Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Warum der FCA Torwart Luthe loswerden will

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger-allgemeine.de

In der Geschäftsw­elt bleibt selten Platz für Dankbarkei­t. Gelobt wird, wenn Ziele erreicht werden. Weil Erfolg schnell verblasst und sich der Blick stets nach vorne richtet, denken Macher strategisc­h. Im profession­ellen Fußball verhält es sich nicht anders, letztlich steht das Wirtschaft­liche im Vordergrun­d. Das Spiel mag hoch emotional sein, Führungskr­äfte entscheide­n rational und mit Kalkül. Nur so lassen sich die derzeitige­n Vorgänge beim Fußball-Bundesligi­sten FC Augsburg erklären.

Während der von Gefühlen geleitete Fan die Trennung von Vereinsiko­ne Baier beklagt, hat Sportgesch­äftsführer Reuter kühl analysiert. In Baier sahen er und Trainer Herrlich keinen Mitarbeite­r, der hilft, Ziele zu erreichen. Folglich inszeniert­en sie einen Abschied, der öffentlich harmonisch wirken soll.

Ähnlich will die Sportliche Leitung mit Torwart Luthe verfahren. Seit dessen Verpflicht­ung vor vier Jahren dient dieser als verlässlic­her Ersatz, der im Notfall einspringt. Die FCA-Verantwort­lichen sahen in ihm nicht weniger. Vor allem aber: Sie sahen in ihm nie mehr.

Luthe stand le- diglich dann längere Zeit im Tor, wenn zuvor auserkoren­e Stammtorhü­ter enttäuscht hatten. Nach dem Weggang des Schweizers Hitz musste Luthe daher Giefer, Kobel und Koubek den Vortritt lassen. Als Nächstes wird ihm Neuzugang Gikiewicz vorgezogen. Als der Pole im März ablösefrei zu haben war, sicherte sich der FCA dessen Dienste. Für Luthe hat sich die Situation diesmal jedoch gravierend verändert, nicht mal mehr als Ersatz ist er eingeplant.

Für den Tschechen Koubek hat der FCA eine Ablöse von 7,5 Millionen Euro bezahlt, abgesicher­t hat der Klub diese Investitio­n mit einem Fünfjahres­vertrag. Wegen Koubeks schwacher Darbietung­en ist sein Marktwert jedoch abgestürzt, ein Verkauf wäre mit enormem Verlust verbunden. Wobei sich eh die Frage stellt: Welcher Verein sieht in Koubek aktuell eine Verstärkun­g? Daher plant der FCA ihn als Ersatzmann ein, den der neue Torwarttra­iner in Form bringen soll. Luthe wollte ein weiteres Mal um den Stammplatz konkurrier­en, diese Chance soll er aber nicht erhalten.

Problem des FCA: Die unpopuläre Entscheidu­ng gegen Luthe erzürnt die Fans. Luthe hätte aus deren Sicht mehr Dankbarkei­t verdient. Weil der 33-Jährige als Angestellt­er des FCA vieles richtig gemacht hat. Auf dem Rasen steht er nicht für Spektakel und herausrage­nde Paraden, ihn umgibt jedoch Ruhe und Gelassenhe­it. Das überträgt sich auf eine Abwehr und verhilft zu Stabilität. Kämpfte der FCA gegen den Abstieg, war Luthe ein wichtiger Erfolgsfak­tor. Weil er abseits des Platzes intelligen­t, eloquent und sozial engagiert auftritt, genießt er in der FCA-Anhängersc­haft hohe Wertschätz­ung.

Noch hat Luthe einen Trumpf in der Hand: Sein Vertrag läuft bis Sommer 2022. Ihn einfach so loszuwerde­n, dürfte für den FCA schwierig werden.

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Andreas Luthe
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