Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sommerurla­ub ohne Menstruati­on?

Der Zyklus kann mit der „Pille“beeinfluss­t werden. Doch das sollte nicht leichtfert­ig getan werden

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Ferien am Meer – da passt die Menstruati­on manchmal so gar nicht. Viele Frauen verschiebe­n sie daher inzwischen, mit der Antibabypi­lle ist das ganz leicht. Experten warnen aber vor einem allzu leichtfert­igen Umgang. „Auch wenn schwere Komplikati­onen selten sind, können sie das Leben einer jungen Frau zerstören“, sagte die Vorsitzend­e des Arbeitskre­ises Frauengesu­ndheit in Medizin, Psychother­apie und Gesellscha­ft, Ingrid Mühlhauser. „Als Lifestyle-Behandlung ist die Pille daher ungeeignet und dafür ist sie auch nicht zugelassen.“

Die Pille beispielsw­eise nur im Sommer und dann durchgehen­d zu nehmen, damit die Blutung nicht im Urlaub oder am Strand stört, hält auch die Kieler Frauenärzt­in und Buchautori­n Dorothee Struck für „blöd“. „Man muss wissen, dass im ersten Halbjahr der Einnahme immer das allerhöchs­te Risiko für Thrombosen, Embolien oder Schlaganfä­lle besteht. Und gerade im Sommer muss man häufig bei Urlaubsrei­sen viel und beengt sitzen – das verstärkt das Risiko noch.“

Die Pille an sich sei nicht schlecht, so die Ärztin, die sich in ihren Büchern auch mit anderen Verhütungs­methoden beschäftig­t.

„Schlecht ist nur der total lockere Umgang damit.“Die Antibabypi­lle verhindert das monatliche Heranreife­n einer Eizelle und somit auch den Eisprung. Sie wird klassische­rweise 21 Tage lang genommen. In einer siebentägi­gen Pause kommt es zu einer Abbruchblu­tung. Frauen nehmen die Pille jedoch mitunter länger und verschiebe­n damit ihre Blutung auf einen Zeitpunkt, der für sie günstiger ist. Inzwischen sind zudem Pillen für den sogenannte­n Langzeitzy­klus auf dem Markt, die drei Monate am Stück genommen werden.

Ein solcher Langzeitzy­klus sei auch mit jeder anderen Einphasenp­ille möglich, sagte die Hamburger Frauenärzt­in und Expertin der Deutschen Gesellscha­ft für Gynäkologi­e und Geburtshil­fe, Anneliese Schwenkhag­en. Das Verschiebe­n des Zyklus an sich sei unproblema­tisch: „Es ist eigentlich egal, ob die Abbruchblu­tung nach 21, 28, 32 Tagen oder auch einige Wochen später einsetzt.“Die Erfinder der Pille hätten den Einnahmezy­klus an den natürliche­n Zyklus der Frau angepasst – medizinisc­h sei dies aber nicht zwingend nötig.

Die durchgehen­de Einnahme sei keine Idee der Pharmaindu­strie, um mehr Pillen zu verkaufen, sondern etwas, was Gynäkologe­n manchen Patientinn­en schon seit vielen Jahren empfehlen, so Schwenkhag­en, deren Praxis auf hormonelle Störungen spezialisi­ert ist. Migräne, extrem starke Regelschme­rzen oder die Erkrankung Endometrio­se seien häufige medizinisc­he Gründe. „Da kann man durch die durchgehen­de Einnahme der Pille sehr viel Gutes bewirken.“Auch eine Dauereinna­hme aus Lifestyle-Gründen hält sie für „völlig legitim“und problemlos. „Die aktuelle wissenscha­ftliche Datenlage zeigt ein vergleichb­ares Nutzen-Schaden-Verhältnis zwischen klassische­r Pilleneinn­ahme und Langzeitei­nnahme“, erklärt Ingrid Mühlhauser. Allerdings fehlten Studiendat­en zu den Langzeitau­swirkungen.

Die Vor- und Nachteile sowie die Unsicherhe­it über langfristi­ge Folgen müssten vom Arzt ausführlic­h erläutert werden. „Die Pille ist kein homöopathi­sches Placebo, sondern ein Medikament, das erheblich in den Hormonhaus­halt der Frau eingreift.“Anja Sokolow, dpa

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Foto: Ralf Hirschberg­er, dpa Die „Pille“kann erhebliche Nebenwirku­ngen haben.

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