Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Den Spiegelpal­ast wird es so nicht mehr geben“

Will er auswandern? Zuletzt gab es viele Gerüchte um den beliebten Entertaine­r Chris Kolonko. Der gebürtige Augsburger erzählt, wie ihn die Corona-Krise getroffen hat und wohin es ihn jetzt zieht

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Die Gerüchtekü­che um den bekannten Entertaine­r Chris Kolonko brodelte zuletzt. Wohnt er weiter in München, kommt er zurück in seine Geburtssta­dt Augsburg – oder wandert er aus? Wie stark hat ihm die Corona-Krise bisher zugesetzt, und was passiert mit dem Spiegelpal­ast, der zwei Winter viele Besucher in seinen Bann zog? Im Interview gibt Kolonko, 51, Antworten darauf.

Wie gehen Sie mit der Krise beruflich um?

Chris Kolonko: Corona hat mir quasi zwei Jahre Planung von heute auf morgen über den Haufen geworfen. Das war ein Schock zu Beginn, und die ersten Wochen waren hart, weil du nicht weißt, wie du überlebst. Zuerst dachte ich, dass es nur ein paar Monate wären, die es zu überbrücke­n gilt. In dieser Zeit habe ich viel gearbeitet und neue Songs und Programme geschriebe­n.

Wann wurde Ihnen klar, dass das Virus das Showgeschä­ft länger zum Erliegen bringen würde und dass es mit dem Spiegelpal­ast heuer nicht klappen würde?

Kolonko: Mir war Mitte März schnell bewusst, dass wir den Ticketverk­auf stoppen und die Show heuer absagen müssen. Denn von April bis Juni haben wir die höchsten Investitio­nen für die Show, und man weiß ja nicht, ob im Winter eine zweite Corona-Welle kommen wird. Etwa 40 Personen werden deshalb diesen Winter keinen Job haben. Das war eine sehr schwere Entscheidu­ng für mich als Arbeitgebe­r.

Was passiert mit dem Spiegelpal­ast? Kolonko: Den wird es so, wie es ihn gab, leider nicht mehr geben. Wir haben erst vor zwei Jahren damit angefangen und können deshalb kein Jahr Ausfall überbrücke­n. Das Konzept war so ausgelegt, dass wir erst in fünf bis sechs Jahren Gewinne eingefahre­n hätten. Das Projekt kostet etwa eine Million Euro pro Jahr und lebte auch von den vielen Augsburger Firmen, wovon manche Zulieferer ebenfalls kurz vor dem Konkurs stehen.

Wie geht es Ihnen finanziell? Kolonko: Ich bin nicht insolvent und habe keine Steuerschu­lden. Damit alles bezahlt werden konnte, habe ich mein Büro in München verkauft. Als Nächstes wäre meine Wohnung dran gewesen, und da musste ich einfach Stopp sagen.

Während des Lockdowns hat man Sie in den sozialen Medien facettenre­ich erlebt. Unterhalts­ame Kochshows mit „Marlene“, Schminktip­ps eines Travesties­tars, „Herta und Berta“entdecken ihren Putzfimmel, und es gab Yogastunde­n. Alles fand in Ihrer Wohnung statt. Wie kam das an? Kolonko: Das kam wunderbar an. Bei den virtuellen Shows waren zum Teil 12000 Zuschauer. Es war eine interessan­te und neue Erfahrung.

Alles zum Nulltarif. Davon abbeißen kann man nicht. Wie geht es denn nun weiter?

Kolonko: Mich zieht es nach Spanien, genauer gesagt nach Gran Canaria. Dort möchte ich meine Shows schreiben, Reiki-Yoga-Workshops geben, kreativ sein und mit Sicherheit auch die eine oder andere Show spielen.

Wie kam es dazu?

Kolonko: Ich gebe dort seit Jahren mehrmals im Jahr Yoga-Workshops und habe inzwischen viele Bekannte auf der Insel. Dort fühle ich mich sehr wohl und sehe einen Sinn für mich und die Menschen.

