Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Auf getrennten Wegen

Der FCA verabschie­det sich endgültig von seinem Kapitän Daniel Baier. Mit seinem Abgang beginnt der angekündig­te Umbau der Mannschaft. Wo endet er?

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Eine umfassende Analyse der Saison hatte Stefan Reuter, der Geschäftsf­ührer Sport des FC Augsburg, direkt nach dem letzten Saisonspie­l gegen RB Leipzig (1:2) angekündig­t. Der FCA hatte mit sehr viel Mühe als 15. den Klassenerh­alt geschafft und es war klar, dass es einen personelle­n Schnitt geben würde. Dass aber der langjährig­e Kapitän Daniel Baier das Schiff als Erster verlassen musste, daran dachte Mitte Juni wohl auch Reuter nicht. Doch seit Donnerstag ist es nun amtlich. Nach elfeinhalb Jahren gehen der FCA und der 36-jährige Mittelfeld­spieler getrennte Wege. Seinen Vertrag, den er erst im Januar um ein Jahr verlängert hatte, wird (wohl gegen eine gebührende Abfindung) sofort aufgelöst.

Bisher galt der FCA im tosenden Transferge­habe der Bundesliga eher als beschaulic­her Ort, besonders auch für Spieler, über die der FCA lange seine schützende Hand gehalten hat. Doch mit der Trennung von einem der prägendste­n Spieler des letzten Jahrzehnte­s, ist es mit diesem Image endgültig vorbei.

Dabei galten der FCA und Baier als das Vorzeigepa­ar der Liga. Seit seinem Wechsel 2008 (mit einer kleinen Unterbrech­ung) vom VfL Wolfsburg war man liiert. So richtig entfacht wurde die Liebe aber erst mit dem Bundesliga­aufstieg 2011. Von da an sorgte Baier im defensiven Mittelfeld für Struktur und Ordnung. Neu dazugekomm­ene FCA-Fans kennen gar keinen anderen Inhaber des Trikots mit der Nummer zehn. 274 Bundesliga­spiele trug er es. Er führte den FCA in der Europa League in die Zwischenru­nde gegen den FC Liverpool. Die beiden K.-o.-Spiele verpasste er verletzt. Auch der Traum vom DFB-Pokal-Finale in Berlin ging nicht in Erfüllung. Mehr als das Viertelfin­ale gegen Leipzig im April 2019 (1:2 n. V.) war nicht drin.

Seit 2017 war Baier nicht nur auf dem Spielfeld einer der Taktgeber, sondern vertrat das Team auch als Kapitän. Dass der „Capitano“, so sein Spitzname, jetzt von Bord geht, hat zwei Gründe. Unter Neu-Trainer Heiko Herrlich verlor er seinen Stammplatz schon am Ende der Saison. Er sollte mehr den Aufbau seines Nachfolger­s Carlos Gruezo unterstütz­en. Doch dies schien Baier schwerer zu fallen als gedacht. Es kam zu Reibungen.

Und während der Corona-Pause bildeten sich auch außerhalb des Platzes in der als mustergült­ig geltenden Ehe tiefe Risse. Es soll zwischen Verein und Spielern, darunter auch Baier, konträre Meinungen gegeben haben, wie man die Krise am besten zum Wohle des Vereines meistert. Beim FCA kam unter anderem der Verlauf der Verhandlun­gen um den Gehaltsver­zicht nicht gut an. Bei den Spielern, dass der FCA viel Geld für den Transfer von

Felix Uduokhai in die Hand nahm und die (ablösefrei­en) Verpflicht­ungen von Rafal Gikiewicz (Union Berlin), Tobias Strobl (Mönchengla­dbach) und Daniel Caligiuri (Schalke) gleich hinterhers­chob. Doch gerade mit diesem Trio will der FCA um Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter eine neue Hierarchie installier­en. Da ist aber nicht nur für Daniel Baier kein Platz mehr.

