Augsburger Allgemeine (Land Nord)
So tickt ein Museum heute
Medien-Strategie der Uffizien in der Kritik
Florenz/Rom Verfremdete Kunstdarstellungen auf TikTok und eine Influencerin als moderne Venus auf Instagram: Uffizien-Direktor Eike Schmidt hat die Social-Media-Strategie der weltberühmten Florenzer Kunstsammlung gegen Kritiker verteidigt. Damit wolle man die jüngeren Generationen für die Sammlungen begeistern, sagte der 52-jährige deutsche Kunsthistoriker in einem Interview der römischen Zeitung La Repubblica. „Wir haben eine demokratische Auffassung des Museums: Unsere Sammlungen gehören allen, nicht nur einer selbst ernannten kulturellen Elite, aber vor allem den jungen Generationen“, sagte Schmidt, der die Uffizien seit 2015 leitet.
Kürzlich hatten die Uffizien ein Foto der Unternehmerin und Influencerin Chiara Ferragni auf Instagram gepostet, auf dem sie in ausgefransten Shorts und bauchfreiem Top vor dem Bild „Die Geburt der Venus“des Renaissance-Malers Sandro Botticelli (1445–1510) posiert. Im Begleittext wird Ferragni als „eine Art zeitgenössische Gottheit der Social-Ära“mit der mutmaßlichen Botticelli-Muse Simonetta Vespucci verglichen, die damalige „weibliche Ideal der Frau mit blonden Haaren und zarter Haut“verkörperte. Der Post bekam mehr als 33000 Likes, es gab aber auch Kritik. Schmidt beklagte „eine Lawine sexistischer Kommentare gegen eine Self-Made-Frau“.
Auf TikTok hatten die Uffizien in jüngster Zeit unter anderem mit einer verspielten Darstellung der „Medusa“von Caravaggio mit coronagemäßem Mund-Nase-Schutz von sich reden gemacht. „Wir waren unter den ersten Museen, die auf TikTok gegangen sind“, sagte Schmidt der Zeitung. „Es bewegt mich, Briefe von Eltern zu bekommen, die mir erzählen, wie ihre Kinder sie darum gebeten haben, die Uffizien zu besuchen, nachdem sie die TikTok-Videos gesehen haben“, fügte er hinzu. Der aus Freiburg stammende Eike Schmidt ist der erste ausländische Direktor in der fast fünfhundertjährigen Geschichte des Florenzer Kunsttempels.