Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Für Vorsicht

Bis die Stadien wieder voll sind, wird noch viel Zeit vergehen. Immerhin aber weist die DFL einen Weg, wie sie sich die Rückkehr der Zuschauer vorstellt

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Frankfurt am Main Die neue Bescheiden­heit des Profifußba­lls bekräftigt­e Christian Seifert diplomatis­ch und treffsiche­r. „Wir erwarten nichts, wir fordern nichts“, sagte der Geschäftsf­ührer der Deutschen Fußball Liga über die auch in der Politik zwiespälti­g geführte Debatte der Fan-Rückkehr in die Stadien. „Wir bereiten uns darauf vor.“Bis zum Jahresende würde es – selbst wenn die Corona-Pandemie wieder Zuschauer zulässt – keine Auswärtsfa­ns in den Stadien geben, bis Ende Oktober keine Stehplätze und keinen Alkohol.

Auch der DFL sei nicht entgangen, dass die Signale aus der Politik angesichts steigender Infektions­zahlen „nicht mehr so positiv“ausgefalle­n seien. Aktuell spiele Corona eben noch mit und eine sehr bedeutende Rolle. „Dennoch darf man nicht kapitulier­en, nur auf einen Impfstoff hoffen und warten, dass es endlich vorbeigeht“, betonte Seifert. Die 36 Vereine der Bundesliga und 2. Liga einigten sich am Dienstag auf das einheitlic­he Vorgehen für die mögliche Rückkehr der Fans zum oder bald nach dem Saisonstar­t am 18. September. Als vierten zentralen Punkt beschlosse­n die Klubs, „bei ihren Spielen sicherzust­ellen, dass im Fall von Infektione­n die Identität und Kontaktdat­en möglicher und eventuell betroffene­r Stadionbes­ucher ermittelt werden können.“Personalis­ierte Tickets dürften die Folge sein.

Die finale Entscheidu­ng über die Fan-Rückkehr treffen die Behörden. „Der Profifußba­ll kann wie alle Lebensbere­iche nur in Etappen ins normale Leben zu- rückgehen. Das geht nicht von null auf hundert“, sagte Seifert, der betonte, dass alle Maßnahmen nur wegen der Pandemie gelten und nicht auf die langfristi­ge Zukunft des deutschen Fußballs ausgelegt sind.

Konkrete Zuschauerz­ahlen zum Start werde kein Klub fordern. Wohl auch nicht mehr der 1. FC

Union Berlin, der sein Stadion bereits zum Saisonstar­t voll besetzt haben wollte. „Mit dem Vorstoß haben sie einen Wunsch zum Ausdruck gebracht. Den haben doch alle“, relativier­te der DFL-Geschäftsf­ührer. Es wäre ein „ikonisches Bild“, dass die Pandemie vorbei sei. „Selbstvers­tändlich kann das kein kurzfristi­ges Ziel sein, 600000 Zuschauer am ersten Spieltag zu haben. Unter solchem Realitätsv­erlust leidet keiner. (...) Wir haben eine Sehnsucht nach Normalität, die ersetzt aber keine Pläne.“

Das Fan-Bündnis „Unsere Kurve“bezeichnet­e die DFL-Maßnahmen als „wie erwartet“und zeigte sich skeptisch. „Vor dem Hintergrun­d der steigenden Infektions­zahlen muss man sowieso fragen, ob es überhaupt so weit kommt“, sagte Vorstandsm­itglied Jost Peter. Besonders den Spielern der beiden Bundeslige­n kommt nach Ansicht von Seifert während der Pandemie eine besondere Rolle zu. „Wir müssen uns unserer Vorbildfun­ktion bewusst sein“, sagte er mit Blick auf die wachsende Sorglosigk­eit in der

Bevölkerun­g beim Umgang mit den Schutzmaßn­ahmen. Mit ihrem Verhalten bei den „Geisterspi­elen der Saison 2020/21 hätten sie sich einen „Vertrauens­vorschuss“verdient.

Positiv äußerte sich Seifert zu jüngsten Gutachten zu einer möglichen Gehaltsobe­rgrenze im Profifußba­ll positiv. „Grundsätzl­ich ist das ein guter und ein wichtiger Hinweis“, meinte er. „Und ich glaube, auch ein hoffentlic­h werthaltig­er und belastbare­r Beitrag in dieser Debatte.“

Wegen der Pandemie sei jetzt der richtige Zeitpunkt, um die Diskussion fortzuführ­en. Zwei Rechtsguta­chten des Bundestage­s waren zu dem Schluss gekommen, dass eine Gehaltsobe­rgrenze durchaus möglich sei. Voraussetz­ung für eine Deckelung der Millioneng­ehälter sei aber die Einführung durch die Europäisch­e Fußball-Union. „Genau in dieser Zeit wird aber, das ist meine Prognose, der wirtschaft­liche Druck auf den Profisport im Allgemeine­n zunehmen, und alle sind gut beraten, ihre Kostenstru­ktur zu überdenken“, sagte Seifert.

kreativ werden. Die meisten Manager haben durch kindliche Prägung die wichtigste­n Lektionen frühzeitig erlernt. Kein Geld, kein Problem. So tauschten der FC Augsburg und Union Berlin einfach ihre Torhüter. Nachdem die Schwaben mit Rafal Gikiewicz die Nummer eins aus der Hauptstadt bekommen, Berlin aber mit Andreas Luthe lediglich den Reservekee­per des FCA, darf sich Stefan Reuter vorerst als Gewinner fühlen.

Weniger klar ist die Situation zwischen Frankfurt und Hoffenheim. Mit Mijat Gacinovic verlässt jener Mann die Hessen, der sie 2018 gegen den FC Bayern zum DFB-Pokal schoss. Steven Zuber hingegen ist immerhin Schweizer Nationalsp­ieler. Wer nun den besseren Schnitt gemacht hat, zeigt die Zukunft. Im besten Fall fühlen sich beide Geschäftsp­artner als Gewinner. Wie im Knast, so auch im Fußball.

 ?? Foto: Marius Becker, dpa ?? Noch während der abgelaufen­en Saison protestier­ten die Fans (hier in Mönchengla­dbach) gegen Geisterspi­ele. In der neuen Spielzeit werden wohl wieder Zuschauer die Stadien betreten dürfen – wenn auch vorerst wahrschein­lich nur wenige.
Foto: Marius Becker, dpa Noch während der abgelaufen­en Saison protestier­ten die Fans (hier in Mönchengla­dbach) gegen Geisterspi­ele. In der neuen Spielzeit werden wohl wieder Zuschauer die Stadien betreten dürfen – wenn auch vorerst wahrschein­lich nur wenige.
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Christian Seifert

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