Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Seit 75 Jahren gibt es Theater in Provisorien
Jetzt ist Zeit zum Aufatmen nach Wochen, in denen fast ausschließlich ums Geld diskutiert worden ist. Augsburgs Stadtregierung steht hinter der Theatersanierung und dem Neubau mit einer neuen Schauspielbühne – und das ist für alle, die gerne ins Theater gehen, eine gute Nachricht. Dann das heißt, dass die Zeit der Provisorien nun tatsächlich langsam zu Ende geht – nach 75 Jahren.
Ja, richtig gelesen, nach 75 Jahren. Es ist gut möglich, dass auch deshalb der Verbleib in den Ausweichspielstätten für viele, denen die Sanierung zu teuer ist, als etwas völlig Normales erscheint. Die Brechtbühne im Gaswerk hat doch ein Dach, es gibt Zuschauerränge und Scheinwerfer, warum also der Neubau eines Schauspielhauses?
Schließlich hat das Theater seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs irgendwie immer in Behelfsspielstätten Unterkunft gefunden, zu Beginn und richtig lange im Gignoux-Haus, das erst als Ersatz für das Große Haus diente und dann als Komödie, als kleineres Schauspielhaus. Ein Behelf, immer an der Grenze des Zulässigen, mit viel Augenzudrücken ging das bis 2010 gut. Und es gab dort auch tolles Theater zu sehen, aber nur eben Theater, das auf diese Bühne und in diesen Raum gepasst hat.
2012 wurde der eine Notbehelf durch den anderen ersetzt. Immerhin ein Neubau, diese Brechtbühne, aber einer auf Zeit: 14 Jahre wollte das Theater darin bleiben, das hätte gepasst, wenn man bedenkt, dass die Generalsanierung mittlerweile bis Mitte der 2020er Jahre geplant wird. Das Blöde war nur, dass die Brechtbühne am komplett falschen Ort gebaut wurde, genau dort, wo schon erste Pläne für die Sanierung des Theaters, für den Neubau der Büros, Probebühnen und Werkstatträume samt neuer Bühne entstanden waren.
Seit 2017 spielt das Theater jetzt im Martinipark, im Januar 2019 wurde die Brechtbühne im Ofenhaus des Gaswerkareals eingeweiht. Ende 2026 – wenn es nicht zu weiteren Verzögerungen kommt – wird dieser Zustand ein Ende haben. Dann wird das Staatstheater Augsburg erstmals nicht auf Interimsund Ausweichspielstätten spielen. Sondern auf zwei Bühnen, die als Theaterbühnen gebaut wurden.
* * * „Intermezzo“ist unsere KulturKolumne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefallen ist.