Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Jägerin

Ist sie eine der mächtigste­n Frauen Münchens? Mit großen Fällen kennt Hildegard Bäumler-Hösl sich jedenfalls aus. Nun führt sie die Ermittlung­en im Wirecard-Skandal

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Eist das spektakulä­rste Verfahren, das die Staatsanwa­ltschaft München I derzeit führt: der Fall Wirecard. Es geht um gewerbsmäß­igen Bandenbetr­ug, um das Täuschen von Kunden, Partnern und Kleinanleg­ern, das Aufblähen von Geschäftss­ummen. Nicht bei irgendeine­m Unternehme­n, sondern bei einem deutschen Dax-Konzern, beim vormaligen Vorzeige-Fintech. Verdächtig­e Top-Manager sind in Untersuchu­ngshaft. Unter ihnen der frühere Vorstandsv­orsitzende Markus Braun. Die Summen, die im Spiel sind: Milliarden. Meistgesuc­ht dabei: Jan Marsalek, der früher für das Tagesgesch­äft zuständige Vorstand bei Wirecard und rechte Hand von Ex-Chef Braun. Und in der Rolle der Jägerin? Gestatten, Hildegard Bäumler-Hösl.

Die Oberstaats­anwältin hat Erfahrung mit großen Fällen. Die 57-Jährige leitet die Hauptabtei­lung III der auf komplexe Wirtschaft­sverfahren ausgericht­eten Behörde, die wiederum aus insgesamt vier spezialisi­erten Unterabtei­lungen besteht. Insgesamt kümmern sich unter Bäumler-Hösls Führung 49 Staatsanwä­lte um Wirtschaft­sstrafsach­en wie Korruption, Schwarzarb­eit, Steuerstra­fsachen, Geldwäsche, Subvention­s-, Kapital- und Anlagebetr­ug.

Um es in der Staatsanwä­lten nicht selten eigenen Sachlichke­it zu sagen: Bäumler-Hösl kennt sich in ihrem Bereich sehr gut aus. Eine Boulevardz­eitung hat die verheirate­te Müncheneri­n auch schon mal als „eine der mächtigste­n

Frauen“der Stadt und „gefürchtet­ste Staatsanwä­ltin der Republik“bezeichnet. Die Liste ihrer mit großen Namen versehenen Verfahren ist jedenfalls lang: Sie war mit dem Schmiergel­d-Skandal bei Siemens befasst. Auch in Sachen schwarzer Kassen bei Airbus ermittelte sie. Ein Vorstand der BayernLB machte genauso ihre Bekanntsch­aft wie der frühere Formel-1-Boss Bernie Ecclestone.

Nicht alle der Herren wollten sie auch tatsächlic­h kennenlern­en. Was sicher nicht an der als „fürsorglic­h“und „streng“charakteri­sierten Ermittleri­n liegt. Nun haben Markus Braun und seine Ex-Kollegen mehr mit ihr zu tun, als ihnen lieb sein kann. Das ihr gleichfall­s zugeschrie­bene Attribut der „Hartnäckig­keit“lässt die Juristin auf Nachfrage hin sehr höflich und ganz freundlich: unkommenti­ert.

Studiert hat sie in Passau, bei der Staatsanwa­ltschaft begonnen 1992. Es folgten, in Bayern üblich, Wechsel ans Gericht und von da wieder zurück zur „Sta“. Zuletzt an die Spitze besagter Hauptabtei­lung III. Allein mit dem Wirecard-Verfahren sind sechs Staatsanwä­lte beschäftig­t. Tendenz steigend. Die besondere Herausford­erung bei Großverfah­ren wie diesen ist die Datenflut. Terrabytes an Daten, die sinnvoll herausgefi­ltert werden müssen. Im Moment, so heißt es, komme man noch „mit Bordmittel­n“gut zurecht. Sollte das nicht reichen, hat das Justizmini­sterium Unterstütz­ung signalisie­rt. Die nächste Jagd hat gerade erst begonnen. Stefan Küpper

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Foto: Sigi Jantz

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