Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Schluss mit lustig
Irgendwie hat man das Gefühl, die Zeit ist im letzten halben Jahr geflogen. Nix ist jedenfalls mehr, wie es einmal war. Nur vage erinnert man sich beispielsweise noch an die Ära der sogenannten Spaßgesellschaft.
Die kam in den 1990er Jahren auf, als wortgewandte Feuilletonisten den Begriff erfanden, weil im Strudel der Geldschwemme des neuen Marktes plötzlich jeder meinte, das Leben würde nur mehr aus Feiern bestehen. „Ich geb’ Gas, ich will Spaß“sang ein Schlagersänger und traf den Nerv der Gesellschaft.
Auch auf die bayerische Festkultur färbte die Spaßgesellschaft bald ab, das Unterhaltungsangebot wurde fast inflationär. Jedes Kaff veranstaltete zusätzliche Dorffeste, dazu kamen gefühlt Millionen Sommer-, See-, Straßen-, Waldund Wiesenfeste.
Fast drei Jahrzehnte wurde im Sommer nonstop gefeiert. Hedonismus war in, Nachhaltigkeit out. Konsumieren, essen, saufen, was das Zeug hält – und zur Beruhigung des schlechten Gewissens wurde die Party garniert mit lauer Kultur.
Und ja, übrig geblieben ist davon so gut wie nichts. Binnen weniger Monate ist die Spaßgesellschaft implodiert. Wie eine biblische Plage ist ein Virus über sie gekommen und hat sie ausgelöscht. Statt des Getöses der Volksfeste und des Knatterns der umweltfeindlichen Feuerwerke knattert nur mehr einsam die bayerische Flagge am Mast in Nachbars Garten.
Es ist wieder dunkler und stiller geworden in den Nächten. Kein Dschingdarassabum bis in die Morgenstunden, kein Uffta, Uffta aus Monsterlautsprecherboxen. Ja, es soll sogar schon wieder Menschen geben, die inzwischen nachts schlafen. Vielleicht wird aus der Spaß- ja die Schlafgesellschaft. Es gibt Leute, die behaupten, es würde vielen guttun.