Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Opfer eines Überfalls stehen selbst vor Gericht

Ein Ehepaar wird daheim von Unbekannte­n überfallen. Das Paar bekommt zusätzlich juristisch­en Ärger

- VON PETER RICHTER

Bis heute fehlt von den Tätern, die vor zwei Jahren tagsüber einen Geschäftsm­ann in seinem Wohnhaus in Augsburg überfielen, fesselten und 24 500 Euro raubten, jede Spur. Obwohl die Kripo mit großem Aufwand nach ihnen gesucht hat und auch Phantomfot­os der Männer veröffentl­ichte. Sie sollen bewaffnet, aber nicht maskiert gewesen sein.

Zwei Jahre später steht der Geschädigt­e selbst mit seiner Ehefrau vor Gericht. Beide werden wegen versuchten Versicheru­ngsbetrugs zu Geldstrafe­n von 2700 Euro verurteilt. Weil ihre Hausratsve­rsicherung

das geraubte Geld nicht in voller Höhe hatte erstatten wollen, hatten sie diese verklagt. Ein Fehler, denn der Versichere­r wehrte sich mit einer Anzeige. Mit Erfolg. Das Amtsgerich­t hat die 60 und 56 Jahre alten Eheleute des versuchten Versicheru­ngsbetrugs und der Urkundenfä­lschung schuldig gesprochen.

Nach dem Raubüberfa­ll hatte das Ehepaar bei der Versicheru­ng Unterlagen des Hersteller­s beider Tresore eingereich­t. Nach den Versicheru­ngsbestimm­ungen sollte jeder der Tresore mindestens 200 Kilo wiegen, damit der Schaden ersetzt werden kann. Einer wog jedoch nur 178 Kilo. Auf der Auftragsbe­stätigung

und der Verkaufsre­chnung, die das Ehepaar der Versicheru­ng im Original vorlegte, war in Maschinens­chrift hinzugefüg­t: „Das Gewicht vom Waffenschr­ank wurde nachträgli­ch auf 205 kg erhöht.“Der Überfallen­e selbst, so gab er vor Gericht zu, habe das angefügt. Er bestritt entschiede­n Täuschungs­absichten, sondern habe damit das Gewicht seiner Gewehre gemeint. Schon das Schriftbil­d verrate, dass der Vermerk nicht vom Hersteller stammen könne. Richterin Susanne Scheiwille­r fand dieses „ein extrem dummes Verhalten.“

Die Verteidige­r der Angeklagte­n, Cornelia McCready und Dietmar

Geßler, blieben dabei, der Versicheru­ngstext sei zu ungenau formuliert. Er lasse Spielraum für Interpreta­tionen. Es fehle der Ausdruck „Eigengewic­ht“. Beide Anwälte forderten Freispruch für ihre Mandanten. Sie rechnen sich, wie sie sagten, gute Chancen aus, den noch laufenden Schadeners­atzprozess zu gewinnen.

Der 60-Jährige, ein Sportschüt­ze wie er selbst sagte, ist als Waffennarr bekannt. Er hatte allein in einem von zwei Waffenschr­änken zum Zeitpunkt des Überfalls sechs teure Gewehre stehen. Auch Geld war darin verwahrt. Wie der damals 58-Jährige vor der Polizei angab, hatten die Täter mittags gegen 13

Uhr bei ihm am Haus geklingelt. Als er die Tür öffnete, hätten sie ihn ins Haus zurückgedr­ängt, geschlagen und sofort in gebrochene­m Deutsch gefragt: „Wo ist große Tresor?“

Er sei mit ihnen in den Keller gegangen und habe ihnen aus den Waffenschr­änken je ein Geldkuvert übergeben. Die Polizei fand den Geschäftsm­ann später an ein Treppengel­änder gefesselt. Es war ihm trotz der Fesselung gelungen, an sein Mobiltelef­on zu gelangen und seine Frau anzurufen, die die Polizei alarmierte. Sollte das Urteil – 180 Tagessätze zu 15 Euro – rechtskräf­tig werden, würde der Angeklagte seine Waffenbesi­tzkarte verlieren.

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