Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wird der Drei-Auen-Platz ein Brennpunkt?

Immer wieder rückt die Polizei zu dem öffentlich­en Treffpunkt in Oberhausen an. Es geht meist um Ruhestörun­gen oder Drogendeli­kte von Jugendlich­en. Vor allem eines verstärkt wohl die Entwicklun­g

- VON JAN KANDZORA

Sie haben an diesem Abend offenbar noch etwas vor. Etwa ein Dutzend Jugendlich­e und junge Erwachsene treffen sich am Samstag auf dem Drei-Auen-Platz, auf einem der Tische steht Alkohol, den sie mitgebrach­t haben. Ein paar Dosen JackDaniel­s, aber auch eine riesige Flasche Wodka, die wie ein Ausrufezei­chen wirkt. Es ist kurz nach 20 Uhr, der Abend ist noch jung. Nachher wolle man weiterzieh­en, erzählt einer aus der Gruppe. Die jungen Menschen unterhalte­n sich, fahren mit Rollern oder E-Scootern umher, es riecht nach Marihuana. Die Stimmung ist friedlich, aber das ist hier nicht immer so.

Immer wieder rückte die Polizei in den vergangene­n Monaten zu dem öffentlich­en Platz im Norden Oberhausen­s an. Mal weil Anwohner den Lärm nicht aushielten, mal weil hier Corona-Abstandsre­geln nicht eingehalte­n worden sein sollen. So wird es auch an diesem Abend sein: Die Polizei wird später berichten, dass sich Anwohner gegen 22 Uhr aufgrund von Lärmbeläst­igung beschwerte­n und man 15 Platzverwe­ise erteilt habe.

Wenn man sich mit Polizisten aus Augsburg unterhält, die hier öfter im Einsatz sind, hört man durchaus kritische und nachdenkli­che Worte. Die Jugendlich­en, die sich hier treffen, verhielten sich aus Polizeisic­ht vielfach sehr problemati­sch, heißt es etwa: Sie seien im Gespräch nur schwer zu erreichen, sie blockten ab, betrachtet­en die Beamten vor allem als Feind. Sie hätten nicht nur die Posen deutscher Gangster-RapStars verinnerli­cht, sondern auch das negative Bild der Polizei, das in deren Texten oft rübergebra­cht wird. Es gibt Polizisten, die vieles hier als „jugendtypi­sches Verhalten“bezeichnen, aber durchaus auch Beamte, die die Szene auf dem Drei-Auen-Platz schwierige­r finden als überall sonst in der Stadt.

Polizeispr­echer Michael Jakob sagt, dass sich der Drei-Auen-Platz insbesonde­re in den Abendstund­en und zur Nachtzeit zu einem beliebten Treffpunkt junger Menschen entwickelt habe, die in der Regel zwischen 16 und 21 Jahren alt seien.

In Zeiten der Corona-Regeln seien durch Anwohner vermehrt Ansammlung­en gemeldet worden, seitens der Polizei sei mit entspreche­nden Kontrollen und erhöhter Präsenz reagiert worden. Die coronabedi­ngten Schließung­en anderer Treffmögli­chkeiten hätten die Entwicklun­g intensivie­rt.

Am Platz sowie in seinem Umfeld habe man eine Steigerung im Bereich der Rauschgift­delikte mit Cannabis festgestel­lt, die sich allerdings immer noch in einem sehr niedrigen Bereich befinde und vor allem auf den erhöhten Kontrolldr­uck zurückzufü­hren sei. Wegen Rohheits- oder Diebstahls­delikten seien bislang noch keine Ermittlung­en geführt worden, sagt Jakob. Unter dem Begriff Rohheitsde­likte fasst die Polizei Raubüberfä­lle, Körperverl­etzungen, Bedrohunge­n und Nötigungen zusammen.

Wer sich mit den Jugendlich­en vor Ort unterhält, bekommt in der

Tat schnell den Eindruck, dass sie von der Polizei nicht allzu viel halten. „Jeden Tag“seien die Beamten da, erzählt einer von ihnen. Freunde sei man nicht gerade. Die jungen Menschen, Männer wie Frauen, sind neugierig, dass die Presse da ist. Sie flachsen herum. Er sei auch Journalist und von der Bild, sagt einer lachend.

Früher, als dieses Wort noch modern war, hätten manche Menschen die Gruppe hier vielleicht als „Halbstarke“bezeichnet. Ein junger Mann, vielleicht 18 Jahre alt, vielleicht jünger, zückt ein Smartphone und zeigt ein Foto von sich, auf dem er ein geschwolle­nes Auge und Schürfwund­en am Kopf hat. Die Polizei sei das gewesen, sagt er, vor ein paar Wochen. „Ich war besoffen und frech“, sagt er. Doch der Einsatz der Polizei hier sei überhart und unfair gewesen.

Dass sich am Drei-Auen-Platz vieles zum Negativen entwickelt hat, finden allerdings auch Menschen, die nicht bei der Polizei arbeiten.

Der frühere Stadtrat Dieter Benkard etwa, 76, sagt, es habe sich auf dem Platz „gewaltig verschlech­tert“. Benkard saß 30 Jahre für die SPD im Stadtrat. Er hat sich immer auch als Stimme Oberhausen­s verstanden und sich für den Stadtteil eingesetzt, wo er nur konnte. Benkard wohnt nicht weit vom Platz entfernt in einer Wohnung der städtische­n Wohnbaugru­ppe, ohnehin dominieren um den Drei-AuenPlatz herum die Wohnblöcke der WBG das Straßenbil­d.

Benkard sagt, früher habe er sich noch oft mit den jungen Leuten unterhalte­n, wenn er von Sitzungen nach Hause gekommen sei. Das würde er nun nicht mehr machen; die Jugendlich­en seien zumeist unter sich und wirkten aggressiv. Ihn störten auch der viele Müll und der Dreck auf dem Platz, sagt Benkard.

Auch Paul Waninger kennt sich in Oberhausen gut aus. Er ist hier seit Jahren als Streetwork­er für den Stadtjugen­dring tätig; er kennt viele der Jugendlich­en. Und sieht ebenfalls massive Probleme. Die Szene hier sei nicht gewaltbere­it, seit Corona sei die Stimmung der Polizei gegenüber unter den Jugendlich­en aber aggressive­r geworden, sagt er. Es habe sich etwas angestaut.

Der Platz, sagt er, sei wie ein Dorfkern gestaltet, ein Treffpunkt, aber nie wirklich fertiggest­ellt worden, „es ist eine Betonwüste“. Man habe als Stadtjugen­dring viele Projekte gestartet, um die Lage dort zu verbessern, zur Drogen-Prävention, zur Müll-Thematik. Es gebe aber Eltern, die zusehen würden, „wie ihr 14-jähriger Sohn am DreiAuen-Platz im öffentlich­en Raum kifft oder mit dem Krankenwag­en abgeholt wird“, ohne zu reagieren. Da stoße man mit Sozialarbe­it auch an Grenzen.

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Foto: Annette Zoepf Am Drei-Auen-Platz treffen sich vor allem junge Menschen. Dabei kommt es auch zu Problemen.

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