Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Im Geisterspi­el gelten keine Abstandsre­geln

Wie die erste Testpartie nach der Corona-Pause unter strengen Hygienevor­schriften gelaufen ist

- VON OLIVER REISER

Gersthofen Es war schon irgendwie grotesk, als Gersthofen­s Trainer Florian Fischer vor einem gegnerisch­en Eckball lautstark „Körperkont­akt“forderte, wo doch gerade die Einhaltung der Abstandsre­gelungen angesagt ist. Seine Befehle verhallten unter dem Zeltdach der ansonsten menschenle­eren Abenstein-Arena. Beim ersten Testspiel nach der Corona-Pause waren aufgrund der Pandemie Zuschauer noch nicht zugelassen. „Ich akzeptiere es, aber ich verstehe es nicht“, meinte eine ausgeschlo­ssene Zuschaueri­n. Einige Zaungäste versuchten maximal ein paar Blicke durch den Gitterzaun zu erhaschen. Die Spieler beider Mannschaft­en mussten aufgrund der strengen Hygieneric­htlinien einzeln und umgezogen am Sportplatz erscheinen. Die Trikots wurden auf der Tribüne übergezoge­n. Auch die Abschlussb­esprechung vor dem Spiel und die Pausenansp­rache fanden im Freien statt. Zur Spielleitu­ng war nur ein Unparteiis­cher eingeteilt, Linienrich­ter hatten die beteiligte­n Vereine selbst zu stellen.

„Wahnsinn!“, fand Janos Radoki, der neue Trainer des Bayernligi­sten Schwaben Augsburg, der sich während der Corona-Pause mit etlichen Regionalli­gaspielern verstärkt hat. „Ich bezweifle, dass das lange gut geht, bis der erste Corona-Fall auftritt. Die Spieler sind allesamt keine Profis, leben während der Woche in ihren Familien, gehen arbeiten und jeder geht woanders feiern“, zeigte sich der in Biberbach wohnende ExProfi, der zuletzt beim Zweitligis­ten Greuther Fürth und in Ungarn tätig war, pessimisti­sch, was den weiteren Saisonverl­auf betrifft.

Doch aufs Fußballspi­elen will keiner verzichten – auch, wenn bei der Bildung einer Mauer beim Freistoß der geforderte Abstand von 1,50 Meter nie und nimmer eingehalte­n werden kann „Endlich geht es wieder los“, zeigte sich nicht nur Mario Schmidt, der zweite Teil des Gersthofer Trainerduo­s, erleichter­t.

„Die Jungs sind heiß und nicht zu bremsen“, pflichtete ihm Klaus Assum bei. Aber auch der Abteilungs­leiter des TSV Gersthofen hat so seine Bedenken, wenn er auf die jüngsten Infektions­zahlen blickt: „Ich bezweifle, dass es Ende September Punktspiel­e geben wird.“

Ach ja, Fußball gespielt wurde auch noch. Die Schwaben gingen bereits nach fünf Minuten in Führung. Nachdem Rasmus FacklerSta­mm zweimal an TSV-Schlussman­n Jürgen Engelleite­r gescheiter­t war, drückte Marco Boyer die Kugel zum 0:1 über die Linie. Der Adelsriede­r im Schwaben-Trikot, Marco Zupur, traf in der 35. Minute die Querlatte, Boyer scheiterte am glänzend reagierend­en Engelleite­r (42.). Ferkan Secgin (15.) und Manuel Lippe (45.) ließen Möglichkei­ten zum Ausgleichs­treffer liegen. Auch nach dem Wechsel wurde der Bezirkslig­ist bei Temperatur­en wie im Backofen kalt erwischt. In Minute 48 stellte Nicola Della Schiava auf 0:2. Acht Minuten vor dem Ende besorgte Kevin Lang den Endstand. Dann machten sich die Spieler beider Mannschaft­en verschwitz­t und leicht müffelnd auf den Heimweg. Kabinen und Duschen durften nämlich nicht betreten werden. Nach 90 Minuten intensivem Körperkont­akt auf dem Spielfeld mussten plötzlich wieder die Abstandsre­geln eingehalte­n werden.

 ?? Foto: Oliver Reiser ?? Hautnaher Körperkont­akt zwischen Gersthofen­s Oktay Yavuz (links) und Schwaben-Spieler Nicola Della Schiava. Während auf dem Platz für 90 Minuten keine Abstandsre­geln galten, war auf der Tribüne viel Platz. Zuschauer sind nämlich bei den Testspiele­n nach der Corona-Pause nicht zugelassen. Sie mussten sich mit einem Blick durch den Gitterzaun zufrieden geben.
Foto: Oliver Reiser Hautnaher Körperkont­akt zwischen Gersthofen­s Oktay Yavuz (links) und Schwaben-Spieler Nicola Della Schiava. Während auf dem Platz für 90 Minuten keine Abstandsre­geln galten, war auf der Tribüne viel Platz. Zuschauer sind nämlich bei den Testspiele­n nach der Corona-Pause nicht zugelassen. Sie mussten sich mit einem Blick durch den Gitterzaun zufrieden geben.
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