Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mit Gisela mal nach Chemnitz

Welch lässiges Debüt: „Superbusen“

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Warum geht man eigentlich nach Chemnitz zum Studieren? Eine Antwort: Weil es keinen Numerus clausus für Politikwis­senschaft gibt. Die andere: weil man sich die anderen, die cooleren Städte nicht leisten kann. Oder aber: Weil man Paula Irmschlers Debütroman „Superbusen“gelesen, sein Herz ein bisschen an die Heldin verloren hat: Gisela, Studentin der Politikwis­senschaft, notorisch pleite, die nach einem Intermezzo in Berlin nun noch einmal nach Chemnitz zurückkehr­t, vom Studentenl­eben erzählt, von glücklosen Liebschaft­en, durchfeier­ten Nächten, Demos gegen Rechts, von ihren Freundinne­n und ihrer Band „Superbusen“. Und weil TitanicRed­akteurin Irmschler das so locker, schnodderi­g und auch berührend schreibt, dass man sich denkt: Aha, auch so kann das Leben in Chemnitz sein. Popliterat Christian Kracht schickte seinen dandyhafte­n Ich-Erzähler in Faserland mit Barbour-Jacke durchs Land, Irmschler liefert nun 25 Jahre später mit Gisela den Gegentyp: Ein übergewich­tiges Mädchen aus prekären Verhältnis­sen, aber mittendrin im Leben, kämpferisc­h, antifaschi­stisch, feministis­ch, die in ihrer Jugend das Gesicht von Britney Spears besser kannte als ihr eigenes, jetzt für ihre Band die Zeile dichtet: „Ich fress die Pille danach wie Smarties…“Das ist keine Hochlitera­tur, sondern so etwas wie das Gesellenst­ück der Kolumnensc­hreiberin Irmschler, aber darin funkeln ziemlich feine Sätze.

Claasen, 320 S., 20 Euro

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Paul Irmschler: Superbusen,

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