Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der „Blumenmaler“kann es nicht lassen
Erneut steht ein bekannter Augsburger Graffiti-Sprayer vor Gericht. Doch der Termin platzt. Dem heute 32 Jahre alten Mann droht ein längerer Gefängnisaufenthalt
Er ist als Maler der „Augsburg-Blume“bekannt geworden, und es gab eine Zeit, da fand man das Motiv im Stadtmarketing so entzückend, dass es ernsthafte Überlegungen gab, dass Augsburg mit dem GraffitiMotiv doch werben könne. Lange ist es her. In dieser Woche sollte der heute 32 Jahre alte Graffiti-Sprayer einmal mehr vor dem Amtsgericht stehen, die Staatsanwaltschaft legt ihm 43 Fälle von Sachbeschädigung im Jahr 2019 zur Last. Doch der Prozess platzte, denn der Mann, der als „Blumenmaler“Bekanntheit erlangte, sitzt wegen anderer Delikte bereits im Gefängnis – und hatte offenbar die Haftanstalt nicht rechtzeitig über den Termin informiert.
Über dem selbstständigen StreetArt-Künstler sind dunkle Wolken aufgezogen. In Coburg, so wurde es jetzt am Rande des Verfahrens vor dem Augsburger Amtsgericht bekannt, war der 32-Jährige wegen ähnlicher Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten
verurteilt worden. Und das Gericht setzte die Strafe aufgrund bestehender Bewährungen und Vorstrafen, unter anderem aus Augsburg, nicht mehr zur Bewährung aus. Nachdem das Coburger Urteil aus dem November 2019 im Frühjahr rechtskräftig geworden ist, sitzt der 32-Jährige seit gut einer Woche in Gablingen im Gefängnis. Nach Worten seines Verteidigers Felix Hägele könnten zu den jüngsten sechs Monaten Freiheitsstrafe aus Coburg weitere Monate aus vorangegangenen Urteilen hinzukommen, sodass sein Mandant möglicherweise über zwei Jahre hinter Gittern verbringen muss.
Sein Verteidiger hatte von der Haft auch erst am Morgen erfahren. Zwar wurde beim jetzigen Gerichtstermin noch versucht, den Angeklagten kurzfristig aus dem Gefängnis
in Gablingen nach Göggingen zu fahren, allerdings, so musste Richterin Susanne Scheiwiller erkennen, sei in der Kürze der Zeit keine Transportkapazität verfügbar gewesen.
In einem Rechtsgespräch hatten zuvor die Richterin, der Verteidiger und die Staatsanwältin versucht, per Absprache eine Lösung zu finden, man konnte sich aber nicht einigen. Der Wunsch von Verteidiger Hägele: das Verfahren gegen seinen Mandanten einzustellen. Denn die Augsburger Strafe wäre mit jener aus Coburg gesamtstrafenfähig. Das heißt, beide Strafen würden im neuesten Urteil zusammengezählt und nach einer gewissen Rabattierung eine neue gebildet. Und bei solch einem Verfahren, so Hägele, würde eine zu erwartende Strafe aus Augsburg quasi kaum mehr ins Gewicht fallen
– was die Staatsanwaltschaft aber anders sieht.
Der 32-Jährige soll laut Anklage zwischen Januar und Juni 2019 im Stadtgebiet von Augsburg in 43 Fällen Graffiti angebracht und dabei einen Sachschaden in Höhe von 11 000 Euro verursacht haben. Bereits 2012 war der damals 25-Jährige vom Augsburger Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung sowie 12000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Damals war es um die sogenannte Augsburg-Blume gegangen, die er mit einem dicken schwarzen Faserschreiber rund 470-mal im Stadtgebiet gegen den Willen der Besitzer auf Wände, Stromkästen und Haltestellenhäuschen aufgemalt hatte.
Richterin Scheiwiller setzte das Verfahren aus und bestimmte einen neuen Termin im November.