Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Rebellisch­e Königin der Leinwand

Die britische Schauspiel­erin Helen Mirren hat die Queen und andere gekrönte Häupter verkörpert. Mit dem realen Adel hat sie aber wenig am Hut

- Katrin Pribyl

Natürlich erscheint es auf den ersten Blick paradox, dass uns ausgerechn­et Helen Mirren die unzugängli­che britische Königin als echten Menschen nähergebra­cht hat. Dass ausgerechn­et die „mürrische Anti-Monarchist­in“, wie sich die Schauspiel­erin selbst einmal bezeichnet­e, Ihre Majestät so feinsinnig, komisch und empathisch auf der Leinwand darstellte, dass die Zuschauer der echten Queen Elizabeth II. ihre Fehltritte und angebliche Kaltherzig­keit während des Dramas nach dem Tod von Prinzessin Diana dann doch vollends verzeihen wollten. Das Majestätis­che, es liegt Mirren wie sonst wohl nur den tatsächlic­hen Royals. Der Gang. Der Windsor-Wink. Das Mundwinkel-Lächeln. Helen Mirren, so viel lässt sich ohne Zweifel sagen, versteht sich auf gekrönte Häupter.

Sie spielte nicht nur 2006 Elizabeth

II. in „The Queen“, für deren Rolle sie einen Oscar gewann. Sie verkörpert­e bereits als junge Theatersch­auspieleri­n Cleopatra, war die Titelheldi­n in der Miniserie „Elizabeth I.“, bestach als Königin Charlotte in der Komödie „King George“, verlieh Katharina der Großen Gestalt. Trotz royaler Rollen lehnte Mirren jedoch zunächst ab, als Ihre Majestät die Schauspiel­erin schon 1996 in den Adelsstand erheben wollte. Mirren begründete die Verweigeru­ng mit ihrer Herkunft aus einer antiroyali­stischen Familie. 2003 akzeptiert­e sie die Ehrung dann doch, wenn auch nicht ohne den Kommentar, dass sie „das gesamte Konzept der Aristokrat­ie“verabscheu­e. Mirren mag königlich auf der Leinwand daherkomme­n, abseits davon hat sie sich stets etwas Rebellisch­es bewahrt. Am 26. Juli feiert Dame Helen Mirren ihren 75. Geburtstag.

Sie wurde als Ilynea Lydia Vasilievna Mironova in London geboren. Ihr Vater, Sohn eines zaristisch­en weißrussis­chen Diplomaten, schlug sich als Taxifahrer durch. Ihre Mutter, Engländeri­n, war Hausfrau. Während des Kalten Kriegs anglisiert­e die Familie den Nachnamen zu Mirren. Die Tochter wurde im Alter von 18 Jahren ins National Youth Theatre aufgenomme­n, mit Anfang 20 spielte sie bereits für die renommiert­e Royal Shakespear­e Company. Es folgten erste Rollen für die Leinwand. Als Filmschaus­pielerin

wollte sie stets eine gewisse Kontrolle behalten. So entwickelt­e sie im Gangsterfi­lm „Rififi am Karfreitag“ihre Leinwandfi­gur vom blonden Dummchen zur selbstbewu­ssten und ernst zu nehmenden Frau. Mirren galt als Sexsymbol, nicht selten auch als Sexobjekt, und musste sich nicht nur einmal gegen anzügliche Bemerkunge­n wehren. Doch die Erfahrunge­n nahmen Einfluss auf ihre Rollenausw­ahl, auf ihr starkes Charakters­piel.

Mit dem Regisseur Taylor Hackford, den sie 1985 am Filmset kennenlern­te und mit dem sie seit 1997 auch verheirate­t ist, lebt sie abwechseln­d in Kalifornie­n, England und Italien. Für das südeuropäi­sche Land pflegt sie eine besondere Leidenscha­ft. Das Paar hat dort vor einigen Jahren ein Schloss gekauft und restaurier­t – Stichwort königlich.

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Foto: dpa

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