Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie Japan Olympia retten will
Ein Jahr vor den Spielen in Tokio
Tokio Die Uhr tickt wieder. 365 Tage zeigte sie am Donnerstag am Tokioter Zentralbahnhof an. Nach der Verlegung der Olympischen Spiele beginnt der Countdown von vorne. Wegen der anhaltenden Coronavirus-Pandemie ist es aber ein Wettlauf mit der Zeit. Die Sommerspiele hätten ursprünglich an diesem Freitag beginnen sollen. Das Bangen bei Olympia-Machern und Athleten, ob die Spiele am 23. Juli 2021 eröffnet werden können, geht weiter. Die Japaner haben aktuell andere Sorgen: Von Olympia-Fieber ist keine Spur mehr. Am Donnerstag meldete Tokio erstmals mehr als 300 Neuinfektionen – ein Rekord, der die Aussichten weiter trübt. Dennoch bleiben die Organisatoren der Tokio-Spiele zuversichtlich, die Probleme in den Griff zu bekommen. OK-Chef Yoshiro Mori gab zwar zu, dass bei einem Anhalten der aktuellen Lage Spiele nicht möglich wären, betonte aber: „Ich glaube nicht, dass diese Situation noch ein Jahr anhalten wird.“
Während alle Welt angesichts der Pandemie zweifelt, ob die Spiele 2021 überhaupt stattfinden können, nutzen Japans Verantwortliche derzeit einen Teil der 43 OlympiaWettkampfstätten als eine Art gigantisches Laboratorium: Vor Ort wollen sie testen, welche Maßnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus ergriffen werden könnten. So wurden in der Saitama Super-Arena die Mixed-Zonen für Interviews umstrukturiert. Dazu gehört die Installation von Trennscheiben zwischen Reportern und Athleten. Zu den rund 400 Vorschlägen für mögliche Corona-Maßnahmen gehören auch bargeldloses Bezahlen an Verkaufsständen in der Arena, die Pflicht zum Tragen von Masken sowie eine Reihe von Verboten: Kein lautes Anfeuern der Mannschaften, keine lauten Durchhalteparolen, Gesänge sowie Umarmungen unter den Athleten selbst sowie Trinkund Essensverbote in den Umkleidekabinen. Auch Japans wieder gestartete Baseball- und Fußballligen dienen als Experimentierfelder. So wie die Fans dieser Sportarten werden sich auch Olympia-Fans an neue Regeln anpassen müssen: Kein Skandieren, kein „High-Five“-Abklatschen, keine Umarmungen und keine Finger benutzen beim Pfeifen. Die Idee, Wettkämpfe ganz ohne Zuschauer abzuhalten, wies Mori zurück. »Randbemerkung