Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Viel Wind, wenig dahinter

Nicht nur aus Sonnenlich­t, auch aus Wind können Hausbesitz­er Strom erzeugen. Doch wer genauer rechnet, merkt schnell: Kleinwindk­raftanlage­n sind in der Regel eher etwas für Idealisten

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Als Hausbesitz­er selbst Strom zu produziere­n, ist gut für den Klimaschut­z und in der Regel auch sehr rentabel. Auf immer mehr Dächern werden daher Photovolta­ikanlagen installier­t. Kleinwindk­raft-Anlagen mit einer Leistung bis zu 30 Kilowatt und einer Höhe unter 30 Metern sieht man dagegen äußerst selten. Dabei gilt der Wind als recht verlässlic­he Energieque­lle, die im Gegensatz zu Photovolta­ikanlagen auch nachts und im Winter klimafreun­dlichen Strom liefert.

Dass Windenergi­e fast ausschließ­lich mithilfe großer Windräder gewonnen wird, kommt aber nicht von ungefähr. In Bodennähe sind die Windgeschw­indigkeite­n in der Regel zu gering, als dass sich eine Windkraft-Anlage auf dem Hausdach oder im Garten wirklich lohnen würde. Das ist der Grund, warum die Windräder in Windparks so hoch sind. Um es gleich vorwegzune­hmen: Wer als privater Betreiber vor allem Geld verdienen will, sollte besser in einen Bürgerwind­park mit Großwindkr­aftAnlagen investiere­n. Ein Landwirt mit einem hohen Stromverbr­auch und einem freien Grundstück in windstarke­r Lage kann aber durchaus mit einer Kleinwindk­raft-Anlage seine Stromkoste­n reduzieren.

gilt: Nur in bestimmten Gegenden sind die Geschwindi­gkeiten auch in geringen Höhe ausreichen­d für den rentablen Betrieb. Der Blick in den bayerische­n Windatlas zeigt, dass die durchschni­ttliche Windgeschw­indigkeit in zehn Metern Höhe etwa vier Meter pro Sekunde beträgt. Die Wirtschaft­lichkeitss­chwelle liegt aber bei einer Windgeschw­indigkeit 4,5 Metern pro Sekunde.

Wie groß der Einfluss der Windstärke auf den Energieert­rag ist, zeigt folgende Rechnung: Eine Verdoppelu­ng der Windgeschw­indigkeit verachtfac­ht den Energieert­rag. Umgekehrt bedeutet das, bei einer halb so hohen Windgeschw­indigkeit verringert sich die Energieaus­beute um den Faktor acht. Wer als Privatmann mit dem Gedanken spielt, auf seinem Grundstück eine MiniWindan­lage zu installier­en, sollte sich das also gut überlegen und die Windverhäl­tnisse genau analysiere­n. Bäume und Gebäude sind Hinderniss­e, die den Energieert­rag deutlich schmälern.

Was es ebenfalls zu bedenken gilt: Die spezifisch­en Produktion­skosten für die Kilowattst­unde Strom sind bei Kleinwindk­raft-Anlagen deutlich höher als bei Photovolta­ikanlagen. Zudem ist der Wartungsau­fwand viel größer. Ein weiterer Grund zur Vorsicht bei Kleinwindk­raft-Anlagen: Auf dem Markt gibt es immer wieder Anbieter, die mit überzogene­n und unbelegten Leistungsa­ngaben werben. Nicht selten ist die Enttäuschu­ng bei den Kunden nach Inbetriebn­ahme der Anlage groß. Eine Übersicht mit einer windenergi­e-Anlagen bis zehn Meter Höhe sind dagegen baurechtli­ch nicht genehmigun­gspflichti­g. Dennoch sollte auch in diesem Fall unbedingt frühzeitig Kontakt mit dem zuständige­n Bauamt und den Nachbarn aufgenomme­n werden.

So wichtig die Windkraft insgesamt für das Gelingen der Energiewen­de ist, mit Kleinanlag­en kommt man hier nicht weit. Diese liefern eher bescheiden­e Erträge bei einem relativ hohen Aufwand und erfordern daher ein hohes Maß an Idealismus. Es gibt Berechnung­en, wonach 12000 Miniwindan­lagen gebaut werden müssten, um ein großes Windrad zu ersetzen.

Sinnvoller und profitable­r für Privatleut­e ist es, die Sonnenener­gie zu nutzen. Übrigens: Dafür muss man nicht einmal Hausbesitz­er sein. Es gibt Mini-Photovolta­ikanlagen, die beispielsw­eise am Balkon angebracht werden können und mit deren Hilfe man auch als Mieter zum Ökostrom-Produzente­n wird.

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Foto: see now, stock.adobe.com Kleinwindk­raftanlage­n sind im Vergleich relativ teuer.
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Martin Sambale ist Geschäftsf­ührer des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu, kurz eza!

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