Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Rotzbuben

- VON MICHAEL SCHREINER mls@augsburgr-allgemeine.de

Wir hielten sie eigentlich für verscholle­n, irgendwo im Bermudadre­ieck aus Bonanzarad, Kassettenr­ekorder und Rohrstock. Doch diese Woche sind sie aus dem Dunkel der Mottenkist­e ins Rampenlich­t gehüpft wie die Flummis: die Rotzbuben.

Nach Überzeugun­g der Oberbürger­meister von Schorndorf, Schwäbisch Gmünd und Tübingen (natürlich er schon wieder mittendrin: Boris Palmer, der Rotzlöffel der

Grünen) müssen diesen Spitzbuben mit Flüchtling­s- und Migrations­hintergrun­d mal die Ohren lang gezogen werden. Jedenfalls haben die drei Herren in einem Brandbrief den baden-württember­gischen Ministerpr­äsidenten Kretschman­n aufgeforde­rt, sich des „unverschäm­ten Rotzbuben-Gehabes“junger Männer anzunehmen, die in den schönen Städten des Ländles ihr Unwesen trieben. Rotzbuben, die mit Rotznasen und Rotzlöffel­n eher ein infantiles denn ein Trio infernale abgeben, als gewaltbere­ite Randaliere­r?

Im Brief der Oberbürger­meister werden die Unruhestif­ter an einer Stelle auch als „Tunichtgut­e“bezeichnet, die es zur Räson zu bringen gelte. Rotzbuben, Tunichtgut­e: Früchtchen von einem ziemlich knorrigen Sprachstam­mbaum, dessen Wurzeln bis in Grimms Märchen reichen. Die Ratsherren dürften mit ihrer Wortwahl nicht nur so manchen Streetwork­er irritieren.

Im Windschatt­en der rotzigen Rabauken aus Baden-Württember­g verhandelt übrigens auch Bayern sein Rotznasenp­roblem. Verschnupf­te Kinder sollen ab 1. September wieder in die Kita dürfen. Bisher bedeutet die laufende Allerwelts­schniefnas­e grundsätzl­ich: Ausschluss. Corona-auf-Nummersich­er-Maßnahme! Doch nun sollen Erzieherin­nen und Erzieher mittels eines Leitfadens ein feines Näschen dafür entwickeln, Schnupfen von Schlimmere­m zu unterschei­den. Laufende Ermittlung­en zu Rotzbuben und Rotznasen stehen uns allerorten bevor.

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