Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Winzige Punkte ergeben eine riesige Vergrößerung
Hier erfährst du mehr über ein für Wissenschaftler wichtiges Gerät: das Rasterelektronenmikroskop. Wie es funktioniert
Markus kennt diesen Witz: Fragt die Mutter das Fritzchen: „Warum hast du denn deinen Teddy ins Eisfach gelegt?“Antwortet Fritzchen: „Weil ich gerne einen Eisbären hätte!“
Der Forscher Torsten Heidenblut öffnet eine Klappe an der Seite des mannshohen Geräts. Unten ist ein Kasten und oben kommen allerlei Rohre und Kabel heraus. In die Klappe stellt er einen kleinen Teller mit einem Stück Eierschale. Und dann erscheint auf dem Bildschirm eine erstaunliche Vergrößerung: Die Eierschale sieht aus, als bestünde sie aus lauter Ästen! Es ist eine starke Vergrößerung aus einem Rasterelektronenmikroskop. So heißt das große Gerät. Im Labor von Torsten Heidenblut stehen gleich drei davon.
Eine Erhöhung wird als heller Punkt gespeichert
Um zu verstehen, wie sie funktionieren, hilft ein Vergleich: Stell dir vor, eine Fläche liegt voller Tennisbälle. Diese Fläche ist teilweise eben, sie hat kleine Hügel und auch Löcher. Würde man von außen einen Tennisball drauf werfen, würden die Bälle nach oben springen. Allerdings nicht gleichmäßig. Torsten Heidenblut erklärt: „Wenn die Tennisbälle in einem tiefen Loch liegen, kommen weniger heraus, als wenn sie auf einem ebenen Fußboden oder gar oben auf einem kleinen Podest liegen.“Springen also viele Bälle hoch, weiß man: An der Stelle ist eine Erhöhung.
Etwas Ähnliches passiert im Rasterelektronenmikroskop: Was vorher die Tennisbälle waren, sind hier winzige, sehr schnelle Teilchen. Sie heißen Elektronen. Die werden in großer Zahl als Strahl auf eine kleine Stelle der Eierschale geschossen. Auch die enthält Elektronen. Der Elektronenstrahl wandert über die Eierschale, daher kommt das „Rastern“im Namen
des Geräts. An jeder Stelle wird gemessen, wie viele Elektronen hochspringen: Sind es viele, befindet sich der Strahl auf einer Erhöhung, und ein heller Bildpunkt wird gespeichert. Sind es wenige, befindet er sich in einer Vertiefung und erzeugt einen dunklen Bildpunkt.
„Das ist so ähnlich, als wenn du auf deine flache Hand schaust und die Finger dabei geschlossen hast“, erklärt Herr Heidenblut. „Dort, wo die Finger aneinandergrenzen, ist es dunkler. Dort liegt die Oberfläche auch weiter unten.“Da aber die Elektronen so winzig sind, kann an ganz vielen kleinen Stellen gemessen werden. Nach und nach werden sie aus diesen Bildpunkten zu einem vergrößerten Bild zusammengesetzt.
Torsten Heidenblut hat noch ein Beispiel, wie stark solch ein Mikroskop vergrößert: „Hätten wir jetzt ein menschliches Haar in dem Gerät liegen, würde seine Vergrößerung bei weitem nicht mehr hier auf den Bildschirm passen. Es wäre 50 Meter dick.“50 Meter! Nur ein Haar würde also so viel messen wie drei Schulbusse hintereinander.
Beim Mikroskopieren bloß nicht sprechen
Wenn man mit einem Rasterelektronenmikroskop arbeitet, muss man noch mehr aufpassen. Da das Gerät wahnsinnig kleine Dinge darstellen soll, reicht schon die unscheinbarste Bewegung, um eine Messung zu stören. Der Forscher Torsten Heidenblut erklärt: „Für eine gute Messung sollten alle Fenster zu sein, die Klimaanlage ausgeschaltet, niemand läuft über den Flur. Und keiner spricht ein Wort.“Denn beim Sprechen atmen wir Luft aus. Das bedeutet, die Luft um uns herum kommt ein wenig in Bewegung. Selbst diese kleine Bewegung oder auch minimale Schwingungen des Bodens beim Gehen nimmt das Gerät wahr. Dies kann die Bilder, die das Gerät erzeugt, verschlechtern. Doch die Arbeit kann sogar von außerhalb des Gebäudes gestört werden: „Wenn auf der anderen Straßenseite eine Baustelle ist und dort ein Bagger fährt, dann wackelt hier mein Bild“, fügt Torsten Heidenblut hinzu.