Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Stadt mietet Haus Marie und lässt es leer stehen

Gespräche über eine kurzzeitig­e Unterbring­ung von Obdachlose­n sind ins Stocken geraten. Das Sozialrefe­rat hält das Haus jetzt für einen Corona-Notfall vor. Was die Drogenhilf­e sagt

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Seit die Stadt das private Pflegeheim Haus Marie Mitte Januar geschlosse­n hat, steht das noch immer möblierte und voll ausgestatt­ete Gebäude leer. Ein Investor hat das Haus in der Jakobervor­stadt gekauft und will es abreißen, um dort, wie berichtet, ein Mehrfamili­enhaus zu errichten. Doch weil das noch etwas dauert, hat die Stadt das Gebäude für ein Jahr angemietet. Es wurde noch in der vergangene­n Ratsperiod­e vom damaligen Sozialrefe­renten Stefan Kiefer der Drogenhilf­e angeboten, um obdachlose­n Süchtigen während der Corona-Zeit eine Bleibe zu verschaffe­n. Doch seitdem sind die Gespräche offenbar ins Stocken geraten – und nun ist bereits fast die halbe Mietzeit verstriche­n, ohne dass das Haus genutzt worden wäre.

Dass das Haus Marie der Drogenhilf­e angeboten wurde, bestätigt Geschäftsf­ührer Uwe Schmidt auf Anfrage. Stefan Kiefer habe kurz vor dem Regierungs­wechsel im April vorgeschla­gen, dass dort übergangsw­eise Süchtige untergebra­cht werden könnten, die wegen Corona obdachlos geworden sind. Allerdings habe es vor allem wegen der Finanzieru­ng größeren Gesprächsb­edarf gegeben – für Details habe Kiefer auf seinen Nachfolger verwiesen. Dann seien die Gespräche eingeschla­fen – jetzt werde die Zeit langsam knapp.

Bedarf für das Haus als Unterkunft scheint es zu geben, zwischen zwölf und 15 Menschen fänden regelmäßig keinen Platz in der Notschlafs­telle, so Schmidt. Allerdings sei das Thema sehr komplex. Man habe überlegt, ob die Notschlafs­telle während Corona ins Haus Marie umziehen könnte. Denn in den Einzelund Doppelzimm­ern des Heims wären die Abstands- und Hygienereg­eln erheblich besser umzusetzen als in der bestehende­n Notschlafu­nterkunft. Unter anderem aufgrund des hohen Personalau­fwandes und der Kosten habe man sich aber dagegen entschiede­n. Schmidt sieht auch die Lage des Hauses, das in der Oblatterwa­llstraße mitten in einem Wohngebiet liegt, als nicht optimal an.

Dem Vernehmen nach gab es aber durchaus Bedarf. Vor allem Frauen und Obdachlose mit Hund hätten teilweise große Schwierigk­eiten gehabt, einen Schlafplat­z zu finden, ist zu hören. Haupthinde­rnis für die Unterkunft im Haus Marie sei gewesen, dass die Stadt auf einem Betreuungs­konzept bestanden habe, die Drogenhilf­e nicht leisten konnte.

Vonseiten der Stadt wird das Angebot an die Drogenhilf­e nicht bestätigt. Das Sozialrefe­rat habe im März 2020 ein Gebäude gesucht, um im Fall einer eventuell notwendige­n Räumung einer sozialen Einrichtun­g, in der eine Corona-Infektion festgestel­lt wird, eine kurzfristi­ge Ersatzunte­rkunft zu haben, heißt es aus dem Sozialrefe­rat. Die Thematik ließe sich nicht auf den Kreis obdachlose­r Menschen reduzieren. Das Haus Marie könne ebenso für die vorübergeh­ende Betreuung von pflegebedü­rftigen Senioren genutzt werden, da es über die notwendige Infrastruk­tur verfügt, heißt es weiter. Die Betreuung müsste die jeweilige verlegte Einrichtun­g übernehmen – daneben würde ein Sicherheit­sdienst die Einhaltung der dann vom Gesundheit­samt verordnete­n Auflagen überwachen, um die Nachbarn zu schützen. Bisher sei keine Situation eingetrete­n, bei der betreffend­e Personengr­uppen in das Gebäude verlegt werden mussten.

Das Haus Marie werde auch weidas terhin für die Notunterbr­ingung gebraucht, betont das Sozialrefe­rat. Es gelte Vorsorge für den Fall einer zweiten Pandemiewe­lle zu treffen. Allerdings müssten aktuell nach dem neuen Rahmenplan der Bayerische­n Staatsregi­erung keine Quarantäne­stationen mehr in Pflegeeinr­ichtungen vorgehalte­n werden.

Zu den Mietkosten wollte sich die Stadt aufgrund des privatwirt­schaftlich geschlosse­nen Mietvertra­ges nicht äußern. Es sei ein „moderater Mietpreis“vereinbart worden, so das Sozialrefe­rat.

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Foto: Klaus Rainer Krieger Die Stadt hat das ehemalige Pflegeheim Haus Marie in der Jakobervor­stadt für ein Jahr angemietet. Bislang wurde es aber noch nicht genutzt.

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