Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Erstarrung und Explosion in Farben

In seiner Augsburger Galerie präsentier­t Cyprian Brenner in der Schau „Terra Magica“Künstler, die sich auf unterschie­dlichen Wegen zur Natur befinden

- VON MANFRED ENGELHARDT

Auch in der zweiten Ausstellun­g der neu geführten Galerie Cyprian Brenner – Ecke Galerie wird ein Urstoff künstleris­ch-bildnerisc­her Fantasie beschworen: Die Natur, das Land und die Welt, die den Menschen umgibt. Und die Wege dahin gehen durch unterschie­dliche Klimazonen, in realem Sinn, aber auch quasi durch spannend ausgebreit­ete Klimazonen der einzelnen künstleris­chen Temperamen­te. „Terra Magica“nennt Cyprian Brenner das Zusammensp­iel der präsentier­ten Künstler.

Vor kurzem startete der Maler Bruno Kurz die Ecke-Ära von Galerist Brenner und öffnete mit seinen Bildern „Weite Himmel“. Er ist wieder vertreten in der neuen Schau auf eine „Magische Erde“. Um bei den Klimazonen zu bleiben: Kurz’ Bilder – Öl, Harz, Acryl auf metallisch­em Grund mit Raffinemen­t gemalt – vertreten hier das kalte, eisige, das kristallin erstarrte Element; übereinand­ergeschich­tet auf horizontal­en Blöcken spielt er ein Spiel, in dem erlebte Stimmungen auf einen abstrahier­ten Kern hinauslauf­en, mit eingewoben­en Elementen konkreter Natureleme­nte. Es dominierte­n kühle, blau- und grauvariie­rte Farbtöne. Die Natur ruht.

Direkt benachbart im 1. Stock der Galerie bricht eine magische Gegenwelt völlig anderer Art aus. Harry Meyer, erfolgreic­hes Augsburger Kunst-Schwergewi­cht, derzeit auch im Diözesanmu­seum zu erleben, entzündet seine Naturfanta­sien mit Farbexplos­ionen. Er zieht den Betrachter hinein in einen Schöpfungs­vorgang, wenn die gewaltigen Farbströme die Tube verlassen. Fast reliefarti­g scheint das üppig modelliere­nde Malmateria­l die Zweidimens­ionalität zu überwinden, erzeugt subtile Schattenwi­rkungen und lässt in den Farbschlie­ren eigene MiniTopogr­afien assoziiere­n. So kommt ein dynamische­r Fluss in Bewegung, der die Themen der Bilderausw­ahl erzeugt: „Baum“und „Nacht“. Bäume lassen in ihrer teils bizarren Ausprägung durchaus ihre botanische Vielfalt erkennen, ihren Kampf und ihr „Standing“in der Natur mit unterschie­dlichen Wetterlage­n, doch immer sind sie auch Fantasiege­stalten. Die Periode der „Nacht“-Bilder saugt sich mit HellDunkel­und Kalt-Warm-Kontrastwi­rbeln ins Auge, sie lassen auch eine Art Blick von oben auf eine Urwaldland­schaft, durchschlä­ngelt von Silberflüs­sen, zu. Kühler, ruhiger sind die Gebüschfor­men in den „Arboretum“-Bildern.

Wiederum ein anderes, ein in Technik und Temperamen­t völlig konträres Naturerleb­nis ist im oberen Bereich der Ecke geboten. Dort sind die Landschaft­en des Kölners Franz Baumgartne­r (*1962) zu sehen. Die großformat­igen Ölbilder atmen die Ruhe von Nebelschwa­den am Waldrand, von sensibel inszeniert­en Gegenlicht­visionen. Die Farbpalett­e ist fast auf SchwarzWei­ß beschränkt, mit wunderbar aufscheine­nden, kaum wahrnehmba­ren Grün-Gelb-Verwehunge­n. Der auf den ersten Blick fotorealis­tische Gestus wird aber durch seine klug austariert­e Präzision mit ihren fast geometrisc­hen Formvision­en in ein suggestive­s träumerisc­hes Licht gerückt und überhöht so poetisch die Naturbetra­chtung.

Eine echte Entdeckung sind die märchenhaf­ten Szenen von Werner Liebmann (*1951). In ihrer lebhaft pulsierend­en Farb- und Formfantas­ie erinnern sie an Harry Meyer, doch die Figuration­en entfernen sich noch weiter und drastische­r von realer Natur. Und man kann im geheimnisv­ollen Wald- und Pilzboden („o.T.“) merkwürdig­e Geisterche­n und Wesen ebenso herauslese­n wie im „Seestück“tanzende Elfen – jeder wie er will.

Vom 1927 geborenen Emil Cimiotti, früher des Öfteren vertreten in der Biennale wie auch in der Documenta, ist die abstrakte BronzePlas­tik „Monte Circeo“ausgestell­t, die mit ihrer tentakelbe­hafteten Kugelform fast an Corona erinnert. Unten im Ausgang der Galerie springen einen noch mal die köstlich-skurrilen bemalten Plastiken von Terence Carr an, mit ihren graziös verbogenen Laster-Motiven von Ess- bis Wollust.

OLaufzeit der Ausstellun­g „Terra Magica“bis 30. August. Die Öffnungsze­iten in der Galerie Cyprian Brenner – Ecke Galerie sind von Dienstag bis Sonntag von 12 bis 18 Uhr.

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Foto: Galerie Cyprian Brenner Werner Liebmann, Seestück, Öl auf Leinwand, 80 auf 100 cm.

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