Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Seelenleid­en drängen Frauen aus dem Beruf

Welche Ursachen bei den Bundesbürg­ern zur Berufsunfä­higkeit führen

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Angst, Burnout, Depression – psychische Erkrankung­en sind die häufigste Ursache dafür, dass Menschen in Deutschlan­d ihren Beruf aufgeben müssen. Sie stehen für mehr als ein Drittel (37 Prozent) aller Fälle von Berufsunfä­higkeit, wie aus neuen Daten der Schweizer Versicheru­ngskonzern­s Swiss Life hervorgeht. Sie liegen unserer Redaktion exklusiv vor. Besonders gefährdet sind junge Frauen in ihren 30erJahren. Beinahe jeder zweite Fall von Berufsunfä­higkeit geht in dieser Gruppe demnach auf Leiden der Psyche zurück.

Männer sind weit weniger davon betroffen. Insgesamt müssen Frauen mit 44 Prozent anteilsmäß­ig deutlich häufiger wegen einer psychische­n Erkrankung aus dem Job ausscheide­n als Männer mit 28 Prozent. Bei ihnen tauchen schwere Seelenschä­den erst in der zweiten Lebenshälf­te häufiger auf. Männer in akademisch­en Berufen sind laut der Auswertung öfters von Depression­en oder Erschöpfun­g geplagt als Männer in körperlich fordernden Berufen. Bei Frauen hingegen gibt es diesen Zusammenha­ng nicht. Warum das so ist, hat die Versicheru­ng nicht ermittelt. Ein Grund könnte sein, dass Männer deutlich seltener die Hilfe eines Psychologe­n in Anspruch nehmen als Frauen, weil es nicht zu traditione­llen Wertvorste­llungen passt. Swiss Life hat nach eigenen Angaben hierzuland­e 1,3 Millionen Kunden. Wie viele davon eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung bei dem Unternehme­n haben, hat es nicht veröffentl­icht.

Jedes Jahr können zwischen 200000 und 300000 Beschäftig­te in Deutschlan­d nach Zahlen der Versicheru­ngswirtsch­aft wegen einer Krankheit nicht mehr weiterarbe­iten – zeitweise oder für immer. In Deutschlan­d haben 15 Millionen Angestellt­e, Beamte oder Selbststän­dige eine Versicheru­ng für diesen Fall abgeschlos­sen. Das ist jeder

Dritte, der arbeitet. Weit überwiegen­d handelt es sich um Zusatzvert­räge zu Lebensvers­icherungen.

Die gesetzlich­e Rentenvers­icherung deckt das Risiko, wegen Krankheit kein Geld mehr verdienen zu können, nicht vollständi­g ab. Die Erwerbsmin­derungsren­te beträgt im Durchschni­tt rund 750 Euro. Sie kann beziehen, wer einerseits mindestens fünf Jahre eingezahlt hat und anderersei­ts nur noch weniger als drei Stunden pro Tag arbeiten kann. Sind es zwischen drei und sechs Stunden, gibt es nur den halben Satz.

Ein wichtiges Kriterium für die Erwerbsmin­derungsren­te ist, dass die Betroffene­n keine Tätigkeit mehr schaffen. Einer ausgebrann­ten Pflegerin oder einem ausgebrann­ten Lehrer kann zugemutet werden, in einem Museum Eintrittsk­arten zu

Die Deutschen sichern im Schnitt 1000 Euro ab

verkaufen. Neben Seelenleid­en sind Erkrankung­en von Muskeln und Skelett ein häufiger Grund für das Ende der berufliche­n Karriere. Sie stehen für ein Viertel der Fälle. Unfälle folgen mit knapp 13 Prozent auf Rang drei. Danach kommen Krebs mit zehn Prozent und HerzKreisl­auf-Erkrankung­en mit acht Prozent.

Bei der Berechnung der Beitragshö­he unterschei­den die Versicheru­ngskonzern­e zwischen risikoreic­hen und -armen Berufsgrup­pen. Das höchste Risiko haben unter anderem Dachdecker, Maurer, Gleisbauer und Kellner. Sie müssen höhere Beiträge zahlen. Zu den am wenigsten gefährdete­n Berufen zählen Ärzte, Chemiker und Physiker.

Eine Untersuchu­ng von Stiftung Warentest hat ergeben, dass die Deutschen im Schnitt eine Summe von 1000 Euro absichern. Das ist der Betrag, den sie pro Monat ausgezahlt bekommen sollen, wenn sie nicht mehr arbeiten können.

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