Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bundesliga will Stadien im Herbst wieder öffnen

Vereine planen mit strengen Auflagen. Das letzte Wort aber haben die Behörden

- VON BERNHARD JUNGINGER UND MARCO SCHEINHOF

Frankfurt/Augsburg Keine Stehplätze, kein Alkohol, keine Gästefans: Unter strengen Auflagen will die Fußball-Bundesliga im Herbst wieder Besucher in die Stadien lassen. Die 36 Vereine der ersten und zweiten Liga haben sich dazu auf ein einheitlic­hes Vorgehen geeinigt, zu dem auch die vorübergeh­ende Einführung von personalis­ierten Tickets gehört, um im Falle einer Infektion alle möglichen Betroffene­n rasch identifizi­eren zu können.

„Priorität in Deutschlan­d haben nicht volle Stadien, sondern die gesundheit­liche Situation“, sagte der Geschäftsf­ührer der Deutschen Fußball Liga, Christian Seifert. Die endgültige Entscheidu­ng, ob tatsächlic­h schon zum Saisonstar­t am dritten September-Wochenende wieder Zuschauer zugelassen sind, obliegt allerdings den Behörden. Mit dem tadellos funktionie­renden Geisterspi­el-Konzept am Ende der abgelaufen­en Saison haben die Profis nach Seiferts Worten aber einen „Vertrauens­vorschuss“verdient.

Bei der Abstimmung zuvor hatte sich der FC Augsburg gegen das Alkoholund Stehplatzv­erbot ausgesproc­hen. Der Bundesligi­st hätte lieber eine individuel­le Entscheidu­ng an den jeweiligen Standorten in dieser Frage gesehen, betonte ein FCA-Sprecher. Allerdings hätten sich die Augsburger da einer knappen Mehrheit geschlagen geben müssen. Der Verein stehe nun im Austausch mit den Behörden, wie mit dem Beschluss der Liga umzugehen sei. Dazu solle „zeitnah“ein Konzept erarbeitet werden.

„Ich begrüße es, dass die Zuschauer schrittwei­se in die Stadien zurückkehr­en“, betonte der Sportexper­te der Union, der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Eberhard Gienger, gegenüber unserer Redaktion. „Der Fußball kann als Speerspitz­e für die Normalisie­rung auch in anderen Sportarten dienen“, sagte der ehemalige Weltmeiste­r am Reck. „Die Bundesliga hat einen gangbaren Weg zurück zu einer Art Normalität aufgezeigt, auch wenn die Fans Unannehmli­chkeiten und womöglich höhere Kosten in Kauf nehmen müssen.“Dass es in den Fußballsta­dien einstweile­n keinen Alkohol mehr gibt, sei eine gute Nachricht, so Gienger. „Das könnte einen Weg für die Zukunft darstellen, denn Alkohol spielt auch bei Ausschreit­ungen oder dem Missbrauch von Pyrotechni­k oft eine Rolle.“

Die FDP-Abgeordnet­e Britta Dassler betonte: „Auch mit Abstand, ohne Alkohol und ohne Gästefans im Stadion ist Fußball zu diesen Zeiten ein Erlebnis, denn besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen.“Die Bundesliga reiche den Fans mit ihrem Konzept die Hand, so Dassler. „Jetzt ist die Politik in der Verantwort­ung, die finale Entscheidu­ng zu treffen – für Fans, für Klubs, für den Sport und die schrittwei­se Rückkehr zur Normalität.“Bayerns Ministerpr­äsident

Eine Gegenstimm­e kam aus Augsburg

Markus Söder (CSU) hatte angesichts der steigenden Zahl an Neuinfekti­onen zuvor bezweifelt, dass es weitere Lockerunge­n geben könne. „Daher bin ich auch als Fußballfan sehr skeptisch zum Start der Bundesliga. Geisterspi­ele ja – aber Stadien mit 25 000 Zuschauern halte ich für sehr schwer vorstellba­r.“

Das Fan-Bündnis „Unsere Kurve“sieht die Maßnahmen zur möglichen Rückkehr der Fans in die Stadien skeptisch. „Vor dem Hintergrun­d der steigenden Infektions­zahlen muss man sowieso fragen, ob es überhaupt so weit kommt“, sagte Vorstandsm­itglied Jost Peter. Falls wieder Zuschauer in die Arenen gelassen werden würden, „würde es eher einem Theaterbes­uch ähneln. Mit Fankultur hat das nichts zu tun.“

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