Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wozu ausgediente Handys noch gut sind
Millionen Smartphones liegen ungenutzt in Ecken und Schubladen. Dabei könnten viele von ihnen eine zweite Karriere starten
Verbraucher sind es gewohnt, regelmäßig ein neues Smartphone zu bekommen: „Die Mehrheit der privaten Smartphone-Nutzer gibt an, sich immer das neueste Smartphone-Modell zu kaufen“, berichtet Melissa Kühn, Expertin für Nachhaltigkeit beim Branchenverband Bitkom: „Jeder Zweite hat sein Smartphone innerhalb der vergangenen zwölf Monate gekauft. Drei von zehn Nutzern haben ein 13 bis 24 Monate altes Gerät.“
Und: Jeder fünfte Handynutzer bewahrt sein ausrangiertes Gerät laut Bitkom einfach auf. Oft sind diese alten Smartphones noch gut in Schuss, versauern aber irgendwo. Dabei verfügen sie über Fähigkeiten, die bei der Zweitnutzung wertvoll sind. Um diese hervorzukehren, sollte man das alte Telefon erst einmal von Ballast befreien: Fotos sichern, Kontakte, E-Mails, nicht benötigte Apps löschen.
Thorsten Neuhetzki von „Insidedigital.de“rät: „Am besten ist es, das Gerät auf Werkseinstellungen zurückzusetzen“. Nebeneffekt: „Das Smartphone ist wieder schneller, da ein voller Speicher wie eine Bremse wirken kann.“Dann Updates einspielen.
Eine erste Möglichkeit zur neuen Nutzung: Viele wissen gar nicht mehr, dass ihr Internetanschluss höchstwahrscheinlich auch Festnetztelefonie beinhaltet. Wer per Ortsvorwahl erreichbar sein oder günstig telefonieren möchte, aber nicht noch extra ein Festnetztelefon kaufen will, nutzt einfach das alte Smartphone. Viele Router-Hersteller bieten zu ihren Geräten eine App an, mit der ein Smartphone im heimischen WLAN zum Festnetztelefon wird.
Ebenfalls praktisch: Das Smartphone kann die Fernbedienung des Fernsehers, des Mediaplayers und vieler anderer Geräte ersetzen.
Und das nicht nur, wenn es einen Infrarot-Sender verbaut hat. Viele Gerätehersteller bieten Apps zum Steuern von TV & Co übers WLAN an. Ein großer Vorteil ergibt sich für Thorsten Neuhetzki beim Schreiben: „Muss man komplizierte Codes oder Passwörter eingeben, geht das einfacher übers Smartphone als über die Fernbedienung.“
Sind die Batterien leer oder ist die Fernbedienung kaputt, können App-Lösungen auch überzeugen. Zudem kann man ein ausrangiertes Smartphone komplett zur SmartHome-Steuerung für Licht, Heizung & Co abstellen.
Älteren Stereoanlagen dient jedes ältere Smartphone noch vortrefflich als Zuspieler von Musik aus Internet oder Heimnetzwerk – wenn nicht drahtlos, dann klassisch über ein Klinkensteckerkabel: „Die praktischste Art, Handy und Anlage zu verbinden“, findet Neuhetzki.
Stichwort Alarm und Überwachung: Smartphones stecken voller Technik, die eine zweite Karriere befördern können: Bewegungssensoren
etwa helfen, Erschütterungen anzuzeigen und Alarm zu schlagen. Und: Apps können Sensoren und die Kamera so nutzen, dass diese sich bei Bewegungen oder Geräuschen aktiviert, so Neuhetzki.
Auch als Babyphone lässt sich das alte Smartphone nutzen: Dazu stehen dutzende Apps bereit, die genau geprüft werden sollten. Denn wie bei den Überwachungskameras geht es um höchst sensible Bereiche. Obendrein muss das System sicher funktionieren. Grundsätzlich geht es so: Das alte Smartphone mit installierter App liegt in der Nähe des Kinderbetts. Von dort aus überträgt es mögliche Geräusche über WLAN oder Mobilfunk an ein anderes Mobiltelefon oder Tablet, auf dem die App ebenfalls installiert ist.
Sven-Hendrik Hahn, dpa