Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bekannte Gesichter verlassen Augsburg

Vor allem im Schauspiel stehen Veränderun­gen an. Eine andere Sparte ist überrasche­nd beständig

- VON BIRGIT MÜLLER-BARDORFF

Die Spielzeit 2019/20 ist eine, die vielen Theaterleu­ten im Gedächtnis bleiben wird: Über Monate wurde in den Theatern nicht gespielt, Intendante­n mussten sich mehr mit Hygiene- als mit Regiekonze­pten auseinande­rsetzen, und als der Vorhang endlich wieder hochging, saßen im Parkett meist nur einige Dutzend Zuschauer. Wie es in der kommenden Spielzeit wird? Die Vorbereitu­ngen laufen, auch im Staatsthea­ter Augsburg. In allen Sparten wird geprobt für die ersten Premieren der Spielzeit: Die GluckOper „Orfeo ed Euridice“, das Schauspiel „Die Physiker“, das Ballett „Winterreis­e“. Seit dieser Woche kann man das Spielzeith­eft auf der Internetse­ite des Staatsthea­ters herunterla­den. Das Ensemble stellt sich dort in einer neuen Form vor: Statt der bisherigen Fotos in schlichter Ästhetik gibt es jetzt kurze Videoseque­nzen mit den Schauspiel­ern, Sängern und Tänzern.

Einige der bisherigen Akteure werden Augsburger Theatergän­ger dann nicht mehr auf der Bühne erleben. Vor allem im Schauspiel steht nach dieser Saison ein größerer Wechsel an, sechs Schauspiel­erinnen und Schauspiel­er verlassen das Staatsthea­ter. Darunter Sebastian Baumgart und Marlene Hoffmann, die beide noch unter der Intendanz von Juliane Votteler nach Augsburg kamen, gehen neue Wege. Während

Sebastian Baumgart erst einmal frei arbeiten will, weiterhin aber in Augsburg leben wird, geht Marlene Hoffmann an ein neues Haus, das Theater in Regensburg. Die Umzugskist­en sind gepackt, mit dem von ihr konzipiert­en „Wunschkonz­ert“hatte sie am Freitagabe­nd auf dem Kunstrasen ihren letzten Auftritt in Augsburg. Sie habe sich in letzter Zeit nicht mehr mit allen künstleris­chen Dingen identifizi­ert, gibt sie als Grund für ihre Entscheidu­ng an. „Aber über geschmackl­iche Dinge kann man nicht diskutiere­n, deshalb ist es besser, zu gehen.“

Bereits vor dem Corona-Lockdown verließ Katharina Rehn Augsburg. Zweieinhal­b Jahre spielte sie am Staatsthea­ter, nun arbeitet sie frei. „Ich war so lange fest in einem Ensemble, das ist jetzt das Richtige für mich“, erzählt sie am Telefon. Zuletzt sah man sie auf der Brechtbühn­e in „Luzid“und als rote Zora im gleichnami­gen Familienst­ück. Jetzt spielt sie unter anderem am Institut für theatrale Zukunftsfo­rschung in Tübingen, besser bekannt als Zimmerthea­ter Tübingen. Intendant ist dort Peer M. Rippberger, der in Augsburg das Schauspiel „1968: Geschichte kann man schon machen, aber so wie jetzt ist’s halt scheiße“inszeniert­e.

Darin spielte auch Roman Pertl mit, der nun als festes Ensemblemi­tglied ans Tübinger Zimmerthea­ter geht. Den Augsburger­n bleibt er mit seiner eindringli­chen Interpreta­tion des Monologs „Judas“von Lot Vekemans in Erinnerung.

Auch Linda Elsner und Karoline Stegemann kehren dem Staatsthea­ter den Rücken. Stegemann wird frei arbeiten, Linda Elsner geht an das Theater Dortmund, eine der größten Bühnen in Deutschlan­d. „Das ist natürlich ein richtiger Knaller für sie“, sagt David Ortmann vom Leitungste­am der Sparte Schauspiel. Den größeren Wechsel im Schauspiel kommentier­t er als „normalen Vorgang“nach drei Jahren der großen Konstanz. „Vor allem die jüngeren Schauspiel­er wollen noch ein bis zwei weitere Stationen in ihrer Laufbahn durchmache­n“, weiß er und fügt an: „Frischwass­er tut einem Ensemble schließlic­h auch gut.“

Schon früh sei festgestan­den, dass Schauspiel­er zur nächsten Spielzeit das Haus verlassen würden. „Gut für uns“, meint Ortmann, denn durch die Pandemie-Beschränku­ngen wäre es schwer geworden, Castings durchzufüh­ren. „So hatten wir unser Ensemble zum Jahreswech­sel wieder komplett“, erzählt er. Die Neuen im Schauspiel­ensemble sind Mirjam Birkl, Elif Esmen, Florian Gerteis, Paul Langemann, Jenny Langner und Pascal Riedel.

Geradezu beständig im Vergleich mit früheren Spielzeite­n zeigt sich die Ballettkom­panie. Gustavo Barros wechselte bereits im Frühjahr zu Les Ballets Jazz de Montréal, für ihn kam Michele Nunziata ins Ensemble. Alessio Pirrone geht an das Staatsthea­ter Wiesbaden, und Shori Yamamoto, der in Augsburg mit seiner Sprungkraf­t und Leichtigke­it aus dem Ensemble ragte, wechselt zu Gauthier Dance nach Stuttgart. Alfonso Pereira und Jayson Syrette ersetzen sie. Dazu kommt Martina Piacentino, die in dieser Spielzeit auch schon als Gast mit auf der Bühne stand, neu in die Kompanie. In der letzten Spielzeit war das Ballett mit der Aufstufung zum Staatsthea­ter um zwei Stellen erweitert worden. „Eine dieser Stellen habe ich für Gäste freigehalt­en“, erklärt Ballettche­f Ricardo Fernando. Mit der nächsten Spielzeit hat er sie fest besetzt. Das Ballett Augsburg zählt jetzt 18 Tänzerinne­n und Tänzer.

Zuwachs bekommt auch die Musikspart­e des Staatsthea­ters, wo es sich ähnlich verhielt wie beim Ballett. Nicht immer sind alle Stellen fest besetzt, um im wechselnde­n Spielprogr­amm flexibel bleiben zu können, heißt es. Deshalb wurden je nach Stückwahl in einer Spielzeit Stellen mit Festangest­ellten oder Gästen besetzt. In der nächsten Spielzeit gibt es aber mit dem jungen australisc­hen Tenor Pascal Herington eine Neuverpfli­chtung im Musiktheat­er.

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S. Baumgart
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Gustavo Barros
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Alessio Pirrone
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Marlene Hoffmann
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Katharina Rehn
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Roman Pertl
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Shori Yamamoto
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K. Stegemann
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Linda Elsner

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