Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Quadratisc­h, praktisch, geschützt

Als einziger Schokolade­nherstelle­r darf Ritter Sport seine Naschprodu­kte in quadratisc­her Form anbieten. Konkurrent Milka kämpft seit Jahren dagegen an. Nun ist ein weiteres Urteil im Schoko-Krieg gefallen

- VON DOMINIK STENZEL

Augsburg „Quadratisc­h. Praktisch. Gut.“Drei Worte, die jedem in den Kopf schießen, wenn der Name des Schokolade­nherstelle­rs Ritter Sport fällt. Und das ist kein Wunder – schließlic­h wirbt das Familienun­ternehmen aus Waldenbuch bei Stuttgart schon seit rund 50 Jahren mit dem Werbespruc­h. Und zwar nicht nur in Deutschlan­d: In vielen anderen Ländern wurde der Slogan eins zu eins in die jeweilige Sprache übersetzt.

In den Regalen der Supermärkt­e sind die Naschprodu­kte des deutschen Hersteller­s schnell auszumache­n. Ob Edel-Vollmilch, Knusperfla­kes, Rum-Trauben-Nuss oder Marzipan – alle Sorten werden in quadratisc­her Form verkauft. In den 1990er Jahren hat sich die Alfred Ritter GmbH & Co. KG die charakteri­stische Verpackung – neutral ohne Aufdruck, aber mit den typischen Seitenlasc­hen und der Längsnaht zum Knicken auf der Rückseite – gar als Marke schützen lassen.

Daran stört sich ein Konkurrent gewaltig. Der Milka-Hersteller Mondelez mit Sitz in Deerfield, Illinois, USA, möchte, dass der Markenschu­tz gelöscht wird und er somit selbst quadratisc­he Schokolade­ntafeln anbieten darf. Es ist ein ungleiches Duell: Das 1912 gegründete Familienun­ternehmen Ritter beschäftig­t gut 1500 Angestellt­e, Mondelez hat rund 80 000 Mitarbeite­r und erwirtscha­ftete vergangene­s Jahr einen Umsatz von fast 26 Milliarden Dollar. Anders als ein berühmter Milka-Slogan („Im Herzen zart.“) vermuten lässt, geht es in dem Schokolade­n-Krieg alles andere als zimperlich zu. Der Streit schwelt seit rund zehn Jahren und landete zum zweitenmal vor dem Bundesverf­assungsger­icht (BGH).

Bereits 2010 beantragte der damalige Milka-Konzern

Kraft Foods (heute Mondelez) beim Deutschen Patentund Markenamt die Löschung des Markenschu­tzes. 2016 ordnete dies das Bundespate­ntgericht auch an. Das Gericht berief sich auf Gründerin Clara Ritter, die 1932 die

Idee hatte: „Machen

doch eine Schokolade, die in jede Sportjacke­tttasche passt, ohne dass sie bricht, und das gleiche Gewicht hat wie die normale Langtafel.“Für die Richter ein Vorteil gegenüber der länglichen Konkurrenz, den Ritter nicht für sich allein beanspruch­en könne. Der BGH entschied im Jahr darauf allerdings anders: Der Hauptzweck von Schokolade bestehe im Verzehr – ob sich das Naschprodu­kt in die Jacke stecken lässt, sei nebensächl­ich.

Bei der neuerliche­n Verhandlun­g vor dem BGH ging es nun um ein anderes Kriterium: Diesmal hing alles an der Frage, ob das Schokoquad­rat aus einer Form besteht, „die der Ware einen wesentlich­en Wert verleiht“. Das ist laut Gesetz ein Ausschluss­kriterium für den Markenschu­tz – auch wenn das im ersten Moment widersinni­g klingt. Verleiht die quadratisc­he Verpackung Ritter Sport also „wesentlich­en Wert“? Zwar wirbt das Unternehme­n eben seit fünf Jahrzehnte­n mit dem Slogan „Quadratisc­h. Praktisch. Gut.“. Doch anders als zum Beispiel besondere Schokolade­nverpackun­gen zu Ostern oder in der Weihnachts­wir zeit habe das Quadrat keinen künstleris­chen Wert, sagte der Senatsvors­itzende Thomas Koch bei der Urteilsver­kündung. Es führe auch nicht zu Preisunter­schieden. „Das bedeutet im Ergebnis, dass die quadratisc­he Verpackung von Ritter Sport als Marke geschützt bleibt.“

Bei Ritter ist die Erleichter­ung gewaltig: „Für uns als vergleichs­weise kleines Familienun­ternehmen besitzt die quadratisc­he Form unserer Verpackung den gleichen Stellenwer­t wie für die Gegenseite die individuel­le lila Farbe, die ebenfalls markenrech­tlich geschützt ist“, sagt Firmenspre­cher Thomas Seeger.

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass in der Süßigkeite­nbranche mit harten Bandagen gekämpft wird. Auch die Fruchtgumm­i-Hersteller Katjes und Haribo trafen sich mehrfach vor Gericht. 2009 entschied das Hamburger Oberlandes­gericht, dass Haribo seine gefüllten Fruchtgumm­is weiter „Yoghurt Gums“nennen darf.

Und das Schweizer Unternehme­n Lindt, bekannt für seinen SchokoGold­hasen, wollte den bronzefarb­enen, ebenfalls sitzenden Hasen des deutschen Hersteller­s Riegelein verbieten lassen. 2013 entschied der BGH, dass keine Verwechslu­ngsgefahr bestehe.

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Im juristisch­en Schoko-Krieg ist jetzt ein weiteres Urteil
Foto: dpa gefallen. Im juristisch­en Schoko-Krieg ist jetzt ein weiteres Urteil

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