Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Erstarrung und Explosion in Farben
In seiner Augsburger Galerie präsentiert Cyprian Brenner in der Schau „Terra Magica“Künstler, die sich auf unterschiedlichen Wegen zur Natur befinden
Auch in der zweiten Ausstellung der neu geführten Galerie Cyprian Brenner – Ecke Galerie wird ein Urstoff künstlerisch-bildnerischer Fantasie beschworen: Die Natur, das Land und die Welt, die den Menschen umgibt. Und die Wege dahin gehen durch unterschiedliche Klimazonen, in realem Sinn, aber auch quasi durch spannend ausgebreitete Klimazonen der einzelnen künstlerischen Temperamente. „Terra Magica“nennt Cyprian Brenner das Zusammenspiel der präsentierten Künstler.
Vor kurzem startete der Maler Bruno Kurz die Ecke-Ära von Galerist Brenner und öffnete mit seinen Bildern „Weite Himmel“. Er ist wieder vertreten in der neuen Schau auf eine „Magische Erde“. Um bei den Klimazonen zu bleiben: Kurz’ Bilder – Öl, Harz, Acryl auf metallischem Grund mit Raffinement gemalt – vertreten hier das kalte, eisige, das kristallin erstarrte Element; übereinandergeschichtet auf horizontalen Blöcken spielt er ein Spiel, in dem erlebte Stimmungen auf einen abstrahierten Kern hinauslaufen, mit eingewobenen Elementen konkreter Naturelemente. Es dominierten kühle, blau- und grauvariierte Farbtöne. Die Natur ruht.
Direkt benachbart im 1. Stock der Galerie bricht eine magische Gegenwelt völlig anderer Art aus. Harry Meyer, erfolgreiches Augsburger Kunst-Schwergewicht, derzeit auch im Diözesanmuseum zu erleben, entzündet seine Naturfantasien mit Farbexplosionen. Er zieht den Betrachter hinein in einen Schöpfungsvorgang, wenn die gewaltigen Farbströme die Tube verlassen. Fast reliefartig scheint das üppig modellierende Malmaterial die Zweidimensionalität zu überwinden, erzeugt subtile Schattenwirkungen und lässt in den Farbschlieren eigene MiniTopografien assoziieren. So kommt ein dynamischer Fluss in Bewegung, der die Themen der Bilderauswahl erzeugt: „Baum“und „Nacht“. Bäume lassen in ihrer teils bizarren Ausprägung durchaus ihre botanische Vielfalt erkennen, ihren Kampf und ihr „Standing“in der Natur mit unterschiedlichen Wetterlagen, doch immer sind sie auch Fantasiegestalten. Die Periode der „Nacht“-Bilder saugt sich mit HellDunkelund Kalt-Warm-Kontrastwirbeln ins Auge, sie lassen auch eine Art Blick von oben auf eine Urwaldlandschaft, durchschlängelt von Silberflüssen, zu. Kühler, ruhiger sind die Gebüschformen in den „Arboretum“-Bildern.
Wiederum ein anderes, ein in Technik und Temperament völlig konträres Naturerlebnis ist im oberen Bereich der Ecke geboten. Dort sind die Landschaften des Kölners Franz Baumgartner (*1962) zu sehen. Die großformatigen Ölbilder atmen die Ruhe von Nebelschwaden am Waldrand, von sensibel inszenierten Gegenlichtvisionen. Die Farbpalette ist fast auf SchwarzWeiß beschränkt, mit wunderbar aufscheinenden, kaum wahrnehmbaren Grün-Gelb-Verwehungen. Der auf den ersten Blick fotorealistische Gestus wird aber durch seine klug austarierte Präzision mit ihren fast geometrischen Formvisionen in ein suggestives träumerisches Licht gerückt und überhöht so poetisch die Naturbetrachtung.
Eine echte Entdeckung sind die märchenhaften Szenen von Werner Liebmann (*1951). In ihrer lebhaft pulsierenden Farb- und Formfantasie erinnern sie an Harry Meyer, doch die Figurationen entfernen sich noch weiter und drastischer von realer Natur. Und man kann im geheimnisvollen Wald- und Pilzboden („o.T.“) merkwürdige Geisterchen und Wesen ebenso herauslesen wie im „Seestück“tanzende Elfen – jeder wie er will.
Vom 1927 geborenen Emil Cimiotti, früher des Öfteren vertreten in der Biennale wie auch in der Documenta, ist die abstrakte BronzePlastik „Monte Circeo“ausgestellt, die mit ihrer tentakelbehafteten Kugelform fast an Corona erinnert. Unten im Ausgang der Galerie springen einen noch mal die köstlich-skurrilen bemalten Plastiken von Terence Carr an, mit ihren graziös verbogenen Laster-Motiven von Ess- bis Wollust.
OLaufzeit der Ausstellung „Terra Magica“bis 30. August. Die Öffnungszeiten in der Galerie Cyprian Brenner – Ecke Galerie sind von Dienstag bis Sonntag von 12 bis 18 Uhr.