Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Rotzbuben
Wir hielten sie eigentlich für verschollen, irgendwo im Bermudadreieck aus Bonanzarad, Kassettenrekorder und Rohrstock. Doch diese Woche sind sie aus dem Dunkel der Mottenkiste ins Rampenlicht gehüpft wie die Flummis: die Rotzbuben.
Nach Überzeugung der Oberbürgermeister von Schorndorf, Schwäbisch Gmünd und Tübingen (natürlich er schon wieder mittendrin: Boris Palmer, der Rotzlöffel der
Grünen) müssen diesen Spitzbuben mit Flüchtlings- und Migrationshintergrund mal die Ohren lang gezogen werden. Jedenfalls haben die drei Herren in einem Brandbrief den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Kretschmann aufgefordert, sich des „unverschämten Rotzbuben-Gehabes“junger Männer anzunehmen, die in den schönen Städten des Ländles ihr Unwesen trieben. Rotzbuben, die mit Rotznasen und Rotzlöffeln eher ein infantiles denn ein Trio infernale abgeben, als gewaltbereite Randalierer?
Im Brief der Oberbürgermeister werden die Unruhestifter an einer Stelle auch als „Tunichtgute“bezeichnet, die es zur Räson zu bringen gelte. Rotzbuben, Tunichtgute: Früchtchen von einem ziemlich knorrigen Sprachstammbaum, dessen Wurzeln bis in Grimms Märchen reichen. Die Ratsherren dürften mit ihrer Wortwahl nicht nur so manchen Streetworker irritieren.
Im Windschatten der rotzigen Rabauken aus Baden-Württemberg verhandelt übrigens auch Bayern sein Rotznasenproblem. Verschnupfte Kinder sollen ab 1. September wieder in die Kita dürfen. Bisher bedeutet die laufende Allerweltsschniefnase grundsätzlich: Ausschluss. Corona-auf-Nummersicher-Maßnahme! Doch nun sollen Erzieherinnen und Erzieher mittels eines Leitfadens ein feines Näschen dafür entwickeln, Schnupfen von Schlimmerem zu unterscheiden. Laufende Ermittlungen zu Rotzbuben und Rotznasen stehen uns allerorten bevor.