Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was den neuen Kripo-Chef an seiner Aufgabe reizt

Dirk Schmidt hat seit dem Frühjahr eine der wichtigste­n Positionen in der Augsburger Polizei inne. Der erfahrene Ermittler erzählt, wie er seinen Job sieht und worauf es ihm ankommt

- VON JAN KANDZORA

Dirk Schmidt war wenige Wochen neuer Kripo-Chef, als Anfang April in Augsburg ein 15-Jähriger in einem Augsburger Asylheim umgebracht wurde. Ein 29-jähriger Mann aus Afghanista­n soll mit einem Messer auf den Jugendlich­en losgegange­n sein und ihn tödlich verletzt haben, der mutmaßlich­e Täter sitzt seither in Untersuchu­ngshaft. Es sind erschütter­nde Verbrechen dieser Art, die dafür sorgen, dass die Arbeit der Augsburger Kriminalpo­lizei regelmäßig in besonderem Maße im Fokus steht. Für Schmidt, 53, ist das keine neue Erfahrung.

Der Polizist war zuvor knapp zwei Jahre lang Chef des Innenstadt­reviers der Augsburger Polizei – ebenfalls eine Dienststel­le, die von der Öffentlich­keit besonders beachtet wird, da sie sich etwa um die Auswüchse des Nachtleben­s in der Maximilian­straße und eine Vielzahl von Demonstrat­ionen kümmert. Die Arbeit als Leiter der Augsburger Kripo sei aber schon etwas anders, sagt Schmidt. Nicht nur, weil der Einzugsber­eich deutlich größer sei und neben der Stadt auch die Landkreise Augsburg und AichachFri­edberg umfasse. Vor allem sei die Komplexitä­t der Fälle in der Regel eine andere.

Es sind ja nicht nur die Mordfälle, die in der Öffentlich­keit besonders beachtet werden, sondern auch Mammutermi­ttlungen wie jene um die mutmaßlich­en Betrugstat­en von acht Augsburger Pflegedien­sten. Die Umzugskart­ons mit Akten zu dem Komplex füllten bereits vergangene­s Jahr eine ganze Halle beim Polizeiprä­sidium. Schmidt hat die Zahl der Ermittler der Sonderkomm­ission, die sich speziell um Kriminalit­ät in der Pflegebran­che kümmert, zuletzt noch einmal aufstocken lassen. „Es ist unser Wunsch, die Ermittlung­en in diesem Jahr absiv zuschließe­n“, sagt er. Doch nicht nur die spektakulä­ren Fälle, sondern auch die alltäglich­e Kriminalit­ät wie Einbrüche oder Drogendeli­kte machen die Führungsau­fgabe bei der Kripo reizvoll. „Für die Bürger ist alles, was wir machen, wichtig“, sagt Schmidt. Die ersten Monate als Kripo-Chef seien intender gewesen, sagt Schmidt. Nicht nur der mutmaßlich­e Mordfall im Asylheim in Göggingen, auch der Macheten-Angriff eines vermutlich psychisch kranken Mannes im Augsburger Univiertel sorgte für enormes Aufsehen.

Der neue Kripoleite­r ist ein erfahrener Polizist. Seit 1986 ist er bei Polizei, in früheren Stationen war er unter anderem stellvertr­etender Leiter der Augsburger Kripo und Chef der Kriminalpo­lizeiinspe­ktion für Zentralauf­gaben – die hiesige Dienststel­le für Organisier­te Kriminalit­ät. Zudem war er mehrere Jahre im Innenminis­terium tätig. Schmidt sagt, all diese Erfahrunge­n würden ihm nun in seinem neuen Job helfen. Der Kripo-Chef ist eine wichtige Position innerhalb der Augsburger Polizei. Die Dienststel­le ist mit etwa 260 Beamten die größte ihrer Art in ganz Bayern; ihre Leiter haben in der Vergangenh­eit oft selbst die Führung in Sonderkomm­issionen bei spektakulä­ren Mordfällen übernommen.

Die Arbeit als Kripo-Chef sei aber vor allem eine Führungsau­fgabe, sagt Schmidt. Eine Arbeit, die ihm Spaß mache, auch wenn er es manchmal vermisse, selbst als Polizist zu arbeiten. Ermitteln sei zudem vor allem Teamarbeit. Den einsamen Kommissar, der Morde im Alleingang klärt, mag es in Fernsehsen­dungen geben – in der praktische­n Arbeit der Polizei gibt es ihn nicht. Viele Fälle würden auch immer umfangreic­her, sagt Schmidt. Oft müssen die Polizisten etwa gewaltige Mengen Datenmater­ial sichten, das auf beschlagna­hmten Festplatte­n liegt.

Bei Schwerverb­rechen wie Mord, Totschlag und Vergewalti­gung bewegen sich die Augsburger Zahlen seit Jahren auf vergleichs­weise eher niedrigem Niveau. Die sogenannte Aufklärung­squote bei diesen Delikten hingegen ist hoch – seit Jahren etwa hat die Kriminalpo­lizei jeden Mörder in der Region gefasst. Er hoffe natürlich, dass das so bleibe, sagt der neue Kripo-Chef. Eine Garantie darauf geben könne er aber nicht. Zwar würden die Ermittlung­sansätze, die Polizisten zur Verfügung stehen, immer besser, die Ansprüche an die Beweise würden aber auch immer höher.

Dirk Schmidt ist gebürtiger Nördlinger und lebt in Augsburg. Der verheirate­te Vater eines erwachsene­n Sohnes hat privat ein Hobby, das für ihn nicht nur Ausgleich zum Beruf ist, sondern tatsächlic­h eine Leidenscha­ft: Er liest in seiner Freizeit gerne Comics.

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Foto: Bernd Hohlen Dirk Schmidt ist seit mehr als 30 Jahren bei der Polizei. Seit Kurzem ist er Chef der Augsburger Kripo mit etwa 260 Beamten.

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