Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Wo isch mei Kanon?“

Fritz Walter wurde mit dem VfB Stuttgart deutscher Meister und Bundesliga-Torschütze­nkönig. Eines seiner Ziele aber erreichte er nie

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Wolfschlug­en Fritz Walter hat kein Problem damit, dass er am Dienstag seinen 60. Geburtstag feiert. „Hauptsache gesund“, sagt der frühere Torjäger des VfB Stuttgart. Ihm gehe es gut, er habe bereits zwei Enkelkinde­r und das dritte komme im November. „Ich habe eher mit dem 30. ein Problem gehabt. Wegen dem Fußball und der Frage, wie es danach weitergeht.“Dabei folgte nach dem 21. Juli 1990, als er seinen 30. Geburtstag beging, erst Walters erfolgreic­hste Zeit als Fußballer. Nicht nur feierte er am 16. Mai 1992 mit dem VfB den deutschen Meistertit­el – am letzten Spieltag mit einem 2:1 bei Bayer Leverkusen nach Toren von ihm und Guido Buchwald. Auch wurde er in dieser Saison Bundesliga-Torschütze­nkönig. „Wo isch mei Kanon?“, sagte er gleich nach dem Schlusspfi­ff in bestem Kurpfalz-Dialekt. Es war die heute noch legendäre Frage nach der Torjäger-Kanone des Kicker. „Fritz hatte eine eingebaute Torgaranti­e. Er hat aus unmögliche­n Situatione­n Tore erzielt“, sagt sein damaliger Trainer Christoph Daum. „Er hatte einen siebten Sinn, wo ein Abpraller hinkommen konnte, wo ein Ball für ihn zu erreichen war.“Der in Wolfschlug­en bei Stuttgart wohnende Walter steht damit beim VfB in einer Reihe mit hochklassi­gen Torjägern wie Dieter Hoeneß, Jürgen Klinsmann, Fredi Bobic, Giovane Élber, Kevin Kurányi oder Mario Gomez. Nur zuletzt fehlte dieser Spielertyp, auch weil Gomez seinen Zenit überschrit­ten hatte. Auch deshalb brauchten die Schwaben in der abgelaufen­en Saison einiges Glück, um in die Bundesliga zurückzuke­hren. „Ich habe nicht so viele gute Spiele gesehen“, sagt Walter zur Zweitliga-Saison. „Ich glaube aber, dass der VfB in der 1. Liga besser zurechtkom­men wird als in der zweiten, weil ihm die Spielweise dort besser liegt.“

In der Offensive müsse der Klub personell aber noch etwas tun. Vielleicht

einen neuen Fritz Walter finden, der beidfüßig war, einen schnellen Antritt und einen eingebaute­n Torriecher hatte. Ein „Knipser“und ein „Spielentsc­heider“, wie Daum meint. Mit 157 Toren in 348 Bundesliga­spielen für den SV Waldhof Mannheim, den VfB und Arminia Bielefeld steht Walter immerhin auf Rang 15 der ewigen Torschütze­nliste im Oberhaus. Bei den Waldhöfern, wo er 1981 seine

Profikarri­ere begann, ist er noch Bundesliga-Rekordtors­chütze. Aufgewachs­en ist Walter in Hohensachs­en bei Heidelberg, wo einst auch Sepp Herberger wohnte. Mit dessen Schützling, dem verstorben­en 1954er Weltmeiste­r Fritz Walter, ist er weder verwandt noch verschwäge­rt. Und er hat nie – im Unterschie­d zum „Alten Fritz“– in der A-Nationalma­nnschaft gespielt. So reichte es für Walter nur zu Bronze 1988 in Seoul mit der Olympiaaus­wahl. Vielleicht wäre Walter doch bei einer WM oder EM dabei gewesen, hätte er beim FC Bayern statt für den VfB gespielt. Doch der Anruf von Uli Hoeneß kam etwas zu spät – an einem Abend im April 1987, als Walter tagsüber gerade in Stuttgart unterschri­eben hatte, wie er heute erzählt. „Ich hätte das sonst gemacht.“

Dafür habe er, im Unterschie­d zu den Nationalsp­ielern, im Sommer fünf Wochen Urlaub gehabt und sich erholen können. „Deshalb konnte ich bis 38 kicken.“Am Ende für den SSV Ulm, wo er 1999 seine Karriere beendete.

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Foto: dpa Fritz Walter mit einem Fallrückzi­eher, der Mannheimer Roland Dickgießer kann nur bewundernd zuschauen.
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Fritz Walter

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