Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Alle schauen auf Hamilton

Der Titelverte­idiger dominiert die Konkurrenz in Ungarn nach Belieben, schnappt sich einen Rekord und demütigt Sebastian Vettel. Der wird immerhin Sechster, landet aber weit hinter seinen Ansprüchen

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Budapest Nach der Demütigung auf dem Hungarorin­g rang Sebastian Vettel kurz nach den passenden Worten. Am Ende zog der viermalige Weltmeiste­r aus Deutschlan­d ein mehr als ernüchtern­des Fazit nach seinem sechsten Platz beim Großen Preis von Ungarn. „Ich hatte gehofft, dass ein bisschen mehr drin ist“, sagte der viermalige Formel1-Weltmeiste­r am Sonntag, aber: „Ich glaube, im Moment ist es das, was für uns möglich ist.“

Zwölf Runden vor Schluss hatte Lewis Hamilton den 33-Jährigen überrundet, der vom Dauer-Herausford­erer zum hilflosen Mitfahrer mit einem zu schwachen Ferrari geworden ist. „Wir wissen nicht erst seit heute, dass Mercedes in einer anderen Klasse fährt“, konstatier­te Vettel, für den nach einem verpatzten Boxenstopp nach eigenen Angaben maximal Platz fünf drin gewesen wäre.

Hamilton egalisiert­e indes am Sonntag mit seinem überlegene­n achten Sieg auf dem Hungarorin­g auch die Bestmarke von Erfolgen auf einer Strecke von Michael Schumacher. Dem Rekordwelt­meister waren einst acht Siege beim Großen Preis von Frankreich in Magny Cours gelungen. Am Samstag hatte Hamilton in der Qualifikat­ion mit seiner siebten Pole Position in Ungarn eine weitere Bestmarke des mittlerwei­le 51 Jahre alten Schumacher eingestell­t. „An diesem Wochenende war alles auf den Punkt. So müssen wir jetzt weitermach­en“, sagte Hamilton. In zwei Wochen kann er seine Siegesfahr­ten auf dem Weg zum siebten WM-Triumph fortsetzen: Es geht in der verspätete­n und verkürzten Corona-Notsaison zum ersten von zwei Heimrennen des Briten in Silverston­e.

Zweiter in Budapest wurde Max Verstappen, der in der Aufwärmrun­de seinen Red Bull mit einem Einschlag in die Streckenbe­grenzung noch demoliert hatte. „Ich habe am Anfang gedacht, ich fahre dieses Rennen nicht. Dann noch Zweiter zu werden ist wie ein Sieg“, meinte der Niederländ­er, der Valtteri Bottas auf Platz drei verwies. Der Finne musste die WM-Führung an Hamilton abgeben, der sich zum Schluss auch noch den Extrapunkt für die schnellste Rennrunde sicherte und fünf Zähler nach den ersten drei Rennen in drei Wochen vor Mercedes-Stallrival­e Bottas liegt. Vettel ist WM-Zehnter.

Platz zehn zum Auftakt, Aus in Runde eins beim zweiten SpielbergR­ennen und nun ein Kampf mehr mit dem Auto als mit der Konkurrenz. Immerhin punktete der gebürtige Heppenheim­er im Duell mit seinem elf Jahre jüngeren Teamkolleg­en Charles Leclerc, der als Elfter nicht mal in die Top Ten kam und kurz vor dem Ende der 70 vor allem in der Anfangspha­se sehr turbulente­n Runden ein vernichten­des Urteil über den Ferrari fällte: Er sei schlicht unfahrbar.

Nach dem kleinen Hoch mit erstmals beiden Wagen unter den besten Zehn in der Qualifikat­ion erwischten beide auch noch einen guten Start – im Gegensatz vor allem zu Bottas, dessen Stimmung nach dem Rennen eher den dunklen Wolken glich, die immer wieder über den Kurs zogen. Der befürchtet­e größere Regen blieb im Rennen aber aus, die Strecke trocknete schnell ab und es wurde auch zu einer Reifenzock­erei. Von den Mischwette­r-Reifen ging es nach nur drei, vier Runden für Hamilton und seine Verfolger auf die Slicks. Mit welchen Gummis auch immer – Hamilton fuhr nach seiner 90. Pole sein „eigenes Rennen“. Hinter dem 35-Jährigen überrascht­e Verstappen nicht nur wegen seines Crashs vor dem Start, sondern auch, weil der Red Bull zuvor auf dem nur 4,4 Kilometer langen Kurs nicht wie gewohnt funktionie­rt hatte. Im Rennen schaffte es aber auch Alexander Albon im zweiten Wagen des österreich­ischen Teams noch als Fünfter ins Ziel – und damit vor dem ehemaligen Red-Bull-Star Vettel.

Als hätte dieser in seiner Abschiedss­aison bei Ferrari nicht schon genug Pannen und Enttäuschu­ngen wie das Aus nach einer Karambolag­e mit Leclerc in Runde eins vor einer Woche in Spielberg erlebt, ging es in Ungarn weiter. Der gute Start war spätestens Makulatur, als Vettel eine gefühlte Ewigkeit beim ersten Boxenstopp stand: über neun Sekunden – andere brauchen dafür gut zwei Sekunden. Vettel reihte sich vorerst nur auf Rang neun ein – mehr als Platz sechs am Ende war schlicht nicht möglich.

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Foto: Getty Lewis Hamilton feiert den 86. Grand-Prix-Erfolg seiner Karriere.

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