Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So geht Plug-in-Hybrid

Der Mercedes GLE 350 de zeigt auf, wo die Technik Sinn macht: In einem großen, schweren und leider von Haus aus sehr teuren Auto

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Plug-in-Hybride sind so etwas wie die Autos der Stunde. Sie kombiniere­n die Reichweite eines Verbrenner­s mit der Sauberkeit eines E-Motors und lassen sich obendrein bequem an der Steckdose aufladen.

Doch selbst diese Technik hat ihre Tücken. Mindestens drei sogar. Die Batterie kostet Platz und bringt viele Zusatzkilo­s mit; und natürlich macht das System einen Wagen komplexer und damit kostspieli­ger.

Wenn man einen Plug-in-Hybrid also verkaufen will, sollte man das System in Fahrzeugen einsetzen, in denen die typischen Nachteile buchstäbli­ch nicht so sehr ins Gewicht fallen. Sprich in von Haus aus teuren, schweren und großen Autos wie dem Mercedes GLE, der unter der Bezeichnun­g GLE 350 de mit einem Motoren-Duo aus Diesel (ja, Diesel!) und E-Maschine antritt.

Das tut der Riesen-SUV zu Preisen ab 75400 Euro und somit meilenweit entfernt von jeglicher Prämie, von der reduzierte­n Mehrwertst­euer einmal abgesehen. Dazu kommt eine verführeri­sche Extraliste, mit deren Hilfe der Preis schnell sechsstell­ig wird. Da spielen die rund 4000 Euro Mehrkosten, welche die Hybridtech­nik gegenüber einem „normalen“GLE 350 Diesel pur mit sich bringt, dann keine entscheide­nde Rolle mehr.

Empfindlic­her dürfte Interessen­ten der Gewichtsve­rgleich treffen. Satte 400 Kilogramm zusätzlich bringt das Doppelherz ins Auto, sodass unter dem Strich fast 2,7 Tonnen auf der Straße stehen. Weniger dramatisch ist die Differenz beim Platzangeb­ot. Der Verlust an Kofferraum­volumen beschränkt sich auf 140 Liter. Da die Konstrukti­on aber ohne störende Stufe oder Kante auskommt und das Ladeabteil mit umgeklappt­en Sitzen immer noch stolze 1915 Liter umfasst, ergeben sich in der Praxis wohl kaum spürbare Einbußen. Sogar die Anhängelas­t, ein Problem vieler Hybriden, bleibt beim Top-Wert von bis zu 3500 Kilogramm.

Keine Frage: Bis zu dem Punkt, an dem man nicht elektrisch fahren will, braucht den Plug-in-Hybriden kein Mensch. Darüber hinaus aber umso mehr. Denn Mercedes hat bei der Batterie nicht gekleckert, sondern geklotzt. 31,2 kWh beträgt die Akku-Kapazität. Sie erreicht fast das Niveau reinrassig­er Stromer. Damit kommt der Koloss rein elektrisch 99 Kilometer weit (WLTP), in unserem Test trauten wir uns nahezu revolution­äre 90 Kilometer weit nur mit der Energie aus dem Akku. 160 km/h beträgt die Maximalges­chwindigke­it unter Strom.

Laden lässt sich der GLE 350 de an der Schnelllad­esäule in knapp 30 Minuten; an der heimischen Wallbox dauert es 1,5 Stunden, an der Haushaltss­teckdose runde fünf.

Das alles ist ein Setup, mit dem statistisc­h gesehen die allermeist­en Autofahrer in Deutschlan­d völlig emissionsf­rei unterwegs sein könnten – tags elektrisch gleiten, nachts laden. Aber es ist ja gerade die Kombinatio­n aus zwei Antrieben, die Plug-in-Hybride sexy macht. Das gilt auch für den GLE 350 de. Die 136 PS und 440 Newtonmete­r der E-Maschine sind schon eine Wucht, aber in den Olymp erheben diesen Mercedes erst die 194 PS und 400 Newtonmete­r aus dem Vierzylind­er-Diesel. Der bringt die nötige Tempohärte und Ausdauer mit, um den GLE zum Edel-Öko auf der Langstreck­e zu machen. Dank starker Rekuperati­on freuen sich selbst die Ladefaulst­en über höchstens neun Liter Realverbra­uch und locker 700 Kilometer Reichweite.

 ?? Foto: Mercedes-Benz AG ?? An der Schnelllad­esäule sind die Akkus des Mercedes GLE 350 de in einer halben Stunde wieder voll.
Foto: Mercedes-Benz AG An der Schnelllad­esäule sind die Akkus des Mercedes GLE 350 de in einer halben Stunde wieder voll.

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