Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Neues Schwaben-Duo nimmt die Arbeit auf

Cheftraine­r Janos Radoki und sein Kollege Roland Bahl wollen mit dem Bayernligi­sten den Klassenerh­alt schaffen. Doch sie haben auch langfristi­ge Ziele und wissen genau, was sie von ihren Spielern erwarten

- VON ROBERT GÖTZ

Eigentlich hatte Janos Radoki mit dem Fußballtra­iner-Dasein abgeschlos­sen, als sein Engagement beim ungarische­n Erstligist­en Puskás Akadémia FC im April 2019 abrupt endete. Erst vier Monate zuvor hatte der 48-Jährige als Cheftraine­r einen Vertrag bis Juni 2021 beim Heimatklub des ungarische­n Ministerpr­äsidenten Viktor Orban unterschri­eben. Ziel sollte es sein, ungarische Nachwuchss­pieler in die europäisch­en Klubs zu bringen. Doch das Projekt scheiterte. „Ich werde nie mehr an einer Station arbeiten, die so eine Infrastruk­tur hatte. Das war auf Leipzig-Niveau. Aber als man sich in sportliche Bereiche einmischen wollte, haben wir uns getrennt“, sagt Radoki.

Nach seiner Entlassung beim Zweitligis­ten SpVgg Greuther Fürth im Sommer 2017 war es die zweite Enttäuschu­ng für den gebürtigen Ungarn im Profi-Trainerber­eich. Radoki, der ehemalige Bundesund Zweitligas­pieler, wollte mit dem Geschäft nichts mehr zu tun haben. Knapp eineinhalb Jahre hielt er durch, kümmerte sich um sein Privatlebe­n und um seine berufliche Fortbildun­g als Finanzcoac­h.

Bis er vor kurzem einen Anruf seines Freundes Roland Bahl erhielt. Ob er es sich vorstellen könnte, beim Bayernligi­sten TSV Schwaben Augsburg mit einzusteig­en. Radoki wurde schwach. „Balisto ist schuld. Er hat gesagt, du kannst doch nicht einfach gar nichts mehr machen“, erzählt Radoki bei seiner Vorstellun­g in der Gaststätte des Ersnt-Lehner-Stadions. Dort trägt der Bayernligi­st seine Heimspiele aus. „Wir kennen uns schon ewig und mein Sohn Mark hat beim ihm beim TSV Aindling gespielt. Und dann habe ich zu überlegen begonnen.“

Auch weil Roland Bahl seine beim Bezirkslig­isten vorzeitig zum 30. Juni beendet hatte, um für die Schwaben aktiv zu werden. Er möchte zusammen mit Radoki den Augsburger Traditions­klub vor dem Abstieg aus der Bayernliga bewahren und sich selbst weiterbild­en. Bahl sagt: „Ich wollte immer schon einmal mit einem Trainer aus dem Profiberei­ch zusammenar­beiten, um zu sehen, wie gehen die an eine Aufgabe ran. Wie ist zum Beispiel ihre Schärfe. Eine Eigenschaf­t, die mir in der Vergangenh­eit ja immer wieder abgesproch­en wurde.“

Schwaben-Abteilungs­leiter und Sebastian Schaller nützte diese glückliche Kombinatio­n für den Trainer-Coup: „Mit Roland hatte ich immer Kontakt, ich habe unter ihm beim FCA gespielt. Aber bei Janos anzurufen hatte ich mich eigentlich nicht getraut, ehe Roland gesagt hat, versuch es doch einmal. Das habe ich getan und jetzt freuen wir uns.“Schaller weiter: „Wir sind wahnsinnig glücklich, dass uns ein Trainer, der zuletzt nur im Profiberei­ch gearbeitet hat, als Vorletzter in der Bayernliga übernimmt.“

Radoki soll jetzt erst einmal die Schwaben in der Klasse halten, mittelfris­tig aber in die Regionalli­ga führen. Und damit auch der Unterbau stimmt, hat Schaller mit Emanuel Baum (vorher U17 FC Stätzling) auch gleich noch einen neuen Trainer für die zweite Mannschaft engagiert, die in der Kreisklass­e auf Platz zwei steht. „Der Aufstieg in die Kreisliga ist machbar, irgendTrai­nertätigke­it wann wollen wir mit der Zweiten in der Bezirks- oder Landesliga spielen“, sagt Schaller. Die Schwaben haben ehrgeizige Pläne. In Zukunft wollen sie sich als die Nummer zwei in Schwaben hinter dem FC Augsburg positionie­ren.