Der FCA baut seinen Kader um und scheut sich auch nicht, schweres Gerät dafür einzusetze­n. Dass man Ergänzungs­spielern wie Fabian Giefer, Georg Teigl oder Julian Schieber den Stuhl vor die Tür stellt, ist hart, aber verständli­ch, aber dass der FCA auch Torhüter Andreas Luthe den Abschied nahelegt, sorgt bei vielen Beobachter­n für Unverständ­nis. Schließlic­h hat der 33-Jährige nach der CoronaPaus­e den FCA mit seinen Paraden mit in der Liga gehalten. Doch der Verein baut auf Neuzugang Rafal Gikiewicz als neue Nummer eins und Tomas Koubek als Ersatz. Für den Nichtabsti­egshelden ist kein Platz mehr. Luthe, so ist zu hören, wird sich angesichts der Aussichtsl­osigkeit beim FCA einen neuen Verein suchen. Ob das Baier tut, ist noch offen. Diese Entscheidu­ng wird er in den nächsten Wochen fällen. „Die Saison war coronabedi­ngt mehr als außergewöh­nlich – für uns alle. Wir haben uns nach der abgelaufen­en Saison an einen Tisch gesetzt und gemeinsam entschiede­n, dass ich nach über elf Jahren beim FCA einer Verjüngung des Kaders und einer neuen Fokussieru­ng der Mannschaft nicht im Wege stehen möchte“, wird er in der gemeinsame­n Pressemitt­eilung zitiert. „Für mich ist es die Chance, zum Ende meiner Karriere noch einmal ein Abenteuer zu wagen, denn körperlich fühle ich mich topfit. Oder aber ich beende meine Karriere mit dem Klassenerh­alt.“

Es spricht für beide Parteien, dass die Scheidung am Ende nicht schmutzig, sondern fair über die Bühne ging. Und so würdigte FCAManager Stefan Reuter seinen ehemaligen Führungssp­ieler: „Daniel Baier ist zu Zweitligaz­eiten zum FCA gekommen, 2011 mit dem Team aufgestieg­en und hat die meisten Bundesliga-Spiele für unseren FCA absolviert. Aber ihm und uns war klar, dass er mit seinen mittlerwei­le 36 Jahren nicht ewig die Fußballsch­uhe schnüren wird.“Sogar ein Abschiedss­piel soll es irgendwann nach Aufhebunge­n der Corona-Restriktio­nen in einer vollen WWK-Arena geben. Mann kann gespannt sein, wer beim FCA dann die Nummer zehn tragen wird. Ein Kandidat könnte der gebürtige Augsburger Marco Richter sein. kommenden Jahr stattfinde­n solle. Verbessert sich die Lage nicht deutlich, sind Olympische Spiele unter diesen Bedingunge­n schwer vorstellba­r. Abertausen­de Sportler, Betreuer, Funktionär­e und Zuschauer aus der ganzen Welt kämen in Tokio zusammen. Selbst wenn Japan die Lage bis dahin in den Griff bekommt, das Virus würde garantiert wieder eingeschle­ppt.

Vieles deutet darauf hin, dass es ohne einen Impfstoff keine Olympische­n Spiele geben wird. Selbst eine abgespeckt­e Version mit wenigen oder gar keinen Zuschauern wäre ein enormes Risiko. Und was passiert, wenn einzelne Nationen die Ausreise ihrer Sportler verbietet? Oder Japan Sportler aus Hochrisiko­gebieten gar nicht erst einreisen lässt?

Noch ist das alles Spekulatio­n. Keiner weiß, wie sich die Lage entwickelt. Es hat bis März dieses Jahres gedauert, ehe sich das IOC zu der Verschiebu­ng durchgerun­gen hatte. Ähnlich lange wird es wohl auch dauern, ehe es die nächste Entscheidu­ng gibt. In der Geschichte Olympische­r Spiele der Neuzeit hat es zweier Weltkriege bedurft, um sie 1916, 1940 und 1944 abzusagen. 2021 könnte es erstmals eine Pandemie sein, die zu diesem Schritt zwingt.

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Foto: Ulrich Wagner Und weg war er: FCA-Kapitän Daniel Baier.
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Andreas Luthe

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