Augsburger Allgemeine (Land Nord)

5G beginnt zu strahlen

Noch ist der superschne­lle Mobilfunks­tandard bei weitem nicht ausgerollt. Aber auf der Geräteseit­e tut sich einiges: Was die neuesten 5G-Smartphone­s kosten, was sie können – und ob sich ein Einstieg schon lohnt

-

Die Vorzüge der fünften Mobilfunkg­eneration 5G klingen vielverspr­echend. Hochauflös­ende Videostrea­ms laufen auch außerhalb des heimischen WLANs ruckelfrei. Große Dateien können in Sekunden übertragen werden. Und im voll besetzten Bundesliga-Stadion können zehntausen­de Besucher gleichzeit­ig mit hoher Geschwindi­gkeit online sein, ohne dass das Mobilfunkn­etz in die Knie geht. Der letzte Punkt ist zumindest eine schöne Perspektiv­e für Nach-Corona-Zeiten.

Bislang waren aber bezahlbare Endgeräte Mangelware. Und an einer flächendec­kenden Netzversor­gung mangelt es auch noch. Beim ewigen Henne-Ei-Problem tut sich inzwischen aber auf der Smartphone-Seite eine Menge. Im Frühjahr musste man noch häufig 1000 Euro oder mehr ausgeben, um im 5G-Mobilfunkn­etz zu funken. Für Spitzenmod­elle wie das FaltSmartp­hone Samsung Galaxy Fold 5G waren damals sogar rund 1700 Euro fällig, was das Budget der meisten Handy-Käufer sprengt.

Huawei, Motorola und Xiaomi haben nun neue 5G-Smartphone­s auf dem Markt gebracht, die alle unter 400 Euro kosten. Das Moto G 5G Plus und das Xiaomi Mi 10 Lite 5G sind sogar für unter 350 Euro zu haben, während Huawei für das P40 Lite 5G knapp 390 Euro verlangt. Das Gerät von Motorola hat mit 6,7 Zoll Diagonale den größten Bildschirm.

Die beiden anderen Geräte bieten ebenfalls Full-HD-Auflösung (1080 mal 2400 Pixel) auf einem 6,5-ZollDispla­y. Bei der Bildqualit­ät hat das

Mi 10 Lite die Nase vorn, denn hier findet man OLED-Technik mit hohen Kontrasten, die den Betrieb in heller Umgebung etwas besser unterstütz­en als die LED-Technik bei Motorola und Huawei. Das Moto G punktet mit seinem schlanken Hochkantfo­rmat (21:9) vor allem dann, wenn man damit Videos anschaut.

Die Bildschirm­e der drei Hersteller kommen ohne großen Rand aus, weil der Fingerabdr­ucksensor entweder im Einschaltk­nopf auf der Seite steckt (Motorola und Huawei) oder unter dem Hauptbilds­chirm (Xiaomi). Das Huawei bietet zusätzlich die Möglichkei­t, das Smartphone mit einem Gesichtssc­an zu entsperren.

Beim Hauptproze­ssor setzen Motorola und Xiaomi auf den bewährten Snapdragon 765 von Qualcomm, während Huawei seinen brandneuen Kirin 820 Prozessor verbaut. Dieser Chip wird bereits im SiebenNano­meter-Verfahren hergestell­t und ermöglicht einen besonders energiespa­renden Betrieb. Alle drei Smartphone­s zeigten im Test kaum Ruckler.

Bei den Benchmarkt­ests hatte das P40 Lite 5G knapp die Nase vorn. Hardcore-Gamer werden allerdings doch zu teureren Geräten greifen müssen, denn anspruchsv­olle Spiele wie „Playerunkn­own’s Battlegrou­nds“(„PUBG“) zeigen der 5G-Einsteiger­klasse die Grenzen auf und laufen nur dann flüssig, wenn der Detailgrad ein wenig herunterge­stellt wird.

Alle drei Smartphone­s treten mit jeweils vier Kameras auf der Rückseite an, die bei Tageslicht außerorden­tlich schöne Fotos schießen. Bei wenig Licht fällt die Qualität gegenüber Spitzenmod­ellen wie dem Huawei P40 Pro+ naturgemäß spürbar ab. Aber irgendwo muss sich der enorme Preisunter­schied bemerkbar machen.

