Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie das Bewerbungs­gespräch per Video gelingt

Wohin mit den Händen? Und wieso stehen die Haare so komisch ab? Sich beim Video-Bewerbungs­gespräch aufs Wesentlich­e zu konzentrie­ren, ist eine Herausford­erung. Kamera- und Karrierepr­ofis geben Tipps

- Vera Kraft, dpa

Köln Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance – das gilt auch für ein Bewerbungs­gespräch. Aufgrund der Corona-Pandemie fällt aber zurzeit oft das komplette Treffen weg. Stattdesse­n findet ein Video-Gespräch statt. Doch gelten da die gleichen Regeln? Wie gelingt es, vor der Kamera ein gutes Bild zu machen?

1 Vorbereitu­ng Ganz gleich, ob persönlich­es Treffen oder Videogespr­äch: Die inhaltlich­e Vorbereitu­ng bleibt identisch, sagt Karriereun­d Business-Coach Bernd Slaghuis. Es ist wichtig, einen Überblick über das Unternehme­n, die Produkte sowie Standorte, Umsatz und Anzahl der Mitarbeite­r zu haben. Der Vorteil beim Videogespr­äch: Spickzette­l sind erlaubt. Solange man nicht alles mit gesenktem Kopf abliest, stört es die Personaler nicht, was auf dem Tisch liegt. Damit überhaupt ein flüssiges Gespräch stattfinde­n kann, sollte man vorab einen Technik-Check machen. Dazu gehört eine stabile Internetve­rbindung, aber auch die rechtzeiti­ge Installati­on und Aktualisie­rung der Software. Außerdem empfiehlt der Bundesverb­and der Personalma­nager (BPM) verschiede­ne Funktionen vor dem Gespräch auszuprobi­eren. Wenn darum gebeten wird, seinen Bildschirm zu teilen oder sich stummzusch­alten, macht es einen guten Eindruck, nicht lange suchen zu müssen.

2 Licht und Ton wie ein Profi Der wohl größte Unterschie­d zum normalen Bewerbungs­gespräch entsteht durch weniger Kommunikat­ionskanäle, erklärt Nicole Krieger, Leiterin der Moderatore­nschule Baden-Württember­g. Man sieht nur den Oberkörper, das Bild ist zweidimens­ional. „Deswegen muss man noch überzeugen­der sein mit dem, was man sieht und hört.“Dafür sind Licht und Ton entscheide­nd, so die TV-Moderatori­n. Am besten sei natürliche­s Tageslicht von vorne, also wenn man mit dem Gesicht zum Fenster schaue. Der Ton sollte ebenfalls getestet werden. Klingt die Stimme blechern, empfiehlt Krieger ein externes Mikrofon oder Kopfhörer mit eingebaute­m Mikrofon. Außerdem könne man selbst den Klang seiner Stimme beeinfluss­en, ergänzt Andrea Ballschuh, Expertin für Ka

und Präsenztra­ining. „Kurz vor Gesprächsb­eginn macht man ein „Mmh“-Geräusch, als würde man an etwas Leckeres denken.“Das helfe, in die natürliche Stimmlage zu finden.

3 Wohlfühlen und gut aussehen Für die Kleidung gelten die gleichen Regeln wie für ein Bewerbungs­gespräch im Unternehme­n. „Es geht allerdings nicht jedes Outfit vor der Kamera“, sagt Nicole Krieger. Kleine Muster können ein Flimmern erzeugen, weshalb sie von Hemden mit feinem Karo abrät. Ansonsten zählt das Körpergefü­hl, sagt Bernd Slaghuis. „Manche brauchen den kompletten Anzug mit Krawatte und Anzugschuh­en, andere fühlen sich wohler, wenn Sie unter dem Tisch Kuschelsoc­ken für das Gemerasprä­ch anlassen.“Unverzicht­bar ist auch ein aufgeräumt­er Hintergrun­d. Zum einen lenkt alles, was man zusätzlich im Bild sieht, ab. Zum anderen überlegen Personaler, ob das Gesagte mit dem Hintergrun­d zusammenpa­sst, sagt Ballschuh. Profession­ell wirken eine schlichte Wand mit Bild oder frische Blumen.

4 Blickkonta­kt Der Blickkonta­kt per Video ist gar nicht so einfach: Denn schaut man sein Gegenüber auf dem Bildschirm an, geht der Blick nicht mehr in die Kamera und damit zum Gesprächsp­artner, erklärt Andrea Ballschuh. Gerade wenn man selbst spricht, sollte man sich zwingen, den Blick direkt in die Kamera zu richten. Das ist anfangs ungewohnt, hinterläss­t aber Eindruck. Damit man es nicht vergesse, könne man sich einen Aufkleber neben die Linse oder ein Foto dahinter kleben. Auch die eigene Position ist relevant: Das Videogespr­äch sollte nicht mit Tablet oder Smartphone in der Hand oder auf dem Tisch geführt werden. Stattdesse­n rät Ballschuh, die Computerka­mera auf Augenhöhe auszuricht­en oder das Smartphone im Stativ aufzustell­en. 5 Haltung zeigen, Fragen stellen Eine aufrechte Haltung kommt gut an. Wer sitzt, sollte sich laut Krieger auf den vorderen Teil des Stuhls setzen, die Füße auf den Boden stellen und sich nicht zurücklehn­en, sondern leicht zur Kamera beugen. Ballschuh dreht ihre Videos zu Hause am liebsten im Stehen und barfuß. Das gibt ihr einen festen Stand. Außerdem gestikulie­re man im Stehen natürliche­r. Am besten denkt man gar nicht darüber nach, was man mit den Händen macht, sagt Ballschuh. „Die Hände unterstütz­en die Worte automatisc­h.“Wichtig ist auch die innere Haltung, sagt Slaghuis. „Das Fachwissen wurde schon im Lebenslauf überprüft, im Bewerbungs­gespräch will man den Menschen als potenziell­en Kollegen kennenlern­en.“Wer nervös ist, weil es die erste Video-Bewerbung ist, könne das zu Beginn ansprechen. Auch zu Covid-19 dürfen Bewerber Fragen stellen. Schließlic­h ist es wichtig einzuschät­zen, wie zukunftsfä­hig die Firma ist. Die Frage „Wie kann ich mich unter den Corona-Umständen gut ins Team integriere­n?“signalisie­rt Offenheit für neue Herausford­erungen.

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Foto: Christin Klose, dpa Wer ein Bewerbungs­gespräch via Video führt, sollte das Smartphone auf einem Stativ befestigen – und es nicht einfach in der Hand halten.

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