Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der „Blumenmale­r“kann es nicht lassen

Erneut steht ein bekannter Augsburger Graffiti-Sprayer vor Gericht. Doch der Termin platzt. Dem heute 32 Jahre alten Mann droht ein längerer Gefängnisa­ufenthalt

- VON MICHAEL SIEGEL

Er ist als Maler der „Augsburg-Blume“bekannt geworden, und es gab eine Zeit, da fand man das Motiv im Stadtmarke­ting so entzückend, dass es ernsthafte Überlegung­en gab, dass Augsburg mit dem GraffitiMo­tiv doch werben könne. Lange ist es her. In dieser Woche sollte der heute 32 Jahre alte Graffiti-Sprayer einmal mehr vor dem Amtsgerich­t stehen, die Staatsanwa­ltschaft legt ihm 43 Fälle von Sachbeschä­digung im Jahr 2019 zur Last. Doch der Prozess platzte, denn der Mann, der als „Blumenmale­r“Bekannthei­t erlangte, sitzt wegen anderer Delikte bereits im Gefängnis – und hatte offenbar die Haftanstal­t nicht rechtzeiti­g über den Termin informiert.

Über dem selbststän­digen StreetArt-Künstler sind dunkle Wolken aufgezogen. In Coburg, so wurde es jetzt am Rande des Verfahrens vor dem Augsburger Amtsgerich­t bekannt, war der 32-Jährige wegen ähnlicher Sachbeschä­digung zu einer Freiheitss­trafe von sechs Monaten

verurteilt worden. Und das Gericht setzte die Strafe aufgrund bestehende­r Bewährunge­n und Vorstrafen, unter anderem aus Augsburg, nicht mehr zur Bewährung aus. Nachdem das Coburger Urteil aus dem November 2019 im Frühjahr rechtskräf­tig geworden ist, sitzt der 32-Jährige seit gut einer Woche in Gablingen im Gefängnis. Nach Worten seines Verteidige­rs Felix Hägele könnten zu den jüngsten sechs Monaten Freiheitss­trafe aus Coburg weitere Monate aus vorangegan­genen Urteilen hinzukomme­n, sodass sein Mandant möglicherw­eise über zwei Jahre hinter Gittern verbringen muss.

Sein Verteidige­r hatte von der Haft auch erst am Morgen erfahren. Zwar wurde beim jetzigen Gerichtste­rmin noch versucht, den Angeklagte­n kurzfristi­g aus dem Gefängnis

in Gablingen nach Göggingen zu fahren, allerdings, so musste Richterin Susanne Scheiwille­r erkennen, sei in der Kürze der Zeit keine Transportk­apazität verfügbar gewesen.

In einem Rechtsgesp­räch hatten zuvor die Richterin, der Verteidige­r und die Staatsanwä­ltin versucht, per Absprache eine Lösung zu finden, man konnte sich aber nicht einigen. Der Wunsch von Verteidige­r Hägele: das Verfahren gegen seinen Mandanten einzustell­en. Denn die Augsburger Strafe wäre mit jener aus Coburg gesamtstra­fenfähig. Das heißt, beide Strafen würden im neuesten Urteil zusammenge­zählt und nach einer gewissen Rabattieru­ng eine neue gebildet. Und bei solch einem Verfahren, so Hägele, würde eine zu erwartende Strafe aus Augsburg quasi kaum mehr ins Gewicht fallen

– was die Staatsanwa­ltschaft aber anders sieht.

Der 32-Jährige soll laut Anklage zwischen Januar und Juni 2019 im Stadtgebie­t von Augsburg in 43 Fällen Graffiti angebracht und dabei einen Sachschade­n in Höhe von 11 000 Euro verursacht haben. Bereits 2012 war der damals 25-Jährige vom Augsburger Amtsgerich­t zu einer Freiheitss­trafe von zehn Monaten auf Bewährung sowie 12000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Damals war es um die sogenannte Augsburg-Blume gegangen, die er mit einem dicken schwarzen Faserschre­iber rund 470-mal im Stadtgebie­t gegen den Willen der Besitzer auf Wände, Stromkäste­n und Haltestell­enhäuschen aufgemalt hatte.

Richterin Scheiwille­r setzte das Verfahren aus und bestimmte einen neuen Termin im November.

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Foto: Schreiner (Archiv) Die „Augsburg-Blume“prangte einst an vielen Wänden.

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