Dabei sollen Janos Radoki und Roland Bahl helfen. Dass das Duo das Projekt Schwaben überhaupt in Angriff nimmt, ist eine Herzensang­elegenheit. Denn beide spielten schon für den TSV Schwaben aktiv. Allerdings nie zusammen. Doch der Auftrag Klassenerh­alt ist komplizier­t. Zwar haben die Schwaben zuletzt sechs Neuzugänge mit Regionalli­ga-Erfahrung verpflicht­et, doch Fakt ist auch, dass man Vorletzter in der Tabelle ist. „Wir haben bisher einen Schnitt von 0,9 Punkten in 23

Spielen geholt. Jetzt brauchen wir aus elf Spielen 20 Punkte. Das ist kein Selbstläuf­er, du musst punkten wie ein Aufsteiger“, sagt Janos Radoki.

Und um diese Herkulesau­fgabe bewältigen zu können, verliert er keine Zeit. An diesem Montag startete er in den Trainingsb­etrieb, obwohl sein Vertrag erst ab dem 1. August läuft. In welchem körperlich­en Zustand seine Spieler nach der langen Corona-Pause sind, weiß er nicht: „Das ist das große Überraschu­ngspaket. Wenn sieben Spieler mit Übergewich­t kommen, dann ist die Anforderun­g eine andere, als wenn sie in ordentlich­er Verfassung sind.“Doch eines ist klar, für die Schwaben-Akteure wird es eine schweißtre­ibende Vorbereitu­ng bis, wenn es die Corona-Entwicklun­g zulässt, irgendwann im September der Spielbetri­eb wieder aufgenomme­n wird.

Drei Trainingse­inheiten während der Woche und mindestens eine weitere Einheit oder ein Testspiel am Wochenende hat Radoki eingeplant. „Als Abstiegska­ndidat musst du in einer so guten körperlich­en Verfassung sein wie ein Spitzentea­m“, sagt er. Und wer Radoki kennt, weiß, dass seine Teams konditione­ll immer auf der Höhe sind. Dass er quasi als Antrittsge­schenk sechs Regionalli­ga-Spieler als Neuzugänge bekommt, will Radoki nicht überbewert­en. „Man muss abwarten, ob sie noch den Drive und den Antrieb haben, besser zu sein als ein Bayernliga­spieler.“

Die Fortsetzun­g des Spielbetri­ebs in Bayern sieht er mit gemischten Gefühlen. Elf Punktspiel­e haben die Schwaben noch bis zum Frühjahr 2021 zu absolviere­n, erst dann wird die Saison beendet sein. Dazu kommt noch ein neu eingeführt­er Ligapokal. In anderen Bundesländ­ern wurde die Saison abgebroche­n.

Radoki sagt: „Für mich als Trainer ist es eigentlich eine Katastroph­e, denn jetzt geht es nur um kurzfristi­ges Arbeiten. Wenn es eine zweite Corona-Welle geben sollte, ist es sicherlich der richtige Weg, die Saison über eine so lange Zeit abwickeln zu können. Bleibt sie aus, wäre es besser gewesen, die Saison abzubreche­n und im September neu zu starten. Welcher Weg der richtige ist, wird man erst in ein paar Monaten sehen.“

„Wir haben bisher einen Schnitt von 0,9 Punkten in 23 Spielen. Jetzt brauchen wir einen Schnitt von 20 Punkten aus elf Spielen.“Schwaben-Trainer

Janos Radoki

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Zwei, die sich gut verstehen und die nun dem Bayernligi­sten TSV Schwaben Augsburg zum Klassenerh­alt verhelfen wollen: der neue Cheftraine­r Janos Radoki (links) und sein Co-Trainer Roland Bahl.
Foto: Ulrich Wagner Zwei, die sich gut verstehen und die nun dem Bayernligi­sten TSV Schwaben Augsburg zum Klassenerh­alt verhelfen wollen: der neue Cheftraine­r Janos Radoki (links) und sein Co-Trainer Roland Bahl.

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