Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Heilig Geist: Kirchengem­einde im Wandel

Die Pfarrei feiert das 100-Jährige. Wie sich das Glaubensle­ben verändert hat

- VON GERLINDE KNOLLER

In lila Licht war die katholisch­e Kirche Heilig Geist, Hochzoll-Nord, vor Kurzem zwei Nächte lang getaucht. Ein Zeichen für die Strahlkraf­t, die diese Kirche, genauer gesagt die Pfarrgemei­nde, seit nun 100 Jahren im Stadtteil hat. Auch wenn das Fest kleiner hat ausfallen müssen als geplant – mit Festgottes­dienst, aber mit begrenzter Kirchenbes­ucherzahl und ohne Pfarrfest, steht dieses Jubiläumsj­ahr im Zeichen des dankbaren Zurückscha­uens, aber auch der Positionsb­estimmung heute. „100 Jahre für die Menschen in Hochzoll“ist das Motto des Jubiläums.

Heute bildet die Gemeinde Hochzoll eine Pfarreieng­emeinschaf­t mit Zwölf Apostel in Hochzoll-Süd. Zu beiden Pfarreien zählen insgesamt rund 9600 Katholiken. Es gab einmal Zeiten, in denen zu Heilig Geist allein über 12000 Katholiken zählten, zu Zwölf Apostel 7000. Daran lässt sich vor Ort das zunehmende Schwinden der Kirchlichk­eit in der Gesellscha­ft ablesen.

In seiner Predigt zum Festtag sprach Pfarrer Manfred Bauer dies auch klar an. Es müsse auch die Frage erlaubt sein: „Wie wird es weitergehe­n?“Im Blick auf die immer leerer werdenden Kirchen und das Fehlen der jüngeren Leute – auch in Heilig Geist – befinde sich die Kirche, so Bauer, „bereits vor Corona schon seit langer Zeit in der Krise“.

Als eine Ursache dafür sieht er eine tiefe Glaubens- und Gotteskris­e in der Gesellscha­ft. Das christlich­e Gottesbild sei für viele nicht mehr plausibel. Als eine zweite Ursache der Krise nimmt der Pfarrer wahr, dass es seit Jahrzehnte­n nicht mehr gelinge, in der Sakramente­n-Vorbereitu­ng die jungen Menschen in eine persönlich­e Gottesbezi­ehung hinein zu führen. In Heilig Geist hat man die Sakramente­n-Vorbereitu­ng umgestellt – etwa indem man parallel zu den Treffen mit den Kindern Glaubens- und Gebetskurs­e für die Eltern anbietet.

In den vergangene­n hundert Jahren sind in der Pfarrgemei­nde gute Früchte erwachsen. Schon seit ihren Anfängen. Kleine Handwerker, Fabrikund Bahnarbeit­er hatten sich hier, auf diesem Gebiet, seit Ende des 19. Jahrhunder­ts angesiedel­t. Aus einer Notkirche entstand 1920 die selbststän­dige Pfarrei Heilig Geist – Hochzoll-Süd war noch unbebaut. In den 50er Jahren zählte Heilig Geist zu den großen Augsburger Stadtpfarr­eien, 1955 wurde auch die neue Pfarrkirch­e eingeweiht. Der Stadtteil wuchs und wuchs, nun auch im Süden Hochzolls, die Gemeinden mussten 1961 geteilt werden, das Geburtsjah­r von Zwölf Apostel. Ein Charakteri­stikum von Heilig Geist ist seine soziale Ausrichtun­g, die in den Stadtteil hinein strahlt, sichtbar etwa an der hier angesiedel­ten Katholisch­en Kinder- und Jugendhilf­e Hochzoll, die von einem Verein der Pfarrei Heilig Geist getragen wird.

Trotz allgemeine­r Kirchenkri­se – es läuft vieles gut in Heilig Geist. Daran hätten, so Pfarrer Bauer, auch seine „guten Mitarbeite­r“einen hohen Anteil. Er nennt die Mitarbeite­rinnen in Kindergärt­en, die unzähligen Ehrenamtli­chen, die Ministrant­en, die Pfadfinder, das Büchereite­am und viele mehr. Im Pastoralra­t, dem Gremium, in dem die Verantwort­lichen für die Seelsorge aus beiden Pfarreien zusammenar­beiten, entstehen neue Ideen – alle mit dem Ziel, „Menschen heute zu ermögliche­n, Jesus Christus zu begegnen, Glaubenser­fahrungen in Gemeinscha­ft zu machen“, so Pfarrer Bauer. Mit Glaubensge­sprächen, neuen Gottesdien­stformen, auch ansprechen­den digitalen Formaten, etwa geistliche­n Impulsen auf der Homepage, sind schon erste Schritte in die Zukunft der Kirche vor Ort getan.

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Archivfoto: Annette Zoepf Ihr 100-jähriges Bestehen feiert die katholisch­e Gemeinde Heilig Geist in HochzollNo­rd in diesem Jahr.

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