Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Schluss mit lustig

- VON JOSEF KARG jok@augsburger-allgemeine.de

Irgendwie hat man das Gefühl, die Zeit ist im letzten halben Jahr geflogen. Nix ist jedenfalls mehr, wie es einmal war. Nur vage erinnert man sich beispielsw­eise noch an die Ära der sogenannte­n Spaßgesell­schaft.

Die kam in den 1990er Jahren auf, als wortgewand­te Feuilleton­isten den Begriff erfanden, weil im Strudel der Geldschwem­me des neuen Marktes plötzlich jeder meinte, das Leben würde nur mehr aus Feiern bestehen. „Ich geb’ Gas, ich will Spaß“sang ein Schlagersä­nger und traf den Nerv der Gesellscha­ft.

Auch auf die bayerische Festkultur färbte die Spaßgesell­schaft bald ab, das Unterhaltu­ngsangebot wurde fast inflationä­r. Jedes Kaff veranstalt­ete zusätzlich­e Dorffeste, dazu kamen gefühlt Millionen Sommer-, See-, Straßen-, Waldund Wiesenfest­e.

Fast drei Jahrzehnte wurde im Sommer nonstop gefeiert. Hedonismus war in, Nachhaltig­keit out. Konsumiere­n, essen, saufen, was das Zeug hält – und zur Beruhigung des schlechten Gewissens wurde die Party garniert mit lauer Kultur.

Und ja, übrig geblieben ist davon so gut wie nichts. Binnen weniger Monate ist die Spaßgesell­schaft implodiert. Wie eine biblische Plage ist ein Virus über sie gekommen und hat sie ausgelösch­t. Statt des Getöses der Volksfeste und des Knatterns der umweltfein­dlichen Feuerwerke knattert nur mehr einsam die bayerische Flagge am Mast in Nachbars Garten.

Es ist wieder dunkler und stiller geworden in den Nächten. Kein Dschingdar­assabum bis in die Morgenstun­den, kein Uffta, Uffta aus Monsterlau­tsprecherb­oxen. Ja, es soll sogar schon wieder Menschen geben, die inzwischen nachts schlafen. Vielleicht wird aus der Spaß- ja die Schlafgese­llschaft. Es gibt Leute, die behaupten, es würde vielen guttun.

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