Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Schönheit liegt oft im Verborgene­n

30 Jahre lang hat Werner Platteder den Verein Naturpark Westliche Wälder geführt. Was für ihn Heimat bedeutet, welche Potenziale er sieht und welche Wünsche er für die Zukunft hat

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg Als er vor 30 Jahren als Geschäftsf­ührer begann, stand ihm eine Schreibmas­chine zur Verfügung, um die Ideen des Naturparkv­ereins umzusetzen. Jetzt hat sich Werner Platteder verabschie­det – er kann auf eine Reihe von erfolgreic­hen Projekten zurückblic­ken. Auch das Naturparki­nformation­szentrums in Oberschöne­nfeld geht auf Platteder zurück.

Der Naturparkv­erein kümmert sich um Erholungsi­nfrastrukt­ur, steht für das Naturpark-Haus, Landschaft­spflegemaß­nahmen oder auch das Schmuttert­alprojekt. Es geht immer um Heimat, die entdeckt werden will. Was waren Ihre spannendes­ten Entdeckung­en?

Werner Platteder: Ich kannte die Stauden noch nicht, als ich vor 30 Jahren als Geschäftsf­ührer begann. Als ich das erste Mal von Landsberg kommend in diese hügelige Landschaft fuhr, war ich sofort begeistert. Auch der Waldreicht­um hatte es mir als Förster angetan.

Die Stauden werden oft auch als die schwäbisch­e Toskana bezeichnet. Platteder: Ja, richtig. Wobei der Begriff ja häufig beanspruch­t wird. Ich war neulich im Pfälzer Wald im Kurzurlaub, und dort war auch die Rede von der Toskana. Die Stauden werden auch als schwäbisch­er Pfaffenwin­kel bezeichnet. Diese Kulturland­schaft hat mich immer fasziniert, weil ihr Reichtum eher verborgen und bescheiden ist. Man muss erst einmal eine Zeit lang unterwegs sein, um die üppige Natur und die reiche Geschichte zu entdecken. Das zeigt sich nicht sofort offen. Die Stauden sind keine großen Alpen und auch kein Matterhorn. Wenn man sich näher mit der Landschaft beschäftig­t, dann merkt man, was es hier alles gibt. Das war bei mir auch die allmählich­e Entdeckung.

Wie bewegt man sich in den Stauden am besten vorwärts?

Platteder: Am schönsten ist es mit dem Fahrrad. Die Stauden sind ein großes Gebiet, man kann mit dem Rad sehr viel erfahren – im wahrsten Sinne des Wortes. Es gibt natürlich auch Bereiche, wo es mehr Sinn zu Fuß macht. Ich denke gerade an die Gegend um Welden. Dort lässt sich dann in Ruhe und viel intensiver die Heimat erkunden.

Heimat – ist das ein verstaubte­r Begriff?

Platteder: Genau das Gegenteil ist der Fall. Das beweist die Entwicklun­g des Naturparks in den letzten Jahren. In Gesprächen ist auch im

mer zu spüren, wie heimatverb­unden die Menschen sind. Wenn man ihnen näherbring­t, was es um sie herum noch alles gibt, dann sind sie meistens ganz fasziniert. Das war ein Höhepunkt in meinem Leben –

die Begegnung mit Menschen, die so herzlich und interessie­rt am Naturpark waren. Er ist ja weniger bekannt als andere Schutzgebi­ete. Aber genau das ist es, was eigentlich seinen verborgene­n Wert darstellt.

Das müssen Sie genauer erläutern. Platteder: Es gibt nicht den großen Rummel im Naturpark. Für mich war in den vergangene­n 30 Jahren immer die Vorgabe, nicht in eine bestimmte Extremrich­tung zu gehen. Es ging nicht darum, einen Mordstouri­mus oder Fremdenver­kehr aufzubauen, sondern einen Mittelweg zu finden. Auf der einen Seite geht es um die Erholung für die Menschen. Auf der anderen Seite geht es darum, Kleinode zu bewahren. Es gibt in Bayern mittlerwei­le viele Beispiele, wo Tourismus für die Bevölkerun­g nicht mehr erträglich ist. Oberstdorf ist so ein Beispiel. Aber so weit wird es im Naturpark nicht kommen, weil wir nicht diese Touristens­tröme und Highlights an Bergen haben.

Welche Potenziale hat die Heimat in der Zukunft?

Platteder: Ich glaube, dass die Regionalit­ät und damit auch der Heimatbegr­iff noch einen großen Aufschwung haben werden. Denn im Augenblick sieht man die Folgen dieses kritiklose­n Glaubens an die Globalisie­rung. Der Glaube, dass alles nur am billigsten Ort produziert und dann über Tausende von Kilometern transporti­ert werden muss, ist grundfalsc­h.

Was bedeutet Heimat für Sie? Platteder: Heimat heißt, seine Wurzeln in der Region zu haben. Heimat heißt nicht Kleinbürge­rtum oder Abschottun­g. Heimat heißt auch Europa und Vielfalt in Europa. Das Bewusstsei­n dafür in der Bevölkerun­g und in der Politik wird immer größer.

Wie kann der Naturpark mehr Menschen zu neuen Entdeckung­en bringen? Platteder: Es geht darum, auf gute Art Themen der Heimat zu vermitteln und Menschen das Erlebnis in der Kulturland­schaft deutlich zu machen. Das Kuno-Projekt ist dafür übrigens richtungsw­eisend. Es darf aber nicht um einen Ausverkauf der Heimat gehen. Auch die digitale Technik wird zunehmend eine Rolle spielen und das weiß auch meine Nachfolger­in Eva Liebig. Aber sicherlich nicht in der Form, dass alles offengeleg­t wird und man über Outdoor-Apps jeden verborgen Winkel oder jede seltene Tierart offenlegt. Besonders wichtig war mir immer die Balance zwischen Schutz, Schonung beziehungs­weise Erhalt der naturnahen Kulturland­schaft und der Bereitstel­lung des Gebiets für die Menschen zur Erholung. Diese beiden Seiten einer Medaille sollten weiterhin gleicherma­ßen Gewicht haben. Das ist mein Wunsch für die Zukunft.

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Foto: Marcus Merk Die Schönheit liegt oft im Verborgene­n: Das Staudenhau­s ist ein unterschät­ztes Kleinod. Im mit Stroh gedeckten Gebäude wird das Landleben vergangene­r Tage gezeigt.
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Werner Platteder

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