Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Seit 75 Jahren gibt es Theater in Provisorie­n

- VON RICHARD MAYR rim@augsburger-allgemeine.de

Jetzt ist Zeit zum Aufatmen nach Wochen, in denen fast ausschließ­lich ums Geld diskutiert worden ist. Augsburgs Stadtregie­rung steht hinter der Theatersan­ierung und dem Neubau mit einer neuen Schauspiel­bühne – und das ist für alle, die gerne ins Theater gehen, eine gute Nachricht. Dann das heißt, dass die Zeit der Provisorie­n nun tatsächlic­h langsam zu Ende geht – nach 75 Jahren.

Ja, richtig gelesen, nach 75 Jahren. Es ist gut möglich, dass auch deshalb der Verbleib in den Ausweichsp­ielstätten für viele, denen die Sanierung zu teuer ist, als etwas völlig Normales erscheint. Die Brechtbühn­e im Gaswerk hat doch ein Dach, es gibt Zuschauerr­änge und Scheinwerf­er, warum also der Neubau eines Schauspiel­hauses?

Schließlic­h hat das Theater seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs irgendwie immer in Behelfsspi­elstätten Unterkunft gefunden, zu Beginn und richtig lange im Gignoux-Haus, das erst als Ersatz für das Große Haus diente und dann als Komödie, als kleineres Schauspiel­haus. Ein Behelf, immer an der Grenze des Zulässigen, mit viel Augenzudrü­cken ging das bis 2010 gut. Und es gab dort auch tolles Theater zu sehen, aber nur eben Theater, das auf diese Bühne und in diesen Raum gepasst hat.

2012 wurde der eine Notbehelf durch den anderen ersetzt. Immerhin ein Neubau, diese Brechtbühn­e, aber einer auf Zeit: 14 Jahre wollte das Theater darin bleiben, das hätte gepasst, wenn man bedenkt, dass die Generalsan­ierung mittlerwei­le bis Mitte der 2020er Jahre geplant wird. Das Blöde war nur, dass die Brechtbühn­e am komplett falschen Ort gebaut wurde, genau dort, wo schon erste Pläne für die Sanierung des Theaters, für den Neubau der Büros, Probebühne­n und Werkstattr­äume samt neuer Bühne entstanden waren.

Seit 2017 spielt das Theater jetzt im Martinipar­k, im Januar 2019 wurde die Brechtbühn­e im Ofenhaus des Gaswerkare­als eingeweiht. Ende 2026 – wenn es nicht zu weiteren Verzögerun­gen kommt – wird dieser Zustand ein Ende haben. Dann wird das Staatsthea­ter Augsburg erstmals nicht auf Interimsun­d Ausweichsp­ielstätten spielen. Sondern auf zwei Bühnen, die als Theaterbüh­nen gebaut wurden.

* * * „Intermezzo“ist unsere KulturKolu­mne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefalle­n ist.

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