Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ist der Christkindlesmarkt noch zu retten?
Wegen der Corona-Pandemie steht ein großes Fragezeichen hinter der Veranstaltung. Die Stadt arbeitet an einem alternativen Konzept, wird aber nicht alleine entscheiden können
Der Christkindlesmarkt gehört zu den beliebtesten Veranstaltungen in Augsburg. Jedes Jahr kommen nach Schätzungen mehr als eine Million Menschen auf den Rathausplatz. 130 Händler sind bei der mehrwöchigen Großveranstaltung dabei. Besucher aus Italien und der Schweiz gehören zu treuen Fans des weihnachtlichen Treibens in Augsburg. Menschen drängen sich in engen Gassen entlang der Stände. Über allem leuchtet der große Weihnachtsbaum. In diesem Jahr steht hinter dem Markt ein großes Fragezeichen. Die Corona-Pandemie, die in den zurückliegenden Monaten bereits sehr viele Veranstaltungen ausgebremst hat, nimmt Einfluss. Was passiert demnach mit dem Christkindlesmarkt?
Planmäßig soll der Christkindlesmarkt am 23. November starten. Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle sagt auf Anfrage gegenüber unserer Redaktion: „Wir können aus heutiger Sicht nicht seriös sagen, ob der Augsburger Christkindlesmarkt 2020 stattfinden wird oder abgesagt werden muss.“
Hübschle bestätigt, dass man sich in der Stadtverwaltung gerade vor den Sommerferien intensiv mit dem Thema befasse, weil eine Großveranstaltung wie der Christkindlesmarkt Planungssicherheit benötigt: „Derzeit entwickelt die Marktverwaltung verschiedene Szenarien, die alle darauf hinauslaufen, dass die Stände auf möglichst viele Plätze in der Innenstadt verteilt werden.“
Besonders davon betroffen sei der Rathausplatz. Er ist der Ort, der stets am stärksten frequentiert werde. Mit dem höchsten Besucheraufkommen ist nach allen Erfahrungen der Vorjahre an den Abenden zum Wochenende hin zu rechnen.
Auch wenn es derzeit kein Beteiligter offen ausspricht, gilt es als nahezu ausgeschlossen, dass der
Christkindlesmarkt in seiner bekannten Form stattfinden kann. Auf die Frage, ob es einen „Christkindlesmarkt light“, also in abgespeckter Form, geben könnte, antwortet Hübschle: „Es ist eine Entzerrung und Aufteilung – wie auch immer – denkbar. Falls der Markt überhaupt stattfinden darf.“
Die Stadt hat hier keine alleinige Entscheidungsbefugnis. Übergeordnete Stellen geben die Richtung vor. Die Ausgangslage sieht so aus: Aufgrund eines Beschlusses der Ministerpräsidenten der Bundesländer zusammen mit der Bundeskanzlerin sind Veranstaltungen bis einschließlich 31. Oktober untersagt. Hübschle meint: „Dieser Termin wurde vermutlich bewusst so gewählt, um einerseits die weitere Entwicklung der Ausbreitung des neuen Coronavirus besser einschätzen zu können. Zum anderen wohl aber auch, um für die vielen Christkindlesmärkte, die alle so gegen Ende November starten, nicht von vorneherein die Türen zuzumachen.“
Zum jetzigen Zeitpunkt könne keiner vorhersehen, was die nächsten Wochen bringen. Dies wirke sich natürlich auf die Vorbereitungen für den Christkindlesmarkt aus. Hübschle sagt: „Wir sind auf die Vorgaben der bayerischen Staatsregierung bezüglich der Infektionsschutzauflagen angewiesen.“Falls der Christkindlesmarkt planmäßig am 23. November starten sollte, müsste mit dem Aufbau am 2. November begonnen werden. Andernfalls müsse die Stadt gegebenenfalls kurzfristig reagieren.
Der Christkindlesmarkt ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Stadt. Konkrete Zahlen liegen nicht vor. Es gibt aber auch Aussagen, wonach es auf einen Betrag im höheren zweistelligen Millionenbereich hinausläuft. Hotelübernachtungen gehören ebenso dazu wie Einkäufe an den Ständen und in den Geschäften der Innenstadt. Eine Studie hatte sich vor ein paar Jahren bundesweit mit dem Ausgabeverhalten auswärtiger Gäste befasst. Demnach sind es im Durchschnitt 50 Euro, die ein
Besucher am Tag ausgibt. Weit über 1000 Busse steuern jedes Jahr den Christkindlesmarkt an. Kommen sie auch im Jahr 2020? Neben dem Wirtschaftsreferat sind am Entscheidungsprozess, wie ein möglicher Christkindlesmarkt organisiert wird, das Gesundheits- und das Ordnungsreferat beteiligt.
An eine komplette Absage denkt dem Vernehmen nach derzeit keiner der Verantwortlichen der Stadt. Der Christkindlesmarkt ist bislang nie abgesagt worden. Selbst im Jahr 1944 nach der Zerstörung der Augsburger Innenstadt gab es ein paar Buden, die einen Weihnachtsverkauf als Christkindlesmarkt-Ersatz darstellen sollten.