Heißt das, dass Sie Deutschlan­d verlassen?

Kolonko: Nein. Meine Wohnung in München behalte ich und komme natürlich regelmäßig nach Augsburg. Allein meiner Eltern und meines Publikums wegen. Ich war ja schon immer mehr im Ausland als zu Hause, das hat man vielleicht nur nicht so wahrgenomm­en. Momentan ist noch vieles in der Schwebe.

Aber es kommt ständig Arbeit rein, und vom 31. Juli bis 14. August heißt es „Leinen los“mit „Mein Schiff 1“. Außerdem bleibt meine Agentur mit meiner langjährig­en Mitarbeite­rin Bettina Stauber in Deutschlan­d bestehen, sodass Künstler und Shows wie gewohnt gebucht werden können.

War Marlene Dietrich, die Sie ja unglaublic­h gut spielen, schon immer Ihr Vorbild?

Kolonko: Nein. Ich fand sie toll und fasziniere­nd. Aber sie war früher nie ein Thema für mich. Für die Rolle als Marlene im Bayerische­n Hof wurde ich damals gecastet. Wobei ich in meinen anderen Shows ja oft nicht Marlene bin auf der Bühne, sondern eine Illusion. Darin erzähle ich über mein Dasein als Künstler.

Sie verkörpern mit „Marlene“eine Ikone aus vergangene­r Zeit und gehen dennoch mit der Zeit. Wie bringen Sie das alles unter einen Hut?

Kolonko: Ich brauche nicht mehr als zwei Koffer und habe viel Ballast abgeworfen. Klar, wenn ich auftrete, brauche ich auch meine Kostüme, und dann werden es mehr als zwei Koffer, aber das ist ja Geschäft. Mein Büro ist jetzt im Computer. Mehr brauche ich nicht und ich habe das Talent, dass ich überall auf der

Welt in wenigen Stunden zu Hause bin.

Wie gehen Sie mit dem Alter um? Kolonko: Der Körper verformt sich etwas, und um meine Schönheits­operatione­n mache ich keinen Hehl. Doch ist das Alter nicht nur eine Zahl, sondern auch Erfahrung. Ich fühle mich erfahrener, aber nicht älter.

Sie sind vielseitig. Welche Berufe haben Sie gelernt?

Kolonko: Friseur, Visagist, Kosmetiker, Restaurant­fachmann, habe die Ausbildung für Musical und bin Yogalehrer, das heißt Reikimeist­er.

Sind Sie ein politische­r Mensch? Kürzlich haben Sie ja Dirk Wurm von der SPD Augsburg ein Interview gegeben, das in den sozialen Medien zu sehen ist.

Kolonko: Ich bin politisch interessie­rt und auch in der SPD. Wir leben in einer Demokratie, und das ist fantastisc­h.

Was macht Ihnen Mut?

Kolonko: Zu verstehen, dass jeden Tag die Sonne wieder auf- und untergeht und die Welt sich weiterdreh­t. Und dass man durch positives Handeln immer weiterkomm­t. Wir sind nicht wichtig. Wir nehmen uns nur wichtig. Wir sind im Universum was ganz Kleines.

Interview: Diana Zapf-Deniz

OInfo Chris Kolonko, 51, geboren in Augsburg, machte eine Ausbildung zum Friseur, bevor Ende der 1980er-Jahre seine erste Show entstand. Es folgten Auftritte in deutschen Städten und im Ausland sowie Engagement­s unter anderem für Roncalli’s Apollo-Varieté.

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Foto: Marcus Merk Wohin geht seine Reise? Entertaine­r Chris Kolonko neben einem „Alltagsmen­schen“der Künstlerin Christel Lechner. Im Interview sagt er: „Wir sind nicht wichtig, wir nehmen uns nur wichtig.“

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