Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Parteitag platzt wie Luftballon
Absage kommt für Trump einer „Kapitulation“gleich
Washington Es sollte ein einmaliges Ereignis werden. „Joe Biden bekommt nicht einmal zehn Leute in einen Raum“, prahlte Eric Trump, Sohn des US-Präsidenten, im Mai: „Mein Vater zieht 50000 in eine Halle. Aber sie werden alles tun, um das zu verhindern.“Zwei Monate später ist der Plan eines gigantischen Nominierungsparteitags mit jubelnden Fans, bunten Luftballons und einem strahlenden Star geplatzt. Doch schuld sind nicht etwa die Demokraten. Donald Trump selber hat in einer Kehrtwende in letzter Minute den Stecker gezogen.
„Der Zeitpunkt für die Veranstaltung ist nicht richtig“, erklärte der Präsident überraschend im Weißen Haus mit Verweis auf die Corona-Pandemie: „Das Land ist großartig in Form – außer im Westen und im Süden“, erklärte er vor einer Landkarte an dem Tag, an dem die offizielle Infiziertenzahl über vier Millionen kletterte. „Ich muss das amerikanische Volk beschützen“, begründet Trump die Absage.
Tatsächlich dürfte dies eher ein Akt des Selbstschutzes sein. Medien berichten seit Tagen, dass sich angesichts der Infektionsgefahr kaum Spender für das Großereignis finden lassen. Sechs Senatoren hatten ihre Teilnahme abgesagt. Der lokale Polizeichef erklärte, er könne für die Sicherheit nicht garantieren. Pläne, alle Delegierten, Ehrengäste und Journalisten am Eingang der Halle einem Covid-Test zu unterziehen, erwiesen sich als nicht praktikabel. Zuletzt ergab eine Umfrage der Quinnipiac-Universität, dass 62 Prozent der Wähler das Großereignis in Florida für gefährlich halten.
So kommt die Absage nach Meinung der einer „Kapitulation“für Trump gleich – in mehrfacher Hinsicht. Seit Wochen spielt der Präsident die Pandemie herunter und drängt auf schnelle Rückkehr zur Normalität. Weil der Gouverneur von North Carolina Maskenpflicht durchsetzen wollte, Trump aber auf einer vollen Halle bestand, waren Teile des Parteitags aus Charlotte nach Jacksonville verlegt worden. Und jetzt hat Corona just den Süden im Griff. Die Nominierung wird nun wohl in kleinem Rahmen in Charlotte stattfinden.
Die Demokraten hatten Konsequenzen längst gezogen: Sie verschoben ihren Parteitag in Milwaukee auf Mitte August und verkleinerten ihn von 50 000 über 5000 auf jetzt 300 Teilnehmer. Zwar wird Biden in einer Halle sprechen, die Delegierten sollen aber zu Hause bleiben. Das Treffen findet damit überwiegend virtuell statt.