn­ete Stellen geben die Richtung vor. Die Ausgangsla­ge sieht so aus: Aufgrund eines Beschlusse­s der Ministerpr­äsidenten der Bundesländ­er zusammen mit der Bundeskanz­lerin sind Veranstalt­ungen bis einschließ­lich 31. Oktober untersagt. Hübschle meint: „Dieser Termin wurde vermutlich bewusst so gewählt, um einerseits die weitere Entwicklun­g der Ausbreitun­g des neuen Coronaviru­s besser einschätze­n zu können. Zum anderen wohl aber auch, um für die vielen Christkind­lesmärkte, die alle so gegen Ende November starten, nicht von vorneherei­n die Türen zuzumachen.“

Zum jetzigen Zeitpunkt könne keiner vorhersehe­n, was die nächsten Wochen bringen. Dies wirke sich natürlich auf die Vorbereitu­ngen für den Christkind­lesmarkt aus. Hübschle sagt: „Wir sind auf die Vorgaben der bayerische­n Staatsregi­erung bezüglich der Infektions­schutzaufl­agen angewiesen.“Falls der Christkind­lesmarkt planmäßig am 23. November starten sollte, müsste mit dem Aufbau am 2. November begonnen werden. Andernfall­s müsse die Stadt gegebenenf­alls kurzfristi­g reagieren.

Der Christkind­lesmarkt ist ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor für die Stadt. Konkrete Zahlen liegen nicht vor. Es gibt aber auch Aussagen, wonach es auf einen Betrag im höheren zweistelli­gen Millionenb­ereich hinausläuf­t. Hotelübern­achtungen gehören ebenso dazu wie Einkäufe an den Ständen und in den Geschäften der Innenstadt. Eine Studie hatte sich vor ein paar Jahren bundesweit mit dem Ausgabever­halten auswärtige­r Gäste befasst. Demnach sind es im Durchschni­tt 50 Euro, die ein

Besucher am Tag ausgibt. Weit über 1000 Busse steuern jedes Jahr den Christkind­lesmarkt an. Kommen sie auch im Jahr 2020? Neben dem Wirtschaft­sreferat sind am Entscheidu­ngsprozess, wie ein möglicher Christkind­lesmarkt organisier­t wird, das Gesundheit­s- und das Ordnungsre­ferat beteiligt.

An eine komplette Absage denkt dem Vernehmen nach derzeit keiner der Verantwort­lichen der Stadt. Der Christkind­lesmarkt ist bislang nie abgesagt worden. Selbst im Jahr 1944 nach der Zerstörung der Augsburger Innenstadt gab es ein paar Buden, die einen Weihnachts­verkauf als Christkind­lesmarkt-Ersatz darstellen sollten.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? So kennt man den Christkind­lesmarkt in Augsburg: Dicht gedrängt stehen die Menschen zusammen. Auf diesem Bild ist es der Tag der Eröffnung im Vorjahr. In diesem Jahr soll der Christkind­lesmarkt am 23. November beginnen. Wegen Corona gibt es aber ein großes Fragezeich­en.
Foto: Silvio Wyszengrad So kennt man den Christkind­lesmarkt in Augsburg: Dicht gedrängt stehen die Menschen zusammen. Auf diesem Bild ist es der Tag der Eröffnung im Vorjahr. In diesem Jahr soll der Christkind­lesmarkt am 23. November beginnen. Wegen Corona gibt es aber ein großes Fragezeich­en.

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