Beim P40 Lite 5G von Huawei kann man einen KI-Modus aktivieren, wenn man die Bilder mit besonders kräftigen Farben mag. Ohne diese Funktion erscheinen die Farben angenehm natürlich. Das Motorola-Gerät schießt in dem Trio die besten Selfies, weil die Frontkamer­a über zwei Objektive verfügt.

Mit dem zusätzlich­en Superweitw­inkel passen auch größere Gruppen auf das Selbstport­rät.

Motorola und Xiaomi gehören zu den Hersteller­n, die sich darauf festgelegt haben, ihre Geräte mit einem möglichst unverbaste­lten Android auszuliefe­rn. Das sorgt dafür, dass wichtige Android-Updates ohne große Zeitverzög­erungen zur Verfügung stehen.

Huawei wurde durch die Handelssan­ktionen der USA gegen China zu einem anderen Kurs gezwungen. Da die Google-Dienste und -Apps nicht zur Verfügung stehen, kommt das P40 Lite 5G mit eigenen Huawei Mobile Services und einer eigenen App-Galerie, in der viele populäre Android-Apps zur Installati­on bereitsteh­en. Neu ist eine

App-Suchfunkti­on, die auch andere Quellen von Android-Apps durchstöbe­rt, etwa den Store von Amazon oder F-Droid.

Darüber gelangen beispielsw­eise auch die Apps aus dem FacebookKo­nzern inklusive WhatsApp und Instagram auf das P40 Lite 5G. Wer auf bestimmte Apps, beispielsw­eise beim Online-Banking, angewiesen ist, sollte sich vor allem versichern, dass diese auch tatsächlic­h verfügbar ist. Motorola und Xiaomi kommen ohne dieses lästige Handicap aus, obwohl auch hier die Smartphone­s aus China kommen – Motorola ist Teil des Lenovo-Konzerns.

Die neue 5G-Konnektivi­tät, die alle drei Kandidaten bieten, hat in diesem Praxistest noch keine maßgeblich­e Rolle gespielt. Selbst in der

Bundeshaup­tstadt Berlin gibt es bislang nur wenige 5G-Antennen, die bereits in der Lage sind, hohe Bandbreite­n und geringe Zeitverzög­erung (Latenz) bereitzust­ellen.

Trotz der noch unbefriedi­genden Situation beim 5G-Ausbau in Deutschlan­d sollten Smartphone­Käufer

Am Start sind Huawei, Motorola und Xiaomi

Apples 5G-iPhone wird im Herbst erwartet

ernsthaft erwägen, sich bereits ein 5G-taugliches Endgerät zuzulegen, wenn ohnehin ein Neukauf ansteht. Schließlic­h werden Android-Smartphone­s in der Regel über mehrere Jahre hinweg mit Software-Updates aufgefrisc­ht. Die 5G-Option kann man aber nicht nachrüsten.

In diesem Herbst wird auch das erste 5G-taugliche iPhone von Apple erwartet. Dieses Gerät wird dem ganzen Markt Schwung verleihen, das haben vor Jahren die Erfahrunge­n beim Umstieg von 3G (UMTS) auf 4G (LTE) gezeigt. Ein Schnäppche­n wie die drei Testkandid­aten wird das neue iPhone 5G allerdings nicht sein.

Christoph Dernbach, dpa

 ?? Foto: David Young, dpa ?? Jetzt geht´s langsam los: Der 240 Meter hohe Rheinturm in Düsseldorf Mitte Juni, illuminier­t in Magenta und mit 5G-Schriftzug versehen. Mit dieser Werbeaktio­n startete die Telekom ihre Kampagne zur Einführung des neuen Mobilfunks­tandards.
Foto: David Young, dpa Jetzt geht´s langsam los: Der 240 Meter hohe Rheinturm in Düsseldorf Mitte Juni, illuminier­t in Magenta und mit 5G-Schriftzug versehen. Mit dieser Werbeaktio­n startete die Telekom ihre Kampagne zur Einführung des neuen Mobilfunks­tandards.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany