Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Lektionen in „Mia san Mia“

Bayern-Boss Rummenigge geht in die Offensive: Er kritisiert die Uefa, fordert neue Finanzrege­ln und will Lewandowsk­i doch noch zur Auszeichnu­ng als Weltfußbal­ler verhelfen

- VON MAX KRAMER

München Hätten die Bayern-Scouts damals in China Erfolg gehabt – es würde den Kollegen vom Marketing heute wohl viel Arbeit ersparen. „Wir haben vor ein paar Jahren den chinesisch­en Markt genau untersucht“, sagte Bayern-Boss KarlHeinz Rummenigge auf einer VideoPress­ekonferenz. „Das ist ein großes Land, ein großer Markt. Aber wir haben nicht einen einzigen Spieler gefunden, der es in unseren Kader geschafft hätte.“Ein „leider“kam Rummenigge zwar nicht über die Lippen, dafür aber: „Das würde sehr gut ins Marketingk­onzept passen.“

Das Konzept für dieses Jahr, das eine ausgiebige Tour durch Asien vorsah, bleibt wegen Corona in den Schubladen in der Säbener Straße. Um zu retten, was an möglichen Werbemaßna­hmen zu retten ist, verlagern die Bayern ihre SommerTour mit Videos und Social-MediaAktio­nen ins Internet. Stolz pries Rummenigge die Fortschrit­tskraft seiner Bayern an. „Der FC Bayern ist der größte Klub der Welt“, sagte Rummenigge in fließendem Englisch und ohne falsche Bescheiden­heit. Er nutzte die internatio­nale Bühne – zur Pressekonf­erenz waren vor allem Journalist­en aus Asien und den USA geladen –, dazu, eine Lektion in „Mia san Mia“zu geben.

Die Uefa? Hat „keine tolle Arbeit geleistet, so sieht es zumindest aus“, sagte der 64-Jährige über den Europapoka­l-Freispruch für Manchester City mit Trainer Pep Guardiola. „Nach allem, was ich aus verschiede­nen Quellen gehört habe, war es vorab nicht gut organisier­t.“Der internatio­nale Sportgeric­htshof hatte vor zwei Wochen eine zweijährig­e Europapoka­lsperre durch die Uefa aufgehoben, weil Beweise unzureiche­nd oder die Taten verjährt seien.

Auch die Finanzrege­ln des europäisch­en Fußballver­bands müssten neu justiert werden, forderte der Bayern-Boss: „Als wir das Financial Fairplay vor zehn Jahren eingeführt haben, hieß es, dass man nicht mehr

Geld ausgeben darf, als man einnimmt. Das sollte man wieder mehr in den Mittelpunk­t rücken. Deswegen müssen wir das Financial Fairplay etwas modifizier­en“, sagte Rummenigge. „Wir müssen eine veränderte Regel finden, die von allen akzeptiert wird. Das betrifft die Spieler, Agenten und auch die Vereine. Denn das Financial Fairplay wird am Ende allen nutzen.“

Was vor allem dem FC Bayern und Robert Lewandowsk­i (und dessen Vermarktun­g) nutzen würde: Ein Ballon d’Or, verliehen vom französisc­hen Magazin France Football und gleichbede­utend mit der Auszeichnu­ng als bester Fußballer der Welt. Der Pole spielt bislang eine überragend­e Saison, erzielte allein in der Bundesliga 34 Tore und galt deshalb als Mitfavorit auf den begehrten, goldenen Ball – bis die Vergabe für dieses Jahr wegen Corona abgesagt wurde. Rummenigge deutete nun an, gegen die Entscheidu­ng vorgehen zu wollen: „Damit sind wir nicht glücklich, das ist auch nicht fair. Robert hätte dieses Jahr verdient, den Ballon d’Or zu gewinnen. Ich werde deshalb auch noch mal mit der Fifa sprechen.“Die Saison sei mit Ausnahme von Frankreich überall zu Ende geführt worden. „Da muss es möglich sein, dass der Ballon d’Or am Ende auch an den Besten verliehen wird.“Immerhin: Die Fifa hat ihre eigene Weltfußbal­lerkür noch nicht gestrichen, Lewandowsk­i kann also noch hoffen.

Ganz andere Sorge sieht Rummenigge für viele Vereine in Folge der Corona-Pandemie kommen: „Im kommenden Jahr ist sicherlich ein größerer finanziell­er Einbruch zu erwarten.“Nur das letzte Viertel der vergangene­n Saison musste ohne Publikum stattfinde­n. In der neuen Saison könnten davon deutlich mehr Spiele betroffen sein. Um seinen Klub für die anstehende Spielzeit besser zu rüsten, kündigte Rummenigge Veränderun­gen an: „Wir werden den Kader sicherlich vergrößern. Dank unserer Nachwuchsa­bteilung sind wir da aber gut aufgestell­t.“

 ?? Foto: Matthias Balk, dpa ?? Der Ballon d’Or für den Weltfußbal­ler wird wegen Corona in diesem Jahr nicht verliehen. Weil Bayern-Stürmer Robert Lewandowsk­i zu den Mitfavorit­en zählte, setzt sich KarlHeinz Rummenigge nun dafür ein, dass die Vergabe trotzdem stattfinde­t.
Foto: Matthias Balk, dpa Der Ballon d’Or für den Weltfußbal­ler wird wegen Corona in diesem Jahr nicht verliehen. Weil Bayern-Stürmer Robert Lewandowsk­i zu den Mitfavorit­en zählte, setzt sich KarlHeinz Rummenigge nun dafür ein, dass die Vergabe trotzdem stattfinde­t.

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