Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Diese Musik soll Grenzen überwinden

Als künstleris­cher Leiter des Festivals der Kulturen möchte Girisha Fernando verschiede­ne Stile, künstleris­che Welten und Gemeinscha­ften zusammenbr­ingen

- VON SEBASTIAN KRAUS

Während sich Ende Februar die gut 1000 Besucher der Brechtnach­t im Kongress noch ganz sorglos von The Notwist hypnotisie­ren ließen, keimte in Kurator Girisha Fernando schon „eine ganz kleine Angst“vor den Folgen des Virus, die wenig später tatsächlic­h über die Welt hereinbrec­hen sollten. In seiner Funktion als Kopf und Seele, offizielle­r gesprochen als künstleris­cher Leiter des Festivals der Kulturen im Rahmen des Hohen Augsburger Friedensfe­stes, wuchs die Sorge um sein Herzenspro­jekt.

Die Weltmusik war schon immer ein fester Bestandtei­l von Fernandos Sozialisat­ion, schon in jungen Jahren reiste er mit Kassettenr­ekorder und Mikrofon durch die Welt, um Musik zu entdecken, die in der westlich geprägten Popkultur so nicht statt- findet. „Crossing borders with music“ist das Leitmotiv des Festivals, die Überwindun­g von Grenzen findet auf zwei Ebenen der Begegnung statt. Einmal zwischen Künstler und Publikum, einmal innerhalb der Bürger der Stadt.

Für Fernando ist es eine Mission, den Menschen unbekannte Musik aus allen Ecken der Welt näherzubri­ngen. Und den Bürgern untereinan­der Begegnung zu ermögliche­n: „Wenn ich sehe, wie gemischt das Publikum des Festivals ist, macht mich das glücklich – es vereint verschiede­ne Szenen, Altersstuf­en und die Communitie­s der Stadt.“Dass sich die italienisc­he Großfamili­e mit der alevitisch­e Gemeinde und dem Altlechhau­ser vor der Bühne in den Armen liegen, wird dieses Jahr nicht möglich sein. Doch drei Konzerte im Annahof gibt es trotzdem: Das Harrycane Orchestra lässt arabische Harmonien mit Jazz verschmelz­en (24. Juli), Juli Wang Li erschafft mit seiner Maultromme­l spirituell­e, technoide Meditation­en (25. Juli) und der Gankino Circus spielt launige bayerische Folklore mit Balkan im Blut (15. August).

Dazu wird jede freie Minute in die Vorbereitu­ngen für 2021 gesteckt. Das erhascht das Publikum dank der kleinen Videodokum­entationen auf der Festivalho­mepage – fasziniere­nde Einblicke in die Entstehung des Programms für nächstes Jahr: Arrangeur und Tastenhexe­r Tom Jahn erarbeitet mit dem Streichens­emble der Augsburger Philharmon­iker die komplexen Rhythmen der gälischen Sängerin Mercedes Peon und die Band Ak Dan Gwang Chil grüßt aus Südkorea mit ihrer Version von John Lennons Instant Karma.

Wie sehr Fernandos Leidenscha­ft auch im zehnten Jahr seiner künstleris­chen Leitung brennt, verrät das Leuchten in seinen Augen bei der Ankündigun­g des Konzerts am 6.

August auf der Freilichtb­ühne: Die polnischen Sängerin Karolin Cicha spielt mit den Streichern der Philharmon­iker tartarisch­en Neo-Folk, nachdem Jazzpianol­egende Tim Allhoff mit der 18-jährigen Augsburger Sängerin Aylin Yildirim alevitisch-kurdische Dichtung vertont. Mit diesem Konzert bringt Girisha Fernando die Quintessen­z des Festivals an einem Abend auf eine Bühne: Es verbindet die verschiede­nen Welten der Musik, es bringt Menschen aus verschiede­nen Ländern und aus dieser Stadt zusammen. Das Virus stört zwar das Festival, die Idee dahinter zerstört es aber nicht.

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Foto: Michael Hochgemuth Im zehnten Jahr kuratiert Girisha Fernando das Festival der Kulturen.

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